Geht es nach dem Management von Hypoport, hat das Wachstum des Unternehmens wenig mit dem boomenden Häusermarkt zu tun. Dabei steigert der SDAX-Konzern seinen Umsatz mit der Vermittlung von Immobilienfinanzierungen seit Jahren stark zweistellig. Über das Vergleichsportal Check24 gesuchte Darlehen etwa werden über die Europace- Plattform von Hypoport gefunden. Auch immer mehr Sparkassen und Genossenschaftsbanken nutzen den Dienst, um anbieterunabhängig die besten Offerten von über 500 angeschlossenen Finanzinstituten zu finden und abzuschließen. Dazu haben die Berliner die Bewertungsregeln für die Kreditwürdigkeit der Hauskäufer in ihre Plattform integriert. So kann direkt nach dem Klick auf die gewünschte Finanzierung der Vertrag zur Unterschrift versandt werden. Ein Service, für den Hypoport zehn Basispunkte des Kreditvolumens als Lohn erhält.

Die Elefanten stampfen weiter



Doch während die Immobilienpreise kontinuierlich steigen und die Zinsen kaum mehr tiefer fallen können, zieht das Finanzierungsvolumen nur wenig an. Die steigende Summe vermittelter Immobilienkredite von Hypoport geht daher nicht auf das schwache Marktwachstum zurück, sondern auf eine immer stärkere Nutzung der eigenen Plattform durch Banken und Finanzdienstleister. Von 385 Sparkassen sind 227 Vertragspartner, während bei den Genossenschaftsbanken erst 279 von 915 Häusern mit Europace arbeiten. Und während fast alle privaten Banken über die Plattform gut ein Drittel ihrer Kreditvergaben abwickeln, sind es bei den gemeinnützigen Instituten erst zwei bis vier Prozent. Immerhin aber hat Hypoport fast alle der jeweils 50 größten Sparkassen und Genossenschaftsbanken gewonnen.

Weil damit die Leitbullen überzeugt sind, gehen Firmenkenner davon aus, dass nun auch der Rest der Elefantenherde nachzieht. Das könnte eine Menge Staub aufwirbeln. Denn von den 230 Milliarden Euro an Hauskrediten im vergangenen Jahr wurden erst 15 Prozent über Hypoport vermittelt. Rentierlich ist der einsetzende Herdentrieb dabei bereits. In den ersten neun Monaten 2018 stieg der Umsatz aus dem Vermittlungsgeschäft um 31 Prozent auf 81,5 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) verbesserte sich im Vorjahresvergleich um ein Drittel auf 18,8 Millionen Euro. Hypoport arbeitet nicht nur mit Geschäftskunden. Unter der Marke Dr. Klein wird auch Privatkunden Finanzberatung angeboten. Mit zuletzt 65,7 Millionen Euro Umsatz steuert das Segment ähnlich viel zum Gruppenumsatz bei und wächst mit einem Plus von 18 Prozent zwar langsamer, aber ebenfalls zweistellig.

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Angriff auf neue Milliarden



Doch Hypoport-Chef und Gründer Roland Slabke will im Immobiliengeschäft nicht nur an der Kreditvergabe verdienen. Mittels kleiner Zukäufe will er in Zukunft auch die Bewertung und Bewirtschaftung von Immobilien vereinfachen und damit Makler und Verwalter als neue Kunden gewinnen. "Bisher wissen wir, wenn ein Kunde ein Darlehen braucht. In Zukunft werden wir wissen, wann eine Immobilie auf den Markt kommt, die eine Finanzierung braucht", skizziert Hypoport-Prokurist Christian Würdemann das Potenzial der Idee. So sollen Anbieter, Käufer und der passende Finanzierungspartner noch effizienter zusammengeführt werden. Noch aber steht dieses Vorhaben erst am Anfang.

Weiter ist Hypoport hingegen bei seinem Angriff auf einen anderen Milliardenmarkt. Ähnlich dem Vorbild bei der privaten Baufinanzierung wollen die Berliner auch die Versicherungsbranche digitalisieren. Aus diesem Grund hat man in den vergangenen beiden Jahren acht darauf spezialisierte Softwareanbieter gekauft und aus ihren Teillösungen ein integriertes Komplettangebot geschaffen. Mit der Plattform Smart Insurtech bietet Hypoport Versicherungsmaklern nun eine Cloud-Software zum Vergleichen, Beraten und Verwalten ihrer Kunden und deren Policen.

Dabei liegt allein das Volumen für die Versicherungsvermittlung laut Verbandsangaben bei 200 Milliarden Euro pro Jahr. Anders als bei Europace geht es bei den Versicherungen weniger darum, einen Vertragsabschluss zu erleichtern. "Über Jahre mussten sich Versicherungsmakler nur auf eins konzentrieren: den Vertrieb. Heute aber steigt angesichts zunehmender Auflagen der Aufwand, während die Abschlussprovisionen stark sinken. Damit wird es erstmals nötig, sich ernsthaft mit der eigenen Verwaltung auseinanderzusetzen", beschreibt Vorstand Stephan Gawarecki die Situation.

Hypoport will den Maklern mit seiner Plattform daher besonders beim Sparen helfen und ist überzeugt, deren Verwaltungsausgaben dank automatisierter Prozesse um bis zu 50 Prozent reduzieren zu können. Statt an Abschlussgebühren mitzuverdienen, wollen die Berliner sich ihre Leistungen im Versicherungsbereich daher über einen Teil der Bestandsprovisionen vergüten lassen. Diese fließen von der Versicherungsgesellschaft an den Makler, solange eine Police läuft, um ihn für seinen Verwaltungsaufwand zu entschädigen. Es sind also verlässlich wiederkehrende Einnahmen. Eine Softwareplattform, über die diese Aufgaben automatisiert abgewickelt werden, bietet damit beste Skalierungsmöglichkeiten. Branchenkenner schreiben dem Geschäftsmodell deshalb Ebit-Margen von 30 bis 50 Prozent zu.

Noch aber ist das Segment im Vergleich zur Baufinanzierung klein. Von Januar bis September 2018 lag der Umsatz bei 22 Millionen Euro, während das Ebit erstmals im dritten Quartal die schwarzen Zahlen erreichte. Aber Hypoport hat Größeres vor und will den Umsatz bis 2025 auf rund 150 Millionen Euro steigern. Zum Vergleich: 2018 sind Einnahmen von 240 bis 260 Millionen und ein Ebit von bis zu 34 Millionen Euro geplant. Raum für künftiges Wachstum scheint damit reichlich vorhanden.