DAS IST LOS BEI DER MUNICH RE:

Die Corona-Pandemie hat die Welt im Griff. Versicherungskonzerne wie die Munich Re hatten zwar seit Jahren vor einem solchen Krisenfall gewarnt. Doch als die Pandemie im Frühjahr ein Land nach dem anderen erfasste und viele Unternehmen ihren Betrieb für mehrere Wochen einstellen mussten, stellte sich heraus: Oft war strittig, ob eine Betriebsschließungs- oder Betriebsunterbrechungsversicherung im Fall flächendeckender Schließungen oder konkret bei diesem Virus überhaupt greift. Viele Streitfälle müssen noch gerichtlich geklärt werden.

Die Munich Re sieht sich mit ihren Verträgen zwar auf der sicheren Seite. Neue Policen, die die Folgen einer Pandemie abdecken, will der Rückversicherer aber im Schaden- und Unfallgeschäft vorerst nicht mehr verkaufen, wie Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek im September sagte. Dies betreffe etwa Versicherungsschutz gegen den Ausfall von Großveranstaltungen. In der Lebens- und Kranken-Rückversicherung will die Munich Re für die Folgen von Pandemien laut Jeworrek aber auch in neuen Verträgen geradestehen.

Im ersten Halbjahr hatte der Rückversicherer infolge der Corona-Krise Schäden von 1,5 Milliarden Euro verbucht. Im dritten Quartal kamen noch 800 Millionen Euro hinzu. Der Großteil der Schäden entfiel auf den Ausfall und die Verschiebung von Veranstaltungen wie den Olympischen Spielen in Japan, gegen die sich die Veranstalter versichert hatten. Hinzu kamen Versicherungsschäden durch Betriebsausfälle in Unternehmen, aber auch durch eine gestiegene Zahl von Todesfällen etwa in den USA.

Auch abseits der Pandemie musste die Munich Re im dritten Quartal überraschend hohe Großschäden schultern. Als Ursachen führte der Konzern vor allem heftige Wirbelstürme und Waldbrände in den USA sowie die schwere Explosion im Hafen von Beirut an.

Schon in ersten sechs Monaten war der Gewinn der Munich Re wegen der hohen Pandemieschäden um mehr als die Hälfte auf 800 Millionen Euro abgesackt. Im dritten Quartal fiel der Rückgang noch heftiger aus. So fiel der Überschuss mit voraussichtlich rund 200 Millionen Euro etwa 77 Prozent niedriger aus als im Vorjahreszeitraum, wie der Konzern überraschend schon Mitte Oktober bekannt gegeben hat. Dass es nicht schlimmer kam, soll auch einem guten Abschneiden der Düsseldorfer Konzerntochter Ergo gelegen haben.

Die Munich-Re-Konkurrentin Swiss Re kam indes um rote Zahlen nicht herum. Nach einem verlustreichen ersten Halbjahr erzielte der Konzern aus Zürich im dritten Quartal zwar wieder einen Gewinn. Allerdings summieren sich die coronabedingten Schäden bei der Swiss Re inzwischen auf rund drei Milliarden US-Dollar (2,6 Mrd Euro). Nach den ersten neun Monaten des Jahres steht bei dem Konzern daher ein Verlust von 691 Millionen Dollar zu Buche.

Die Munich Re will ihre endgültigen Zahlen zum dritten Quartal an diesem Donnerstag (5. November) veröffentlichen. Von ihrem Gewinnziel für 2020 hat sich die Konzernführung um Vorstandschef Joachim Wenning wegen der Corona-Krise bereits im Frühjahr verabschiedet. Ursprünglich hatte der Manager den Gewinn des Konzerns in diesem Jahr auf 2,8 Milliarden Euro steigern wollen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Wer sich von Katastrophenschäden und anderen finanziellen Einschlägen nicht verrückt machen lässt, ist als Aktionär der Munich Re in der vergangenen Dekade trotz der jüngsten Kursverluste nicht schlecht gefahren. In zehn Jahren hat die Aktie fast 80 Prozent an Wert gewonnen. Auf Fünf-Jahres-Sicht steht trotz der jüngsten Kursverluste noch ein Plus von rund 12 Prozent zu Buche. Zudem konnten die Aktionäre Jahr für Jahr dicke Dividenden einstreichen.

Die Folgen der Pandemie hat die Aktie aber noch nicht verdaut. Im Mitte Februar bis Mitte März halbierte sich der Kurs im Zuge des Corona-Crashs an den Märkten zunächst von rund 284 auf gut 141 Euro. Dann erholte er sich wieder ein gutes Stück - bis auf 255,80 Euro im September. Seitdem zeigt der Trend aber wieder nach unten. Zuletzt war das Papier für rund 205 Euro zu haben - rund 22 Prozent billiger als noch zum Jahreswechsel (Kurse vom 2. November, 11.45 Uhr).

Mit einem Börsenwert von rund 29 Milliarden Euro befindet sich die Munich Re derzeit im Mittelfeld des deutschen Leitindex Dax. Dabei wird sie nicht einmal halb so hoch bewertet wie ihre Münchner Nachbarin Allianz, die auf eine Marktkapitalisierung von rund 64 Milliarden Euro kommt. Dennoch liegt die Munich Re unter den großen Rückversicherern an der Spitze. Die Swiss Re kommt auf einen Börsenwert von umgerechnet rund 21 Milliarden Euro, die deutlich kleinere Hannover Rück auf knapp 15 Milliarden Euro.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Branchenexperten sind der Munich-Re-Aktie derzeit eher zu- als abgeneigt. Von den elf Analysten im dpa-AFX Analyser, die ihre Einschätzung seit der Vorlage der Halbjahresbilanz Anfang August erneuert haben, rät nur einer zum Verkauf des Papiers. Je fünf Experten raten zum Halten und zum Verkauf der Aktie. Im Schnitt schreiben sie dem Papier ein Kursziel von rund 250 Euro zu.

Mit Werten von 195 bis 306 Euro fällt die Spanne der Kursziele recht groß aus. Mit Blick auf den jüngsten Aktienkurs von gut 200 Euro sollte der Boden allerdings laut den Analysten nahezu erreicht sein.

Auch nachdem die Munich Re am 20. Oktober von dem herben Gewinneinbruch im dritten Quartal berichtete, sahen die Branchenexperten von JPMorgan, Morgan Stanley und RBC keinen Anlass von ihren Kurszielen und Anlageempfehlungen abzurücken. Während JPMorgan-Analyst Edward Morris die Aktie weiterhin zum Halten empfiehlt, raten seine Kollegen Emanuele Musio von Morgan Stanley und Kamran Hossain von RBC weiterhin zum Kauf.

dpa-AFX