Es läuft gar nicht so schlecht in Nippon: Das japanische Bruttoinlandsprodukt wuchs bis Ende 2017 acht Quartale in Folge - so etwas gab es zuletzt in den 90er-Jahren. Dass es im ersten Quartal des neuen Jahres leicht abwärtsging, ist da recht leicht zu verschmerzen. Ein Grund für den langen Aufschwung ist der florierende Außenhandel. Im Mai etwa verkauften die japanischen Unternehmen 8,1 Prozent mehr Waren ins Ausland als noch vor einem Jahr - was auch mit dem festeren Dollar zusammenhängt, der die Gewinne der Exportindustrie stützt.

Der Aufschwung zeigt sich auch an der Börse. Der Nikkei-Index der 225 wichtigsten Unternehmen notiert mit etwa 22 700 Zählern zwar unter dem im Januar erreichten Jahreshoch von gut 24 100 Punkten, aber trotzdem deutlich höher als in den Vorjahren. Vor genau zwei Jahren beispielsweise stand der Leitindex noch unter 16 000 Zählern. Ein ähnliches Bild liefert auch der Technologie-Index Jasdaq.

So gut wie keine Arbeitslosigkeit



Der Aufschwung hat Folgen. Etwa für den Arbeitsmarkt, wo Japan inzwischen ein Problem der besonderen Art hat: Es gibt zu viele offene Stellen und zu wenig Arbeitskräfte. Die Arbeitslosenrate liegt so tief wie zuletzt vor einem Vierteljahrhundert - was auch daran liegt, dass die Bevölkerung schrumpft und der Altersdurchschnitt steigt. Langfristig - so hört man unken - dürfte sich das negativ auf das Wachstumspotenzial auswirken.

Doch man will ja etwas tun. Premier Shinzo Abe ist ehrgeizig. Sein wichtigster Mann ist dabei Toshimitsu Motegi, der die Probleme Japans praktisch im Alleingang lösen soll: Der Super-Staatsminister für Wirtschafts- und Fiskalpolitik muss vom starren Arbeitsmarkt über die fehlende Weiterbildung der Arbeitnehmer bis zur ungünstigen Struktur der Steuern alles reformieren. Ein Herkules-Job.

Und dabei geht man neue Wege. So werden mehr Arbeitnehmer aus dem Ausland eingestellt. Für die traditionell abgeschottete japanische Gesellschaft ist das beachtlich. Vor allem für die Bereiche Pflege, Transport, Landwirtschaft und für den Bau werden Arbeiter angeworben. Für qualifizierte Einwanderer will man sogar die "schnellste permanente Arbeitserlaubnis" weltweit ausstellen.

Positiv für Japan ist auch, dass die Bank of Japan (BoJ) auf Kurs bleibt. Es wird zwar immer wieder mal über eine strengere Geldpolitik spekuliert, doch Notenbankchef Haruhiko Kuroda hat geduldig das Inflationsziel von zwei Prozent im Visier. Und bis das erreicht wird, dürfte noch viel Zeit ins Land gehen. Das Researchhaus Japan Macro Advisors hält daher steigende Zinsen für "spekulatives Wunschdenken des Finanzmarkts". Ein Ausbleiben der Zinswende könnte pessimistische Anleger und Strategen daher auf dem falschen Fuß erwischen.

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Sehr vorsichtige Prognosen



Also besser investiert bleiben in Japan! Verglichen mit anderen Märkten sind japanische Aktien recht günstig. Der Topix-Index, der alle japanischen Aktien enthält, die im amtlichen Handel zugelassen sind, weist aktuell ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,3 auf. Dennoch fallen die Prognosen vorsichtig aus. Nikko Asset Management sieht etwa den Nikkei im März 2019 bei nur 23 500 Punkten, der Broker Nomura erwartet zum Jahresende einen Nikkei von 24 000. Dass Japan kein Selbstläufer ist, zeigt sich auch bei unseren jüngsten Empfehlungen. So ist die Aktie des Roboterherstellers Fanuc unter den Stop Loss gefallen, und der Batterie-Wert Panasonic war kurz davor. Langfristig hat sich indes nichts an den guten Chancen der Unternehmen geändert - Spekulanten bleiben also investiert.

Aktuell interessant unter den Einzelwerten ist Takeda Pharmaceutical. Gerade hat man die erste Hürde für eine Mega-Übernahme genommen: Die US-Kartellbehörde gibt grünes Licht für den Kauf des irischen Konkurrenten Shire.



In China und der EU wird dagegen noch geprüft. Ebenfalls spannend sind im Zuge der Reflationierung Japans die günstig bewertete Finanzgruppe Mizuho sowie der Textilkonzern Fast Retailing mit der stark expandierenden Marke Uniqlo. Generell sind auch Nebenwerte interessant, die in einem Aufschwung meist besser laufen. Hier bieten sich Fonds an.

Gefahr droht für die Börse vor allem von der Politik. Da ist etwa das Problem mit den Amerikanern. Präsident Donald Trump will Japan zu einem bilateralen Freihandelsvertrag zwingen, der den USA einen besseren Zugang zum japanischen Markt bringt als bisher. Japan - auch hier angeführt von Superminister Motegi - möchte dagegen die USA doch noch vom Eintritt in den TPP-Vertrag überzeugen, der Transpazifischen Partnerschaft, der bislang elf Länder angehören. Noch tut sich da aber nichts.

Ein echtes Problem wäre auch ein vorzeitiger Abgang von Premier Abe - der sogenannte Abexit -, der wegen mehrerer Fälle von Vetternwirtschaft in der Kritik steht. Der Parteitag der LDP im September wird hier für Klarheit sorgen. Dankt der Premier ab, wäre wohl Schluss mit der Abenomics-Politik, die über eine Reflationierung die Wirtschaft ankurbeln und die Schuldenquote stabilisieren will. Und dann wäre wohl auch Schluss mit dem Börsenaufschwung.



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Auf einen Blick: Japan