Turbulenzen ist Reiner Winkler gewohnt. Das Ganze hake ein wenig, kommentierte der Chef des Münchner Triebwerksspezialisten MTU im vergangenen Herbst lakonisch das heftige Gerangel ums Machtgefüge beim künftigen europäischen Kampfjet Next European Fighter Engine, ein 100-Milliarden-Euro-Projekt. Die Triebwerke dafür entwickelt MTU mit dem französischen Rüstungskonzern Safran. "Die Franzosen wollten die Führung. Wir wollten die Führung gleichberechtigt geteilt sehen", sagt Winkler. Und dann löste der MTU-Chef mit Diplomatie und feinem Gespür für politische Strömungen den Knoten im Joint Venture: MTU und Safran sind jetzt Partner auf Augenhöhe.

Gespür für die Märkte wiederum bewies der Manager spätestens, als er den Triebwerksbauer 2005 als Finanzvorstand an die Börse begleitete. Damals kostete eine Aktie 21 Euro, heute ist sie über 270 Euro wert. Seit Winkler den Chefposten innehat, also seit 2014, verdreifachte sich der Börsenwert. Und seit Herbst 2019 ist MTU im deutschen Leitindex DAX.

Die Leser von €uro am Sonntag, €uro und Börse Online haben Reiner Winkler zum "Unternehmer des Jahres 2020" gewählt. In der Zentrale im Münchner Norden empfängt der Preisträger mit offenem Kragen, eine Garmin-Sportuhr am Handgelenk. Wenn es die Zeit zulässt, nutzt der Top­manager das Fitnessstudio von MTU.

€uro am Sonntag: Herr Winkler, rechnen Sie als Folge der weltweiten Turbulenzen um das Coronavirus mit Auswirkungen auf den Weltluft­verkehr und die Passagierzahlen?
Reiner Winkler: Die Luftfahrtbranche ist sehr langfristig orientiert. Auch bei dramatischen Ereignissen, wie sie die Welt jetzt leider wieder erleben muss, sind Rückgänge im Luftverkehr nur vorübergehend. So hat sich die Luftfahrt bei früheren Infektionsausbrüchen stets als sehr robust erwiesen. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau. An unserem Wachstumskurs in Asien und darüber hinaus halten wir unvermindert fest. Unsere Auftragslage ist sehr gut und langfristig orientiert.

Nach dem Flugverbot für Boeings 737-Max-Jets hat Airbus den US-Konzern als weltgrößten Flugzeughersteller überholt. Ist der Konzern der große Gewinner des Boeing-Desasters?
Der Vorfall hat Folgen für alle Flugzeugbauer. Alle müssen sich auf längere, aufwendigere Zulassungsprozeduren einstellen. Bislang haben die Behörden in den USA, Europa oder China einmal erteilte Zulassungen weltweit anerkannt. Ich rechne damit, dass diese Praxis nicht unverändert fortgeführt wird. Womöglich wird jede Behörde eigenständig für ihre Region entscheiden und Zulassungen nicht einfach so übernehmen.

Airbus baut seinen Marktanteil aus.
Aus unserer Sicht jedoch nicht wegen Boeings Krise, sondern weil der Konzern mit seinen Modellen A320neo und A321neo hervorragend positioniert ist. Airbus kann den Trend zu größeren Mittelstreckenflugzeugen mit mehr Reichweite und größerer Passagierkapazität derzeit besser nutzen als Boeing mit seiner 737. Kurz- und Mittelstreckenjets sind für Flüge in Amerika und Europa sowie in China begehrt. Dort ist das größte Wachstum zu erwarten.

