Während der US-Markt sich auf die nächste Tech-Rally vorbereitet, wird der deutsche Aktienmarkt eiskalt durchgerüttelt: Jefferies greift durch – gleich zwei deutsche Midcaps bekommen die Rote Karte. Die aktuelle Attacke trifft Brenntag und Symrise – und zwar mit chirurgischer Präzision. Beide Unternehmen, einst Lieblinge langfristig orientierter Investoren, sehen sich plötzlich mit harten Fragen konfrontiert. Über Strategie. Über Führung. Und über ihre operative Schlagkraft im Jahr 2025.
Brenntag – Strategielos im Umbruch
Für den Chemikalienhändler Brenntag wird es ungemütlich. Jefferies stuft die Aktie von "Hold" auf "Underperform" ab und senkt das Kursziel deutlich von 63 auf 53 Euro. Analyst Chris Counihan spart in seiner Bewertung nicht mit Kritik:
Managementwechsel auf Vorstandsebene
fehlende operative Impulse
unklare strategische Neuausrichtung
All das mache Brenntag anfällig für Verzögerungen und Ineffizienz. Die Unsicherheit über neue Weichenstellungen könnte sich bis Ende 2025 ziehen – zu lange für einen Markt, der schnelle Antworten fordert.
Hinzu kommen operative Schwächen: Eine rückläufige Nachfrage, insbesondere in Europa, sinkende Absatzmengen, und ein stagnierender Rohertrag. Zwar konnten durch M&A-Aktivitäten im Bereich „Essentials“ punktuelle Volumensteigerungen erzielt werden, doch organisch bleibt die Entwicklung schwach. Selbst mwb research, die ihre Kaufempfehlung aufrechterhalten, sehen das Kursziel nur noch bei 75 Euro – ein deutliches Warnsignal.
Symrise – Die Duftwolke verfliegt
Auch der DAX-Konzern Symrise gerät unter Druck. Jefferies stuft den Aromen- und Duftstoffhersteller ebenfalls von „Hold“ auf „Underperform“ herunter, mit einem Kursziel von nur noch 90 Euro (zuvor: 100 Euro).
Analyst Charlie Bentley warnt vor nachhaltigen Wachstumsproblemen, besonders in der zweiten Jahreshälfte. Zwar profitiert Symrise noch von einer gewissen Breite im Kundenspektrum, doch die konjunkturelle Realität spricht eine andere Sprache:
Der Handel setzt zunehmend auf Lagerabbau.
Die Konsumgüternachfrage bleibt schwach.
Im Heimtiersegment – einst Wachstumstreiber – beginnen sich Trends umzukehren.
Zwar wurde in Großbritannien jüngst das Kartellverfahren eingestellt, doch in der EU und den USA laufen die Untersuchungen weiter. Für ein Unternehmen, das von Vertrauen lebt, ist das ein Klotz am Bein. Auch wenn die DZ Bank mit einem Kursziel von 123 Euro dagegenhält, der Markt scheint sich zunehmend von der Symrise-Wachstumsstory zu lösen.
Beiersdorf – Der stille Gewinner
Ganz anders das Bild bei Beiersdorf. Die US-Bank JPMorgan bestätigt das Votum „Overweight“ mit einem Kursziel von 160 Euro. Und das aus gutem Grund: Während andere Konzerne mit rückläufigen Margen und schwacher Planung kämpfen, liefert Beiersdorf – fundamental und strategisch.
Wachstum mit Struktur: Die Polen-Offensive
Die Hamburger haben jüngst eine Investition von 300 Millionen Euro in ihre Produktionsstätte in Poznań (Polen) abgeschlossen. Ergebnis:
Verdopplung der Fertigungskapazität auf 500 Mio. Einheiten jährlich
6 neue Produktionslinien
200 neue Arbeitsplätze
Versorgung von über 100 Märkten weltweit
Und: Klimaneutralität – bereits erreicht!
Das Werk ist ein zentraler Baustein der globalen Skalierungsstrategie, unterstützt durch klimaneutrale Produktion und beschleunigte Markteinführungszyklen. Nachhaltigkeit trifft hier auf Effizienz – ein seltenes Zusammenspiel in der Old Economy.
Mitophagie & Hautforschung: Beiersdorf wird Biotech-Investor
Zudem sorgt Beiersdorf mit einer strategischen Partnerschaft mit Vincere Biosciences für Aufsehen: Gemeinsam wollen beide Unternehmen an Anti-Aging-Lösungen auf Basis von Mitophagie arbeiten – einem zellbiologischen Prozess zur Regeneration geschädigter Mitochondrien.
Das ist mehr als PR: Es ist der Brückenschlag zwischen Kosmetik und Hightech-Medizin. Vincere kommt aus der Neurodegenerationsforschung, Beiersdorf bringt das Know-how im Coenzym Q10 – Ergebnis: eine neue Generation wissenschaftlich fundierter Hautpflegeprodukte.
Beiersdorf positioniert sich so als einer der wenigen Player, der das Thema „Active Beauty meets Deep Science“ glaubwürdig verkörpern kann. In einem Markt, der nach Innovation lechzt, ist das ein Gamechanger.
Drei Aktien, drei Wege – Anleger brauchen Klarheit, nicht Hoffnung
Jefferies hat mit seinen Abstufungen ein deutliches Signal gesendet: Brenntag und Symrise stehen vor operativen und strukturellen Herausforderungen, deren Lösung nicht kurzfristig zu erwarten ist. Anleger, die auf Turnaround hoffen, brauchen Geduld – und Nerven.
Beiersdorf dagegen ist kein Turnaround – es ist ein Durchstarter. Skalierbare Produktion, ESG-Fortschritt, wissenschaftliche Tiefe, internationale Expansion: Wer Qualität sucht, findet sie hier.
Klartext, bitte:
In Frankfurt, Düsseldorf und München dürften viele Investoren die Jefferies-Studien mit hochgezogenen Augenbrauen gelesen haben – und nicht wenige mit rotem Stift im Depot reagiert haben. Denn eins ist klar:
Wenn gleich zwei deutsche Mittelstandswerte in einem Rutsch als unterdurchschnittlich eingestuft werden, ist das kein Zufall. Es ist ein Urteil.
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