So groß ist die Konkurrenz inzwischen, dass unlängst sogar dem sonst sehr beherrschten Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard der Kragen geplatzt ist: "Ich bin enttäuscht, verärgert, teilweise sogar entsetzt, wenn ich sehe, was an den Märkten passiert", schimpfte er auf der Halbjahrespressekonferenz im August.

Seither hat sich wenig geändert. Bei den meisten traditionellen Anbietern geht das Prämienvolumen eher zurück. Die drei großen Ratingagenturen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch zeichnen die Aussichten für die Rückversicherer in trüben Farben, mindestens bis ins nächste Jahr hinein. Am deutlichsten wird S&P: "Wenn es den Rückversicherern nicht gelingt, ihre Stärken und ihre Expertise gegenüber neuen und bestehenden Kunden herauszustellen, könnten sie an den Rand gedrängt werden", schreiben die Experten in einer Kurzstudie. Es sei dringend nötig, neue Märkte zu erschließen und neue Produkte zu entwickeln. Die könnten sich etwa um das Thema Cyber-Attacken und Datensicherheit drehen.

Denn die neuen Konkurrenten im Markt stürzen sich bislang hauptsächlich auf das Geschäft mit klassischen Katastrophenversicherungen: Über Fonds oder Anleihen stellen sie Milliarden bereit, mit denen Versicherer Zahlungen für Schäden durch Wirbelstürme, Überschwemmungen oder Erdbeben refinanzieren können - eigentlich das klassische Rückversicherungsgeschäft. Hier sind die Verträge in der Regel auf ein Jahr begrenzt und die Margen vergleichsweise groß, zumindest bislang.

Branchenführer Münchener Rück hat angekündigt, wegen der starken Konkurrenz lieber auf Geschäft zu verzichten als sich auf einen Preiskampf einzulassen und Risiken am Ende womöglich zu günstig zu versichern. Mit Spannung warten Beobachter nun auf die neuesten Markteinschätzungen des Branchenschwergewichts. Die jährliche Preisrunde in Monte Carlo ist für den Konzern das wichtigste der vier großen Branchentreffen. Dort verhandeln die Münchner für gewöhnlich zwei Drittel des Schaden- und Unfall-Geschäfts oder bereiten die Verhandlungen für die restlichen Monate des Jahres vor. Auch die Nummer zwei und drei der Branche, die Swiss Re und die Hannover Rück, wollen einen Ausblick auf die kommenden Monate geben. Swiss-Re-Finanzchef David Cole hatte zuletzt zaghaft Zuversicht signalisiert. In einigen Märkten und Sparten sehe es so aus, als ob sich der Preisverfall etwas abschwäche.

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WOHIN MIT DEM GELD?

Die Frage ist, was die Rückversicherer mit ihren vielen Milliarden machen, wenn sie diese nicht in Neugeschäft stecken. Eine große Übernahme- oder Fusionswelle erwarten Experten jedenfalls nicht. "Man könnte zwar argumentieren, dass man damit zumindest einen Teil des Überschusskapitals abbaut", sagt Moody's-Analyst Kevin Lee. "Aber es ist nicht unbedingt so, dass damit auch die Kapazitäten im Markt sinken. Wenn sich zwei Unternehmen zusammentun, wird zwar in der Belegschaft gekürzt. Aber die Leute, die die Verträge aushandeln, gehen einfach woanders hin und machen dort das gleiche Geschäft wie vorher."

Bleiben als Möglichkeiten noch Aktienrückkäufe und höhere Dividenden - die Anleger würden sich freuen. Die Münchner Rück hat hier zuletzt einiges auf den Weg gebracht, aber insgesamt tat sich in der Branche recht wenig, wie Lees Kollege David Masters von Moody's bemängelt. Die Unternehmen seien lange verunsichert gewesen, wieviel Kapital sie im Zuge der strengeren Regulierung nach den Vorgaben Solvency II und als systemrelevante Versicherer vorhalten müssten. Daher hätten sie sich mit Sonderausschüttungen zurückgehalten. Doch inzwischen gebe es Klarheit darüber, wohin die Reise gehe, betont Masters: "Eines steht fest: Diese Gründe, das Kapital zu schonen, kann man nicht ewig vorschieben."

Reuters