Der geplante Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis 2038 spaltet die Gemüter führender Volkswirte. Drei Viertel der befragten Experten rechnen mit negativen Folgen für Steuerzahler, fast zwei Drittel mit höheren Kosten für Verbraucher. Und immerhin noch ein Drittel zeigt sich besorgt über die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland - ganz abgesehen davon, dass die mit dem Ausstieg verbundenen Klimaziele nach Meinung der meisten der befragten Experten nicht erreicht werden.

Das ist ein Ergebnis der Februar-Umfrage des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv - einer monatlich durchgeführten Befragung führender deutscher Volkswirte zur konjunkturellen Lage und zu aktuellen wirtschafts- und finanzpolitischen Themen.

Gefragt wurde auch, inwieweit trotz des Kohleausstieg die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland gewährleistet bleibt. 39 Prozent der Teilnehmer sehen hier keine Probleme. Weiter 31 Prozent der Befragten befürchten aber genau das Gegenteil, also Sicherheitsrisiken bei der Stromversorgung. Weitere 30 Prozent machen zu dieser Frage erst gar keine Angabe.

25 Prozent der befragten Volkswirte bewerten den Kohleausstieg als positiv für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland, 45 Prozent sehen ihn negativ, 30 Prozent neutral. Für Verbraucher rechnen 60 Prozent der Befragten mit negativen Folgen und höheren Kosten, für Steuerzahler 78 Prozent. Für die Industrie insgesamt erwarten 52 Prozent der befragten Experten negative Folgen. Dagegen prognostizieren zwei Drittel der Ökonomen, dass es durch den Kohleausstieg zu einem Innovationsschub in der Energiebranche kommen könnte - also Effekte, wie sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz vor 20 Jahren ausgelöst hat.

Den betroffenen Kraftwerksbetreibern sollen mit dem Ausstieg insgesamt 40 Milliarden Euro Strukturhilfen und Kompensationszahlungen zufließen. Davon könnten nach Meinung der Experten insbesondere Unternehmen wie RWE und Uniper profitieren, die nicht nur Anspruch auf Entschädigungszahlungen haben, sondern tendenziell von steigenden Energiepreisen profitieren. Für RWE ergäbe sich darüber -hinaus noch eine zusätzliche Perspektive durch die Neuausrichtung als einer der weltweit größten Erzeuger erneuerbarer Energien.

"Macht die Bundesregierung ihre Hausaufgaben, ist der Kohleausstieg uneingeschränkt als positiv zu werten", glaubt etwa Thomas Gitzel, Chefökonom der VP-Bank-Gruppe. "Deutschland könnte sich einen Know-how-Vorsprung bei intelligenten Stromnetzen verschaffen."