Die große Reform der DAX-Familie, die die Deutsche Börse im vergangenen Herbst eingeleitet hat, schreitet voran. Zur nächsten Indexüberprüfung am 3. März werden weitere Regeländerungen umgesetzt. Insbesondere sollen dann strengere Qualitätskriterien gelten. Zum Beispiel muss ein DAX-Kandidat künftig für die beiden zurückliegenden Jahre ein positives Ergebnis (Ebitda) vorweisen. Ein Kern der Reform, die Erweiterung des DAX von 30 auf 40 Mitglieder, wird allerdings erst im September kommen.

Mit Krise rein, mit Krise raus

Dennoch könnte bereits am 3. März ein signifikanter Wechsel verkündet werden, der ab 22. März gültig würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Kosmetikkonzern Beiersdorf danach nicht mehr dem Leitindex angehören. Das Hamburger Traditionsunternehmen mit den Marken Nivea, Hansaplast und Tesa kämpfte im vergangenen Jahr mit Umsatz- und Gewinnrückgang. Erst Mitte Februar musste Beiersdorf zudem seine mittelfristigen Geschäftsziele wegen der Corona-Krise kappen, die Aktie brach weiter ein. Mittlerweile notiert sie auf dem Niveau des Tiefpunkts der Corona-Krise im März 2020.

Dabei war Beiersdorf einst im Finanzkrisenjahr 2008 zusammen mit Salzgitter in den DAX aufgestiegen. Die beiden Unternehmen verdrängten den Autozulieferer Conti und den bereits trudelnden Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate aus dem Börsen-Oberhaus.

Diesmal müsste Beiersdorf dem Kochboxversender Hellofresh weichen, der als wahrscheinlicher Aufsteiger gilt. Das zumindest erwartet Indexexperte Luca Thorißen vom Finanzdienstleister Stifel (früher Mainfirst). "Hellofresh steigt auf, Beiersdorf steigt ab - das ist Stand heute unser wahrscheinlichstes Szenario", sagte Thorißen zu €uro am Sonntag. Damit würde nicht zuletzt ein deutscher Traditionskonzern - das Unternehmen wurde im März 1882 vom Apotheker Paul Carl Beiersdorf gegründet - durch ein Start-up verdrängt. Hellofresh wurde 2011 gegründet und ist erst seit 2017 börsennotiert. Der Kochboxversender zählt zu den großen Profiteuren der Corona-Krise. Die Aktie hat binnen eines Jahres um mehr als 200 Prozent zugelegt.

Maßgeblich für Auf- und Abstieg sind nach den derzeit noch geltenden alten Regeln die Marktkapitalisierung des Streubesitzes und der Börsenumsatz. Im Zuge der DAX-Reform wird im Herbst auch das Umsatzkriterium abgeschafft und durch eine Mindestliquiditätsanforderung ersetzt.

Thorißen zufolge erfüllt Hellofresh derzeit gemessen an Marktkapitalisierung und Umsatz die Aufstiegsvoraussetzungen mühelos, Beiersdorf wäre klarer Abstiegskandidat. Doch einen Haken gibt es: Das eingangs erwähnte Profitabilitätskriterium. "Beinahe das Einzige, das Hellofresh noch hindern könnte, in den DAX aufzusteigen, ist die neue Ebitda- Regel", erläutert Thorißen. "Hellofresh bringt am 2. März den Geschäftsbericht. Per Ende Februar müssen sie aber für zwei Jahre ein positives Ergebnis vorweisen. Inwiefern sie das noch vorziehen können beziehungsweise die Börse das anerkennt, ist noch nicht klar."

Gelingt das nicht, bleibt Hellofresh im MDAX - und Beiersdorf wohl im DAX. Doch auch im Fall eines Abstiegs wäre für Beiersdorf das Kapitel DAX nicht beendet. Denn mit der Indexerweiterung im Herbst wäre der Hamburger Konzern mit großer Wahrscheinlichkeit wieder im Leitindex vertreten, glaubt Indexexperte Thorißen.

Porsche als DAX-Kandidat

Derweilen könnte es nächste Woche auch im MDAX Veränderungen geben. In den Nebenwerte-Index könnten neben Absteiger Beiersdorf die Porsche Holding, die Solarparkfirma Encavis und der Windkraftanlagenbauer Nordex einziehen. Neben Hellofresh würden Aareal Bank, Metro und Osram den Index verlassen. Die bislang in keinem Index vertretene Porsche Holding wiederum hätte gute Chancen, im Herbst in den DAX aufzusteigen.