Auf diesen Strecken ist der Preiskampf intensiv. Sie haben sich selbst als Gegner von Billigflugtickets bezeichnet. Setzt der Wettbewerb falsche Anreize?
Ich glaube, dass wir da einen Zwiespalt im Handeln sehen: Mancher, dem Klimaschutz angeblich wichtig ist, steigt für den billigen Wochenendtrip in den Flieger. Dabei ist uns allen bewusst, dass ein Flug für 19 Euro weder wirtschaftlich noch ökologisch zu vertreten ist. Auch Konsumenten müssten umdenken.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn die Lufthansa Kurzflüge von München nach Nürnberg oder Stuttgart anbietet?
Man sollte hier in Betracht ziehen, dass oft die innerdeutschen Alternativen ­fehlen. Verbindungen wie München-Nürnberg oder München-Stuttgart sind sicher nicht wirtschaftlich. Ein gut ausgebautes ICE-Netz reduziert die Anzahl der Inlandsflüge deutlich. Doch dem Münchner Flughafen fehlt der Anschluss an das ICE-Netz. Wer aus dem Ausland kommend in München landet, um nach Nürnberg oder Stuttgart zu reisen, müsste zuerst mit der S-Bahn in die Stadt fahren. In Frankreich gibt es viel weniger Inlandsflüge - das Netz für TGV-­Züge ist besser ausgebaut. Wie übrigens auch die exzellente Bahnverbindung zwischen Paris und London, die auch wir für unsere Geschäftsreisen nutzen.

Was läuft verkehrt in Deutschland?
Mobilität wird bei uns zu wenig als Gemeinschaftsaufgabe gesehen, sondern vorwiegend aus der individuellen Per­spektive betrachtet. Da spielen auch extrem fragmentierte Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen eine Rolle. Das erschwert übergreifende Lösungen in Ballungsräumen wie München. Zugleich fehlt eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für Mobilitätsprojekte. Aus unterschiedlichsten Einzelinteressen formiert sich letztlich kollektiver Widerstand. Das ist das eigentliche Dilemma.

Die Klimadiskussion setzt den Autoherstellern zu, Bewegungen wie Fridays for Future bringen Konzerne wie Siemens ins Schlingern. Wie reagieren Sie?
Wir wollen nicht in eine Situation kommen wie die Autoindustrie, wo man plötzlich nur noch aus der Defensive heraus agieren kann. Wir müssen aufzeigen, welche Einsparziele wir uns frühzeitig selbst gesetzt haben, an welchen Alternativen wir arbeiten. Dazu gehört aber auch, klarzumachen, wo die Grenzen unseres Geschäftsmodells und der Technik liegen.

Und wie geht das?
Die Luftfahrtindustrie hat sich als eine der ersten Branchen bis Mitte des Jahrhunderts anspruchsvolle Einsparziele gegeben. Man muss auch sehen: Die Luftfahrt ist für etwa 2,8 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Egal, ob das viel oder wenig ist: Wir müssen an diesen 2,8 Prozent arbeiten, etwa über einen geringeren Kerosin­verbrauch. Mit der nächsten Triebwerksgeneration, die Anfang des kommenden Jahrzehnts auf den Markt kommt, erwarten wir zum Beispiel über neue Materialien weitere zehn Prozent Verbrauchseinsparung. Parallel werden neue Antriebskonzepte entwickelt.

Sind Elektroantriebe für Mittel- und Langstreckenjets eine Lösung?
Bis vor zwei Jahren wurde recht optimistisch über Elektroantriebe für Mittel- und Langstreckenjets diskutiert. Das hat sich inzwischen gelegt. Bei größeren Flugzeugen, etwa einem A320, ist das technologisch nicht möglich. Es gibt zwar Studien zu hybriden Antrieben und zur Brennstoffzelle. Das ist jedoch die sehr langfristige Perspektive. Alternative Kraftstoffe sind kurz- und mittelfristig am erfolgversprechendsten. Die Verfahren für synthetische Kraftstoffe sind vorhanden, allerdings müssen die Treibstoffe im industriellen Maßstab und zu konkurrenzfähigen Preisen verfügbar sein. Das wird Jahre dauern.

Warum?
Synthetisches Kerosin mit reduzierter CO2-Bilanz ist etwa um das Vierfache teurer als normales Kerosin. Die Kosten für den Treibstoff müssen über eine Industrialisierung der Herstellung gesenkt werden. Was bereits vorhanden ist, von Triebwerken bis zur Infrastruktur der Flughäfen, könnte dabei weiterverwendet werden - ein großer Vorteil.

Was bremst also die Großproduktion von synthetischem Kerosin?
Es fehlt eine öffentliche Anschubfinanzierung, wie wir sie beispielsweise für Elektroautos und Ladeinfrastruktur ­sehen. Das würde helfen, die Herstellungskosten schneller zu reduzieren und synthetische Kraftstoffe zu einer echten Alternative zu machen.

