Dem Wasserstoff gehört die Zukunft. Das ist die Botschaft der Bundesregierung nach der Konferenz am 5. November in Berlin. Die Ziele sind ambitioniert: 60 000 Wasserstoffautos sollen bis 2022 ans Netz gehen. Noch steht die Technologie, mit der sich umweltfreundlicher Wasserstoff gewinnen lässt, im Schatten der Elektromobilität. Ein Vorteil ist die kürzere Ladedauer. Mit etwa fünf Minuten ist sie ebenso kurz wie beim Auftanken mit Benzin. Und weil die Autos mit Brennstoffzellen den Kraftstoff an Bord haben, sind die Batterien deutlich kleiner und die Reichweite ist größer. Bislang sind es vor allem die hohen Produktionskosten, die viele Unternehmen davon abhalten, Wasserstoff einzusetzen. Der Begeisterung der Börsianer tut das keinen Abbruch. Begehrt sind vor allem die Aktien von Nischenplayern. Dass die meisten dieser Firmen niedrige Umsätze erzielen, weil die Produkte noch den Nachweis ihrer Marktreife erbringen müssen, hält viele institutionelle Investoren derzeit vom Einstieg in diese Titel ab. "Die meisten dieser auf Wasserstoff spezialisierten Unternehmen stehen, was nachhaltiges Wachstum und Kennziffern zur Profitabilität angeht, noch am Anfang ihres Entwicklungszyklus", warnt beispielsweise Alexander Funk, Fondsmanager bei Ökoworld.

Megadeal als Türöffner

Spannend sind Firmen mit Schlüsseltechnologien. ITM Power aus Großbritannien entwickelt Elektrolyseure, mit denen die elektrochemische Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff umgesetzt wird. Zusammen mit dem norwegischen Konkurrenten Nel ist ITM Power bei den Elektrolyseuren der größte Player in Europa. Am Firmensitz in Sheffield ist die weltweit größte Anlage für die Produktion von Elektrolyten für Wasserstoffanwendungen in Betrieb. Dazu betreibt das Unternehmen aktuell neun eigene Wasserstofftankstellen in Großbritannien. Sechs weitere befinden sich im Aufbau. In den letzten zwei Monaten hat sich der Aktienkurs von ITM Power verdoppelt. Auslöser des Kursfeuerwerks war die im Oktober abgeschlossene Partnerschaft mit Linde. Der Gasehersteller beteiligt sich mit 38 Millionen britischen Pfund und wird Elektrolyse-Wasserstoff-Projekte mit ITM Power entwickeln und verkaufen. Damit muss das noch tiefrote Zahlen schreibende Unternehmen für die nächsten Jahre keine Kapitalmaßnahmen durchführen. Hinzu kommt der psychologische Effekt für ITM Power, dass ein Weltkonzern wie Linde das Potenzial der Wasserstofftechnologie in neuen Märkten erschließen will.

Gelingt es ITM Power, über den Türöffner Linde größere Projekte an Land zu ziehen, hat die Aktie reichlich Luft nach oben. Umgekehrt gilt aber auch: Schafft es das Unternehmen nicht, langfristig seine Produkterlöse zu vervielfältigen und damit den Sprung in die schwarzen Zahlen zu schaffen, ist der Kurshebel nach unten genauso groß.