Das erste volle Jahr an der Börse liegt hinter Nagarro - und was für eins. Um mehr als 110 Prozent legte der Kurs der Allgeier-Ausgründung im vergangenen Jahr zu. Damit liegt der Münchner Software-Entwickler an der Spitze des HDAX. Und es spricht viel dafür, dass sich die Erfolgsgeschichte fortsetzt.

Bis vor zwölf Monaten dürften bis auf einige Branchenspezialisten nur wenige Börsianer von Nagarro gehört haben, auch wenn das Unternehmen schon auf eine längere Geschichte zurückblickt. Mitte der 90er-Jahre wurde Nagarro unter anderen von Manas Fuloria und Vikram Sehgal in den USA gegründet. Beide sind noch heute Mitglieder des Vorstands. 2011 übernahm der deutsche IT-Dienstleister Allgeier den Software-Entwickler und entließ ihn Ende 2021 wieder in die Eigenständigkeit mit eigener Börsennotierung. Firmensitz der Gesellschaft wurde München. Das Unternehmen ist mit Niederlassungen in fast 30 Ländern sehr international unterwegs. Im Senior Management sind 16 Nationalitäten vertreten.

Kaum Standard-Software

In der Regel entwickeln von Auftrag zu Auftrag oft neu zusammengestellte kleine Teams von acht bis zehn Personen Software für besondere Anforderungen ihrer Kunden. Dabei geht es häufig nicht nur darum, einen analogen Prozess ins Digitale zu übersetzen und abzubilden, sondern die Arbeitsweise mithilfe eigens entwickelter Software zu transformieren, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Dabei setzt Nagarro nach eigenen Angaben nur zu rund zehn Prozent auf gängige Standardsoftware, der große Rest sind Eigenentwicklungen. Das Unternehmen versteht sich als Innovationspartner seiner Kunden. Weil es oft um die digitale Transformation des Kerns der Geschäftsmodelle geht, ist neben der IT-Kenntnis auch die Branchenexpertise der Software-Entwickler entscheidend.

Den größten Anteil am Umsatz mit 18 Prozent macht Nagarro im Bereich Automobilbau und mit der Industrie, gefolgt von Kunden aus dem Einzelhandel mit 14 Prozent sowie der Finanz- und Versicherungsbranche, die immerhin noch für zwölf Prozent des Umsatzes verantwortlich ist. Daneben sind die Münchner noch in zehn weiteren Branchen mit Umsatzanteilen zwischen zehn und sechs Prozent aktiv.

Die wichtigsten Kundenmärkte sind die USA mit 36 und Europa mit 34 Prozent des Umsatzes. In Deutschland werden mehr als 20 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Wachstumspotenzial hat Nagarro in den USA ausgemacht. Dort hatten die Münchner zuletzt im Oktober die IT-Beratungsfirma Advanced Technology Consulting Service (ATCS) für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag zugekauft.

Engpass Mitarbeiter

Allerdings bremst der Mangel an Mitarbeitern das Wachstum von Nagarro. Die Nachfrage hätte noch höhere Umsatzsteigerungen zugelassen. Personal ist knapp in der IT-Branche. Steigende Gehälter sind die Folge, aber nicht nur. Die Anstrengungen, passende Mitarbeiter zu finden, müssen verstärkt werden. Auch das kostet Geld. So hat Nagarro im vergangenen Jahr allein 300 Rekrutierer eingestellt, Mitarbeiter also, deren Aufgabe es ist, weltweit Arbeitskräfte zu finden und einzustellen. Der Erfolg blieb nicht aus. Im dritten Quartal nahm die Belegschaft netto um mehr als 1.100 Personen zu. Ein Kraftakt bei insgesamt rund 12.000 Mitarbeitern. Geholfen haben sicher die größere Wahrnehmbarkeit und das Renommee einer börsennotierten Gesellschaft.

Branchenexperten trauen dem Software-Entwickler ein weiteres sehr gutes Jahr zu. Umsatz und operativer Gewinn (Ebitda) dürften den Schätzungen zufolge noch stärker steigen als 2021, als es um rund 23 beziehungsweise zwölf Prozent nach oben ging. Beim Nettoergebnis wäre sogar ein Plus von mehr als 50 Prozent drin.
 


INVESTOR-INFO

Nagarro

Jenseits des Standards

Die wesentlichen Unternehmenskennzahlen weisen alle nach oben. Individuelle Software-Lösungen liegen im Trend. Der Löwenanteil von rund 90 Prozent des Umsatzes wird mit Bestandskunden erzielt und spricht für deren Zufriedenheit. Das Unternehmen ist weltweit auf lukrativen Märkten und in vielen Branchen aktiv. Das stellt die Wachstumsgeschichte auf eine breite Basis. Zudem hat Nagarro die Wachstumsbremse Mitarbeitermangel ein gutes Stück weit gelöst. Die Aktie ist ein Kauf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 230,00 Euro
Stoppkurs: 155,00 Euro