Wo sehen Sie weiteres Potenzial für ­geringeren Treibstoffverbrauch?
Am Ende führt nur eine Kombination aus verschiedenen Bereichen ans Ziel. Wir als Triebwerksbauer müssen die Effizienz unserer Antriebe verbessern. Viel Potenzial steckt auch in der Infrastruktur, etwa der Flugsicherung, wenn die Jets dadurch weniger lang in der Luft sind. Man darf die Effekte aber nicht überschätzen, denn die Einspardiskussion wird primär bei uns geführt - in Deutschland und Teilen Europas. In China und anderen Wachstumsmärkten dagegen nicht, noch nicht. Wir müssen Vorreiter sein.

MTU entwickelt Hightechmodule wie Niederdruckturbinen und Hochdruckverdichter und arbeitet als System­zulieferer in Konsortien mit großen Triebwerksbauern wie Pratt & Whitney (P & W) und General Electric. Wie muss man sich die Kooperation vorstellen?
Der Erstausrüster (OEM), also etwa P & W, hält als Systemführer die Mehrheit im Konsortium. Wir als MTU beteiligen uns beispielsweise mit 18 Prozent an einem Triebwerksprogramm, etwa für die A320neo. Dann sind wir mit dem gleichen Anteil an Erlösen beteiligt und tragen auch Risiken. Zu Beginn des Konsortiums wird auch der Wert der Anteile festgelegt. Wenn wir die vereinbarten Module günstiger liefern, ist das unser Vorteil. Wenn nicht, unser Risiko. Gibt es im gesamten Programm technische Probleme, wie das beim Neo-Triebwerk anfangs der Fall war, sitzen alle mit im Boot. Die Mehrkosten werden geteilt.

Kann nachverhandelt werden?
Nein. Und weil diese Programme eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren haben, ist es enorm wichtig, zu Beginn sehr viel Wert auf belastbare Verhandlungsergebnisse zu legen. Das macht aber auch den Markteintritt für neue Unternehmen schwierig. Zudem werden neue Produkte mit hohen Nachlässen verkauft. Das eigentliche Geld wird erst später mit dem Service verdient. Bis zum ersten Gewinn eines Konsortiums können 15 Jahre vergehen. Auch diese Durststrecke müsste ein Neueinsteiger finanziell erst mal überbrücken.

Sie selbst sind seit 2001 bei MTU im Vorstand, als die Firma noch ein Teil von DaimlerChrysler war. Dann stieg der US-Finanzinvestor KKR ein und brachte MTU 2005 an die Börse. Sie waren zu dieser Zeit Finanzvorstand. Was hat der Börsengang bei MTU verändert?
Das Erste war eine klare Konzentration auf unser eigenes Geschäft. Bis dahin waren wir ein Ein-Prozent-Anhängsel im riesigen Daimler-Konzern, das dennoch viele Konzernregularien beachten musste. Da hat KKR radikal aufgeräumt. Das Zweite war, Transparenz zu schaffen und deutlich zu machen, womit MTU Geld verdient und womit nicht. Das Dritte war der klare Fokus auf die Mittelzuflüsse, den Cashflow.

Wie schmerzhaft war die Abnabelung von Daimler?
Zunächst einmal war das für unsere ­Mitarbeiter keine einfache Zeit. Wir im Vorstand haben damals unglaublich viel gelernt. Ich kann mich erinnern, wie die KKR-Leute einen Tag nach der Übernahme hier mit drei Ordnern voller Kreditverträge ankamen. Wenige Tage zuvor waren wir noch schön behütet in Daimlers Cashpool geschwommen - und nun hatten wir plötzlich Schulden in Milliardenhöhe. Das waren sehr einschneidende Veränderungen. Dadurch waren wir aber auch für den Börsengang gut gerüstet. Für das Börsendebüt haben wir die Wachstumsstory der MTU entwickelt, die sogenannte Equity Story, und Vertrauen bei Investoren aufgebaut. Während der nächsten Jahre haben wir den Plan umgesetzt und stehen heute sehr erfolgreich da.

Das Potenzial von MTU zu heben war für Daimler also nicht interessant?
Wir hatten es zuvor Daimler tatsächlich vorgeschlagen. Bei allem Erfolg von KKR muss man auch sagen, dass der Finanzinvestor MTU sehr günstig erwerben konnte. Die Luftfahrt steckte damals in einer Krise, und Daimler wollte raus aus dem Segment.

