Von Bomhard schraubte die Gewinnerwartung für 2015 am Donnerstag auf "mindestens drei Milliarden Euro" hoch. Bislang hatte sich der weltgrößte Rückversicherer 2,5 bis 3,0 (Vorjahr: 3,15) Milliarden zugetraut. Analysten hatten 2,8 Milliarden erwartet. Euphorisch trat von Bomhard auf der Halbjahres-PK in München trotzdem nicht auf: "Die Zahlen sind besser als die Lage", erklärte er. "Auch der Faktor Glück spielte eine Rolle."

Das zweite Quartal war das beste seit Ende 2013, der Gewinn stieg um 41 Prozent. Nach sechs Monaten stehen nun 1,9 Milliarden Euro zu Buche, zehn Prozent mehr ein Jahr zuvor. Das trieb die Aktie um 2,6 Prozent auf 175,20 Euro. Damit war sie größter Kursgewinner im Leitindex Dax. Equinet-Analyst Philipp Häßler hob das Kursziel auf 200 von 165 Euro an und empfahl das Papier zum Kauf.

Von Großschäden blieb der Marktführer zuletzt weitgehend verschont. Vorstand Torsten Jeworrek geht davon aus, dass auch die Hurrikan-Saison in den USA im Herbst glimpflich ausfällt. Darauf deute das Wetterphänomen "El Nino" hin. Auch die Nummer drei der Branche, die Hannover Rück, hatte sich in dieser Woche optimistisch gezeigt und die Gewinnprognose angehoben. Der größte Konkurrent Swiss Re dagegen legte ein enttäuschendes Halbjahr hin, er musste für viele Schäden zahlen.


Munich Re, Q2/15 Bruttobeitraege



Experten glauben, dass die Schweizer in den vergangenen Jahren zu viele Risiken gezeichnet haben. Von Bomhard will es besser machen: "Wir wollen wachsen, aber nicht um jeden Preis."

Die Konsolidierungswelle in der Rückversicherung war jüngst wieder in Fahrt gekommen. Die Münchener Rück schließt für sich aber große Zukäufe aus und interessiert sich nur für Spezialanbieter, etwa für Cyber-Risiken. "Wir werden in der traditionellen Rückversicherung mit null Prozent Wahrscheinlichkeit als Käufer auftreten", sagte von Bomhard.

Die Rückversicherer kommen seit einiger Zeit von zwei Seiten unter Druck: Zum einen machen ihnen Hedgefonds und andere Investoren im Kerngeschäft Konkurrenz, zum anderen suchen die Erstversicherer angesichts ausbleibender Großschäden weniger Rückversicherungsschutz. Daher sind die Preise gesunken. Doch Jeworrek sieht Besserung: Bei den Vertragserneuerungen zum 1. Juli in den USA, in Australien und mit globalen Großkunden gebe es erste Anzeichen einer Stabilisierung. Die Preise seien nur noch um 2,1 Prozent zurückgegangen - vor einem Jahr waren es 3,6 Prozent.

"ERGO IST NOCH LANGE NICHT FERTIG"



Torsten Oletzky, der Chef der Erstversicherungs-Tochter Ergo, bekam zum Abschied nach acht Jahren Lorbeeren: "Ergo liegt seht gut auf Kurs", lobte Vorstandschef von Bomhard. Oletzky selbst zog eine gemischte Bilanz: Er habe "viele Dinge eingeleitet, aber Ergo ist noch lange nicht fertig." Mitte September wird er von Markus Rieß abgelöst, dem ehemaligen Chef des größeren Rivalen Allianz Deutschland. Von ihm erwarte sich die Münchener Rück "neue Impulse", sagte von Bomhard. "Aber die Ergo werden Sie auf jeden Fall noch wiedererkennen."

Bei den Kapitalanlagen profitiert die Münchener Rück von lukrativen Investments der Vergangenheit. Die Rendite lag im zweiten Quartal bei 4,1 Prozent, auf das gesamte Jahr gesehen soll sie bei 3,3 Prozent liegen statt der bisher erwarteten 3,0 Prozent. Die Bruttobeiträge im Konzern wuchsen im zweiten Quartal um 5,2 Prozent. Die Aktionäre der Münchener Rück dürfen auf eine steigende Dividende hoffen: "Unser Wunsch sind kleine Erhöhungen", sagte Finanzvorstand Jörg Schneider der Nachrichtenagentur Reuters.