Im ersten Halbjahr wurden insgesamt elf Transaktionen unterschrieben bzw. abgeschlossen. Damit ist man auf Kurs, um 2022 beim Konzernumsatz einen neuen Höchststand anzusteuern. Im Exklusivinterview mit Börse Online deutet CIO Johannes Laumann im Automotive-Geschäft "hohe Abrufe und damit viel Geschäft" in den kommenden Monaten an. Zudem stellt er weitere Beteiligungsverkäufe in Aussicht, was insbesondere Dividendenjäger wegen der Aussicht auf eine Sonderdividende freuen dürfte.

BÖRSE ONLINE: Herr Laumann, Mutares ist zum Halbjahr im Konzern beim Umsatz um 60 Prozent auf fast 1,8 Milliarden Euro gewachsen, Sie sind als CIO vor allem für die Deals, die Investments verantwortlich. Was freut Sie mehr, die Unterschrift unter einen neuen Kauf-/Verkaufsvertrag oder unter den Halbjahresbericht mit neuem Rekordumsatz wie aktuell?

Johannes Laumann: Definitiv die Unterschrift unter einen neuen Vertrag. Es ist ein geiles Gefühl, wenn am Ende eines Prozesses die erfolgreiche Unterschrift steht und wir einmal mehr beweisen können, dass wir als Team einen verdammt guten Job gemacht haben.

Welcher Deal war Ihr Highlight im laufenden Jahr und warum?

Die Akquisition des Non-Filtration-Geschäfts von Mann+Hummel. Nicht nur, weil wir eine großartige Transaktion gemacht haben, sondern vor allem weil die Gesellschaft gemeinsam mit LMS und SFC zu einem bedeutenden Player im Bereich Plastik-Spritzguss mit mehr als einer Milliarde Umsatz weltweit werden kann, an dem wir als Mutares und natürlich auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre 2024/2025 jede Menge Spaß haben werden. Mit Mathieu Purrey haben wir für den Bereich Automotive ein absolutes Schwergewicht und ich freue mich auf den Marktreturn und die gemeinsame Erfolgsstory dieser drei Gesellschaften.

Bei den jüngeren Zukäufen waren mehrere Firmen aus dem Bereich der Energieversorgung dabei, ist das grundsätzlich ein Segment, das bei Mutares künftig eine größere Rolle spielen wird?

Ich würde das nicht zu sehr gewichten und generalisieren. Allerdings wird aufgrund der aktuellen geopolitischen Entwicklung der Sektor Energie deutlich an Fokus zu gewinnen. Dieser Entwicklung haben wir mit diesen Zukäufen Rechnung getragen.

Das Automotive-Geschäft war vor allem im zweiten Quartal schwierig, wie man auch an den Zahlen der OEMs sehen konnte. Wie herausfordernd ist es für Mutares, diese Situation in den entsprechenden Beteiligungen zu managen?

Der Bereich Automotive & Mobility ist mit Sicherheit die größte Herausforderung im aktuellen Portfolio. Ausfallende Schichten, geringere Volumina, Preisdruck beim Rohmaterial: Das Geschäft wird aktuell mit voller Härte getroffen. Wir haben unsere Firmen früh genug vorbereitet und ziehen alle Register, um uns durch diese Zeit zu manövrieren. Allerdings erwarte ich, dass im September, Oktober und November hohe Abrufe und damit viel Geschäft auf uns zukommt.

Auf operativer Ebene stehen alle Beteiligungen einem bunten Strauß an Herausforderungen gegenüber - gestörte Lieferketten, Rohstoff- und Vorproduktverfügbarkeiten, steigenden Preisen, verzögerten oder verschobenen Kundenabrufen etc. Wo sehen Sie aktuell für Sie die größten Herausforderungen?

