Der Zweite ist der erste Verlierer - so lautet ein Sprichwort im Sport. Genauso ergeht es Microsoft. Mit einem Börsenwert von umgerechnet 1,5 Billionen Euro ist der weltgrößte Softwarehersteller "nur" die Nummer 2 im S & P 500 hinter Apple (1,9 Billionen Euro) und steht daher oft im Schatten des iPhone-Herstellers - zu Unrecht. Denn das Geschäft brummt stärker als erwartet, nach der Zahlenvorlage erklomm die Aktie neue Rekordhochs. Viele Anleger fragen sich, wie weit es noch nach oben gehen kann.

Im abgelaufenen zweiten Quartal des im Juni endenden Fiskaljahres 2020/21 hat Microsoft den Umsatz um stattliche 17 Prozent auf 43,1 Milliarden Dollar gesteigert. Das lag deutlich über den Schätzungen der Analysten von 40,2 Milliarden Dollar. Es war das 14. Quartal in Folge mit einem prozentual zweistelligen Erlösplus ?- eine beeindruckende Serie für einen Konzern dieser Größenordnung. Microsoft profitiert davon, dass viele Unternehmen während der Pandemie verstärkt auf Homeoffice und Cloud-Computing umgestellt haben. "Im vergangenen Jahr haben wir den Beginn einer zweiten Welle der digitalen Transformation erlebt, die jedes Unternehmen und jede Branche erfasst", sagt Vorstandschef Satya Nadella.

Wachstumsmotor war das Cloud-Geschäft für Unternehmenskunden, das im vergangenen Quartal einen Rekordumsatz von 16,7 Milliarden Dollar erreichte - ein Anstieg um 34 Prozent. "Wir profitieren weiterhin von unseren Investitionen in strategische, stark wachsende Bereiche", so Finanzchefin Amy Hood. Das Geschäft umfasst über die drei Sparten von Microsoft hinweg Lösungen: von der Cloud-Plattform Azure über die Office-365-Anwendungen und den gewerblichen Teil des Geschäftsnetzwerks LinkedIn bis hin zu Microsoft Teams. Letzteres ist eine Plattform, die Chats, Besprechungen, Notizen und Anhänge kombiniert. Die Bruttomarge im Cloud-Geschäft mit Firmenkunden ?- eine von Analysten und Investoren stark beachtete Kennzahl - lag bei satten 71 Prozent.

Begeistert waren Investoren zudem, weil der Umsatz mit Azure um 50 Prozent nach oben schoss, trotz des zunehmenden Wettbewerbs mit Amazon und der Alphabet-Tochter Google. Damit hat sich das Wachstum überraschend erneut beschleunigt, gegenüber dem Vorquartal mit 48 Prozent. Zudem erfreut sich Microsoft eines deutlichen Wachstums in etlichen anderen Bereichen ?- der Konzern feuert derzeit aus allen Rohren.

Im Geschäft mit Konsumenten kurbelte der boomende PC-Markt die Nachfrage nach Windows- und Office-Software an. Zudem verbesserte sich der Werbemarkt, wovon das Suchmaschinengeschäft und LinkedIn profitierten. Dabei glänzte das Geschäftsnetzwerk mit seinen knapp 740 ?Millionen Mitgliedern mit einem Erlösplus von 23 ?Prozent. Außerdem boomte das Geschäft mit der Spielkonsole Xbox. Der Erlös im Gamingbereich erhöhte sich um 51 Prozent und übertraf auf Quartalsbasis erstmals die Marke von fünf Milliarden Dollar. "Der Verkaufsstart der Xbox Series X und Series S (im November) war der erfolgreichste unserer Geschichte, mit einem Absatzrekord im ersten Monat nach dem Verkaufsstart", sagte Nadella auf der Analystenkonferenz. Der Konzern nehme die weltweit drei Milliarden Spieler ins Visier, gewinne durch sein Ökosystem Marktanteile bei Konsolen, während der Onlinedienst Xbox Live mehr als 100 Millionen monatlich aktive User habe.

Zudem stieg die Zahl der Office-365-Abos um 28 Prozent auf 47,5 ?Millionen. Im vergangen Quartal gab das Unternehmen mit Sitz in Seattle über Aktienrückkäufe und Dividenden insgesamt zehn Milliarden Dollar an Investoren zurück: ein Plus von 18 Prozent. Davon entfielen 5,8 Milliarden Dollar auf Aktienrückkäufe.

Optimistische Prognose

Zudem hat der Ausblick auf das laufende Quartal für Zuversicht bei Anlegern gesorgt, lag doch die Prognose für jeden einzelnen Bereich über den Vorhersagen der Analysten. So soll der Umsatz in der Sparte "Productivity and Business Processes" knapp 13,5 Milliarden Dollar erreichen, während die Finanzprofis im Schnitt 12,9 Milliarden vorhergesagt hatten. Die Sparte umfasst die Office-Lösungen für Unternehmen und Privatkunden, LinkedIn und Microsoft Dynamics (Lösungen zur Steuerung der Kundenbeziehungen).

Über den Erwartungen lagen auch die Prognosen für die Bereiche "Intelligent Cloud" (Azure und Server-Produkte) sowie für "More Personal Computing" (Windows, Xbox und Surface-Laptops). "Aufgrund der starken Geschäftsentwicklung in der ersten Hälfte des Fiskaljahres und unseres Ausblicks auf das laufende dritte Quartal erwarten wir für das Gesamtjahr (2020/21 auf Konzernebene) erneut ein prozentual zweistelliges Wachstum bei Umsatz und operativem Gewinn und eine kräftige Steigerung der operativen Marge", so Finanzchefin Hood.

BÖRSE ONLINE bekräftigt die Kaufempfehlung und erhöht Kursziel und Stoppkurs. Die Aktie ist mit einem KGV von 29,3 auf Basis der Gewinnschätzungen für 2021/22 zwar hoch bewertet im Vergleich zum ebenfalls hohen KGV von 26,9 für den S & P 500 für den gleichen Zeitraum, Microsoft soll mit einem erwarteten Umsatzplus von 14,3 Prozent im laufenden Fiskaljahr und von 11,4 Prozent im kommenden aber deutlich schneller wachsen als die Unternehmen des S & P 500. Zudem glänzt der Softwareriese mit viel höherer Profitabilität. So blieben bei Microsoft im vergangenen Quartal von 100 Dollar Umsatz 36 Dollar als Gewinn hängen. Das liegt meilenweit über der erwarteten Nettomarge beim S & P 500 von "nur" 10,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund dürfte die Rekordfahrt bei der Aktie weitergehen.