Die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen etwa seien "fast schon ungesund" niedrig, warnte von Bomhard. "Hier passiert etwas, das uns Sorgen macht. Das System ist nicht grenzenlos elastisch." Wenn die Zinsen dann plötzlich um einen oder zwei Prozentpunkte stiegen, säßen viele Unternehmen "auf dem Trockenen", die sich derzeit billig finanzieren könnten.

Das berge zugleich die Gefahr einer nächsten Finanzkrise. Sie werde voraussichtlich wieder als Vertrauenskrise beginnen - diesmal möglicherweise in Form schwindenden Vertrauens in Kredite.

Die Rückversicherer werden durch die Niedrigzinspolitik doppelt getroffen. Zum einen überschwemmen derzeit Investoren auf der Suche nach lukrativen Anlagen den Markt mit Geld. Sie treten etwa mit Katastrophenanleihen in Konkurrenz zu den Rückversicherern. Zum anderen suchen die Versicherer selbst händeringend nach alternativen Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital, weil sichere Staatsanleihen kaum mehr Rendite bringen.

"Wir haben einen Anlagenotstand und sind verzweifelt auf der Suche nach Diversifikation", sagte der Munich Re-Chef. Bei Investitionen in Infrastrukturprojekte oder in die Energiewende werde die Branche jedoch von den rigiden Vorschriften der Regulierer behindert. Für Infrastruktur-Investitionen müssten sie so viel Eigenkapital hinterlegen wie für Investitionen in Aktien. "Wir halten das für falsch. Da reicht eine geringere Unterlegung", sagte von Bomhard. Denn Aktien schwankten weit stärker und seien daher riskanter.

Auf die Konkurrenz durch versicherungsfremde Investoren reagieren die großen Rückversicherer mit neuen Produkten, bei denen sie ihre Erfahrung im Risikomanagement in die Waagschale werfen können. Das reicht von der Reputationsversicherung gegen die Folgen von "Shitstorms" im Internet über die Absicherung des Erfolgs von Energieefizienz-Maßnahmen bis hin zur Versicherung gegen steigende Kosten für Großprojekte. Die Munich Re erlöse mit solchen Innovationen 250 Millionen Euro pro Jahr, bei einem zweistelligen Millionengewinn, sagte von Bomhard. Das ist allerdings nur ein halbes Prozent des gesamten Prämienvolumens von 50 Milliarden Euro.

Reuters