Aktuell eine der größten Herausforderungen ist, dass die Tage nur 24 Stunden haben, aber Spaß beiseite. Neben einer prall gefüllten Pipeline auf der Kauf- und Verkaufsseite fordern uns die diversen externen Effekte in den Portfoliogesellschaften immens. Speziell die gestiegenen Energiepreise und die Teileverfügbarkeit sind tägliche Herausforderungen, denen sich alle Branchen stellen müssen. Aktuell am schwierigsten ist sicherlich wie erwähnt die Situation im Bereich Automotive & Mobility.

Umgekehrt nannten Sie im Halbjahresbericht auch Firmen, bei denen es besser als erwartet läuft. Was sehen Sie als Erfolgsfaktor dafür, gerade im aktuellen Konjunkturumfeld?

Hier kann man leider keine magische Erfolgsformel anbringen. Sicherlich hatten wir bei Firmen wie Terranor, La Rochette oder auch Frigoscandia Rückenwind von der Marktseite, aber auch unsere erfolgreich umgesetzten Restrukturierungsmaßnahmen haben eine stabile Basis geschaffen, auf der wir nun aufbauen und bereits auch die ersten Früchte ernten. Mein operatives Team hat hier einen super Job gemacht und wir haben mehr als einhundert Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich in unseren Portfoliounternehmen sind, um diese jeden Tag ein Stück besser zu machen.

Auf der Exit-Seite gab es zuletzt marktbedingte Verzögerungen, beispielhaft die Verschiebung des Nordec-IPOs bei der Tochter Donges Group. Sie hatten auch selbst in den Raum gestellt, dass sich die Prozesse wegen diverser Faktoren in die Länge ziehen. Hat sich daran etwas geändert bzw. gibt es aussichtsreiche Exit-Kandidaten für das zweite Halbjahr? Welche Pläne haben Sie nun mit Nordec?

Ich versuche mal, die Antwort zu teilen und die Auswirkungen aufzuzeigen. Mit den erfolgreichen Zahlen zum ersten Halbjahr haben wir bewiesen, dass wir mit unseren Einkommensströmen Beratungsumsatz und Portfoliodividenden bei einer Run-Rate von ca. 30 Millionen Euro Nettoergebnis für das Jahr herauskommen. Um unsere Guidance für das Jahr 2022 zu erreichen, brauchen wir folglich zusätzliche Erträge aus Exits und daran arbeiten wir. Einer dieser Exits kann die Nordec sein, bei der wir aktiv am Markt sind, genau wie bei noch weiteren Gesellschaften, die wir in der Harvesting-Phase haben. Genaueres kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, aber wir werden dieses Jahr noch erfolgreiche Exits tätigen, davon bin ich überzeugt.

Das Marktumfeld an der Börse hat sich etwas aufgehellt. Planen Sie, sofern sich diese positive Entwicklung fortsetzt, die ursprünglich geplante Anleiheemission wieder auf die Agenda zu setzen?

Wir hatten uns vor dem Sommer entschieden, zu den am Markt möglichen Konditionen eine Anleiheplatzierung nicht durchzuführen. Selbstverständlich beobachten wir weiterhin permanent die Marktentwicklung, sehen aber im Vergleich zu vor dem Sommer noch keine wesentliche Veränderung. Generell werden wir aber das Thema Anleihe weiterverfolgen und ich bin mir auch sicher, dass das Instrument Anleihe für uns mittel- und langfristig sehr geeignet ist.

Zum Abschluss: Die Dividende bei Mutares ist ein vielbeachtetes Investitionskriterium für Anleger. Die Kontinuität ist gegeben, trotz der außergewöhnlichen externen Belastungen?

Aktuell ist es noch zu früh, um über die Dividende für 2022 zu sprechen. Aber die Tatsache, dass Vorstand und Aufsichtsrat weiterhin mit mehr als 35 Prozent an Mutares beteiligt sind, und wir als Vorstände alle angefangen haben, Anteile an unsere Kinder zu übertragen, sollte unseren Aktionärinnen und Aktionären zeigen, dass wir nachhaltig an Mutares und eine attraktive Dividendenrendite glauben.

Herr Laumann, vielen Dank für das Interview!