Wie beurteilen Sie grundsätzlich den Ansatz von Finanzinvestoren, in eine Firma einzusteigen und das Unter­nehmen mit Schulden zu überhäufen?
Es gibt bei den Finanzinvestoren erhebliche Unterschiede. KKR ist bekannt dafür, sich intensiv mit dem jeweiligen Unternehmen auseinanderzusetzen und das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Kritischer wird es, wenn eine Firma an reine Finanzinvestoren verkauft wird, die wenig Interesse am operativen Geschäft zeigen. Dann besteht die Gefahr, dass die Firma ausblutet.

In die Zeit nach dem Börsengang fiel auch die Gründung des Werkes in ­Polen, gegen die es damals viel internen Widerstand gab. Waren die Auslandsverlagerungen auch Bestandteil Ihrer Strategie der Eigenständigkeit?
Ja. Wir hatten damals eine extrem schlechte Wechselkurssituation, also einen sehr niedrigen Dollarkurs. Unter dem Dach von Daimler nutzten wir Zulieferer an günstigeren Standorten. Neu war damals, dass wir selbst in solche Regionen gingen. Am Standort München wollten wir uns auf technologisch anspruchsvollere Aufgaben beschränken.

Ist es heute leichter, neue Standorte im Ausland zu eröffnen?
Deutlich leichter. Wir bauen gerade einen neuen Standort in Serbien auf. Auch die Arbeitnehmervertreter können wir in solche Entscheidungen heute besser einbinden, wenn wir ihnen klarmachen, dass die Expansion nicht zulasten bestehender Standorte geht. Heute sind 2000 der etwa 10 000 MTU-Mitarbeiter im Ausland beschäftigt. Wir haben 5000 Mitarbeiter in München und 3000 in der Instandhaltung in Hannover und nahe Berlin. In Deutschland haben wir in den vergangenen zwei Jahren 1000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Im MTU-Aktionärskreis ragt der US-­Investor Capital Group mit rund 15 Prozent als größter Einzelaktionär heraus. Wie kam es zu dieser Struktur?
Anfangs wurden MTU-Aktien mit einem Bewertungsabschlag gehandelt. Inzwischen ist der Konzern ähnlich bewertet wie Safran oder Rolls-Royce - Konzerne aus der Vergleichsgruppe, der sogenannten Peer Group. In den zurückliegenden Jahren haben sich verstärkt langfristig orientierte Investoren bei uns engagiert. Capital Group stieg frühzeitig ein und hat seine Anteile sukzessive ausgebaut. Die Top-20-Aktionäre halten etwa 50 Prozent, Privatanleger haben rund fünf Prozent.

Könnte MTU da nicht leicht Ziel einer Übernahme werden?
Im Moment halte ich das für unwahrscheinlich. Zum einen wegen der hohen Bewertung. Ein hoher Aktienkurs schützt grundsätzlich vor Übernahmen. Zum anderen fehlt mir im Moment die Fantasie, wer das sein sollte.

Die Chinesen, die ein eigenes Triebwerk bauen wollen, könnten Sie doch gut brauchen.
Davon wären unsere großen US-Systempartner allerdings nicht begeistert, ganz abgesehen von den technologischen Hürden. Und dann gibt es ja noch den politischen Rahmen.

Erläutern Sie das bitte.
Als es um den Einfluss von Finanzinvestoren als "Heuschrecken" ging, war auch die MTU Gegenstand der Diskussion zum deutschen Außenwirtschaftsgesetz. Nach unserem Verkauf an KKR wurde die Regel eingeführt, dass die Bundesregierung ab einer Anteilsquote von 25 Prozent einem Erwerb zustimmen muss. Der Einstieg der Chinesen bei einer deutschen Luftfahrt- und Rüstungsfirma würde voraussichtlich keine Unterstützung bekommen.

Ein Schicksal wie bei Kuka halten Sie bei MTU für ausgeschlossen?
Definitiv ja.

