Konkurrent Swiss Re hatte seine Gewinnprognose kürzlich gekappt. Doch der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hält an seinen Prognosen fest. Nach den jüngst vorgelegten Eckdaten legt der Dax-Wert entsprechend deutlich zu. Mehrere Analysten erhöhen daraufhin ihre Kursziele für die Munich-Re Aktie teils deutlich. Auch die Charttechnik spricht für die Münchener.

Hurrikan "Ian" belastet den weltgrößten Rückversicherer Munich Re voraussichtlich mit etwa 1,6 Milliarden Euro. Das ist noch mehr als beim Branchenzweiten Swiss Re aus Zürich, der seinen Schaden in Florida in der vergangenen Woche auf gut 1,3 Milliarden Euro bezifferte. Anders als die Swiss Re hält der Münchner Konzern jedoch an seinem Gewinnziel von 3,3 Milliarden Euro für 2022 fest – ein erstes Argument, das die Aktie von Munich Re zuletzt deutlich beflügelte.

Noch steht zwar nicht fest, ob das Gewinnziel erreicht wird. Es hängt von den positiven Sondereffekten bei der Kapitalanlage ab, die der Vorstand derzeit erwartet. Die alljährlichen Hurrikan-Schäden sichert das Unternehmen selbst bei anderen Unternehmen ab oder reicht sie an den Kapitalmarkt weiter – etwa in Form von Katastrophenanleihen.

Wie teuer der Hurrikan "Ian" die weltweite Versicherungsbranche letztlich zu stehen kommt, dazu gehen die Schätzungen auch sonst noch weit auseinander. Die Munich Re geht von einem versicherten Marktschaden "innerhalb einer derzeit noch großen Bandbreite" um 60 Milliarden US-Dollar aus. Dabei sei der Anteil des staatlichen Flutversicherungs-Programms der USA (NFIP) herausgerechnet. Die Swiss Re hatte den versicherten Schaden inklusive des NFIP am Dienstag auf 50 bis 65 Milliarden Dollar geschätzt.

Munich Re: 500 Millionen Gewinn statt 167 Millionen Euro Verlust

Die Munich Re rechnet für das dritte Quartal trotz der erwarteten Belastung von 1,6 Milliarden Euro mit einem Gewinn von rund einer halben Milliarde Euro. Analysten hatten im Schnitt mit einem Verlust von 167 Millionen Euro gerechnet. Folglich hatten sie das Gewinnziel des Vorstands für das Gesamtjahr bereits abgeschrieben. Auch dieses Argument spricht für die Münchener-Rück-Aktie.

Der genannte Gewinn im dritten Quartal und die Bestätigung des Gewinnziels beruht der Munich Re zufolge allerdings auf positiven Sondereffekten. In den Monaten Juli bis September kam der positive Effekt demnach aus dem Lebens- und Gesundheitssegment der Erstversicherungstochter Ergo in Deutschland.

Und ob das Gewinnziel im Gesamtjahr erreicht wird, hängt der Mitteilung zufolge nicht nur von einer erwartungsgemäßen Entwicklung der Großschäden im vierten Quartal ab. Außerdem müssten sich derzeit erwartete Sondereffekte vor allem bei der Kapitalanlage realisieren. Ihre endgültigen Zahlen des dritten Quartals will die Munich Re wie geplant am 8. November veröffentlichen.

Einschätzung zur Munich Re-Aktie

An der Börse reagierte die Aktie am Freitag bereits mit deutlichen Kursgewinnen. Am Montag-Vormittag setzt sich der Aufschwung in abgeschwächtem Börsen-Umfeld noch fort. Die Munich-Re-Aktie pendelt bei 260 Euro.

Munich Re (WKN: 843002)

Charttechnisch hat sich das Bild für den Dax-Wert in den vergangenen Wochen aufgehellt. Ein "Golden Cross" (GD50 schneidet GD200 von unten nach oben) spricht für weiter steigende Kurse. Sollte das September-Hoch bei 268,70 Euro übertroffen werden, wartet als nächste Hürde das Jahreshoch bei 282,25 Euro auf die Munich-Re-Aktie.

Analysten optimistisch

Argument 4 'pro Munich Re' sind die Analysten. Gleich mehrere Häuser sehen deutliche Kurssteigerungen für die Aktie in den kommenden 12 Monaten kommen. Werner Schirmer von LBBW etwa hebt das Kursziel von 270 auf 290 Euro und bleibt bei seinem Votum "Buy". Auch die DZ Bank sieht einen fairen Wert von 290 Euro. Analyst Thorsten Wenzel betrachtet Munich Re im gegenwärtigen Marktumfeld mittelfristig als ein attraktives defensives Investment. Das Unternehmen profitiere von den höheren Zinsen, die mit Verzögerung zu einem höheren laufenden Kapitalanlageergebnis führten.

Noch etwas positiver gestimmt ist Goldman Sachs. Die US-Investmentbank hat Munich Re auf "Buy" mit einem Kursziel von 300 Euro belassen. Das vorab veröffentlichte Quartalsergebnis von rund einer halben Milliarde Euro liege über der Konsensschätzung, schrieb Analyst Alan Devlin in einer am Freitag vorliegenden Studie.

Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für Munich Re nach aktuellen Geschäftssignalen mit einem Kursziel von 325 Euro auf "Overweight" belassen. Die Ergebnisse des dritten Quartals lägen deutlich über den Erwartungen, schrieb Analyst Kamran Hossain am Freitag in einer ersten Reaktion. Die Markterwartungen dürften nun näher an das Überschutzziel des Konzerns von rund 3,3 Milliarden Euro rücken, wenngleich dieses nach Hurrikan Ian nun schwieriger zu erreichen sei. 

Deutlich höhere Preise in der Branche erwartet

Argument 5: Seit Sonntag läuft in Baden-Baden der Rückversicherungskongress. Bei den Verhandlungen mit deutschen Erstversicherern wegen zunehmender Naturkatastrophen und der Inflation dürften deutlich höhere Preise durchgesetzt werden. "Weitere Preiserhöhungen sowohl in der Erst- als auch in der Rückversicherung" seien unverzichtbar, sagte der Vorstandschef der Deutschland-Tochter (E+S Rück) der Hannover Rück, Michael Pickel.

Das gelte nicht nur für Naturkatastrophen-Deckungen, die angesichts der Flutkatastrophen an der Ahr 2021 und der heftigen Stürme im vergangenen Winter stärker gefragt seien. Zugleich stellten die Rückversicherer weniger Kapazität zur Verfügung. Auch bei Cyber-Deckungen sei mit "signifikanten Preis- und Konditionsverbesserungen" zu rechnen, weil die Erstversicherer die Limite drosselten und selbst die Preise erhöhten. In der Kfz-Versicherung müssten die Prämien 2023 ebenfalls deutlich steigen. Denn die Zahl der Schäden normalisiere sich nach der Corona-Pause, während die Reparaturen deutlich teurer würden. 

Fazit

Auch wenn die Geschäftsergebnisse der Münchener Rück noch nicht in trockenen Tüchern sind, sprechen die fünf Argumente für ein längerfristiges Investment in die Aktie. BÖRSE ONLINE hat ein Kursziel von 330 Euro ausgegeben.

Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Munich Re.