Viele Anleger stiegen am Donnerstag aus ihren Aktien-Engagements aus und in die als weniger riskant geltenden Staatsanleihen ein. Die Aktienindizes Dax und EuroStoxx50 verloren bis zum Nachmittag 1,4 Prozent auf 10.078 Punkte und ein Prozent auf 2988 Zähler.

Vielen Anlegern seien Dax-Aktien auf dem aktuellen Niveau zu teuer, schrieb Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets. "Kauft man jetzt, holt man sich das Risiko eines Austritts Großbritanniens aus der EU ins Depot. Kommt die Korrektur, wenn die Briten für den Brexit stimmen, kann man höchstwahrscheinlich deutsche Aktien zu günstigeren Kursen erwerben."

Die Unsicherheit verstärkte den Run in als sicher geltende Anlagen wie Staatsanleihen. Dies drückte die Rendite der zehjährigen britischen Gilts auf nur noch knapp über 1,22 Prozent - einem Rekordtief. Auch die Verzinsung der für die Euro-Zone richtungsweisenden deutschen Bundesanleihen liegt inzwischen nur noch knapp über null Prozent und damit so niedrig wie noch nie. Börsianer schließen eine negative Rendite in naher Zukunft nicht aus.

ENTTÄUSCHUNG ÜBER PASSAGIERZAHLEN DRÜCKT LUFTHANSA



Im Dax standen RWE mit einem Plus von rund einem halben Prozent als einziger Wert auf der Gewinnerliste. Seit Tagen profitieren die Versorgeraktien von der Aussicht auf eine Aufspaltung der Konzerne. Am Mittwoch hatten sich die Aktionäre von E.ON hinter die Pläne gestellt. Neben der Aufspaltung spreche ein mögliches Ende der Rückstellungsdiskussion für die Aktie, erklärte DZ-Bank Analyst Werner Eisenmann. "Gegen ein Investment spricht insbesondere die Unsicherheit über eine Kapitalerhöhung, aber auch die Risiken bezüglich der Russland- und Türkei-Aktivitäten sowie das Brexit-Referendum."

E.ON wurden mit einem Dividendenabschlag von 0,50 Euro gehandelt und fielen um insgesamt 66 Cent und damit um sieben Prozent. Händler erklärten, einige Anleger machten Kasse, nachdem die Titel am Vortag 3,5 Prozent gewonnen hatten.

Enttäuschung herrscht bei Lufthansa -Anlegern nach einem schwachen Mai-Geschäft. Die Fluggesellschaft beförderte im Mai weniger Fluggäste, auch das Preisumfeld sei rückläufig gewesen. Die Aktien fielen um bis zu 3,4 Prozent auf 11,76 Euro - den tiefsten Stand seit achteinhalb Monaten.

"SELL ON GOOD NEWS" BEI REMY COINTREAU



In Wien schossen die Aktien des Wohnungskonzerns Buwog um mehr als zehn Prozent auf ein Rekordhoch von 20,25 Euro. Anleger freuten sich über klare Verhältnisse in der Eigentümerstruktur: Der frühere Mutterkonzern Immofinanz verkaufte einen Teil seiner Beteiligung an dem Wohnungskonzern an die Investmentfirma Sapinda. Titel von Immofinanz stiegen um 1,3 Prozent.

In Paris trennten sich Anleger von Aktien des französischen Spirituosen-Herstellers Remy Cointreau, obwohl dieser einen Gewinnanstieg für das abgelaufene Geschäftsjahr (per Ende März) bekannt gab. Die Titel gaben 3,9 Prozent ab. Anleger machten nach der Kursrally von 16 Prozent seit Jahresbeginn Kasse, sagten Marktteilnehmer. Die Aktien seien mittlerweile im Vergleich zu Mitbewerbern auch als teuer zu bewerten, sagte Fondsmanager Gregoire Laverne vom Investmenthaus Roche Brune.