Sie selbst gelten als Teamplayer. Wie sieht das im Führungsalltag aus?
Ich habe immer gute Erfahrungen damit gemacht, den Leuten einen Vertrauensvorschuss zu geben. Außerdem sollte ein Unternehmen nicht mit einer einzigen Person identifiziert werden. Einer muss an der Spitze stehen und den Takt angeben, aber es ist immer eine Teamleistung, die dahintersteht. Wir sind mit 10 000 Mitarbeitern aber auch kein Riesenkonzern. Die MTU mit wenigen Standorten ist überschaubar. Das macht es auch einfacher.

Sie haben vor drei Jahren das Führungskonzept "Leadership for performance" eingeführt. Was hat es bewirkt?
Das Konzept hat drei Führungswerte: die Firma weiterzuentwickeln, die Mitarbeiter zu motivieren und dafür Vertrauen zu schaffen. Wichtig ist es beispielsweise, Entscheidungen nach dem Subsidiaritätsprinzip auf die richtige Ebene zu bringen und viel zu delegieren. Das läuft seit zwei Jahren. Wir im Vorstand haben da Vorbildfunktion und erwarten, dass alle diesem Führungskonzept folgen.

Worauf sind Sie bei MTU besonders stolz?
Wir haben die Firma in allen Bereichen sehr weit nach vorn gebracht. Dabei war speziell der Einstieg in die heute sehr erfolgreiche Getriebefan-Technologie, die wir mit Pratt & Whitney entwickelt haben, nicht unumstritten. Jetzt ist sie eine wesentliche Basis unseres zukünftigen Erfolgs.

Wovon versprechen Sie sich künftig ­zusätzliche Chancen?
Unsere Marktstruktur hat noch enormes Potenzial. Airbus bietet bei der A320neo zwei Triebwerke unterschiedlicher Hersteller an, weil die Kunden das wünschen. Bei der Boeing 737 wird dagegen nur ein Triebwerk angebo- ten. Das hat historische vertragliche Gründe. Ich bin zuversichtlich, dass beim Nachfolgemodell für die 737 diese Schranke fallen wird. Dann werden wie bei Airbus zwei Triebwerke verschiedener Konsortien angeboten. Wir rechnen damit, dass Boeing diesen Markt öffnen wird - alles andere würde mich über­raschen. Wenn wir dann bei einem Nachfolger der Boeing 737 den Markt­zugang bekämen, könnten wir unseren Marktanteil in diesem Schlüsselsegment verdoppeln.

Investor-Info



Der Konzern: Weltmarktführer


Rund 90 Prozent von 4,7 Milliarden Euro Umsatz für 2019 bringt der Service für Turbinen verschiedener Flugzeugbauer. Damit ist MTU Aero Engines in Karlsfeld bei München mit rund 10 000 Mitarbeitern der weltweit größte herstellerunabhängige Dienstleister. Der hohe Anteil des lukrativen Servicegeschäfts für Turbinen, die länger als fünf Jahre im Einsatz sind (siehe Grafik), liefert hohe Zuflüsse (Cash­flows). In globalen Konsortien entwickelt MTU Komponenten für Triebwerke.

Die Aktie: Solide Dividende


Mit zuletzt knapp 21 Milliarden Euro Auftragsbestand ist MTU für 4,5 Jahre ausgelastet. Chef Winkler erwartet "weiteres Wachstum bei Umsatz und Ergebnis sowie eine Verbesserung des Cashflows". 2020 beginne eine Phase mit höheren Cashflows. Für 2019 sehen Analysten 3,40 Euro Dividende pro Aktie, knapp ein Fünftel mehr als für 2018.

Glossar


Getriebefan-Triebwerk (GTF). Bei dieser Technologie, die MTU mit dem US-Antriebshersteller Pratt & Whitney (P & W) vor allem für die Jetfamilie Airbus A320neo entwickelte, ist das erste große Schaufelblattrad (Fan) mit der Niederdruckturbine am Ende des Triebwerks über ein Getriebe verbunden. Der große Fan dreht damit langsamer, die Niederdruckturbine schneller. In der konven­tionellen Turbine laufen Fan und Niederdruckturbine mit gleicher Drehzahl. GTF-Turbinen sind leichter, effizienter und deutlich leiser als herkömmliche Antriebe. Seit dem ersten Einsatz wurden laut MTU mehr als 250 Millionen Liter Kerosin und über 100 Millionen Dollar Betriebskosten gespart. Über 10 000 GTF-­Turbinen wurden bestellt. Das Potenzial ist doppelt so hoch.