Nemetschek ist vor allem auf große Teile der Wertschöpfungskette im Bauwesen ausgerichtet, etwa mit Konstruktions-, Design- und Bauplanungssoftware. Diese Angebote machen den Löwenanteil des Geschäfts aus, die Sparten Design und Build stehen für rund 85 Prozent des Gesamterlöses.

Allerdings wächst die Sparte mit Programmen für die Medien- und Unterhaltungsindustrie am schnellsten, in der Nemetschek unter anderem 3D-Animationssoftware für die Videospiel- und Filmindustrie anbietet. Analysten sehen Nemetschek hier auch gut aufgestellt, um vom Hype-Thema "Metaverse" zu profitieren, also der Virtualisierung vieler Abläufe in Beruf und Freizeit.

Überraschend ambitionierte Ziele


Für das laufende Jahr nimmt sich Nemetschek nun überraschend viel vor. Der neue Vorstandschef Yves Padrines will die Gangart beim MDax-Konzern hochhalten und in den kommenden Jahren auch den Vertrieb und den Einsatz neuer Technologien ausbauen.

Der Umsatz des Konzerns soll 2022 währungsbereinigt zwischen 12 und 14 Prozent zulegen, teilte Nemetschek mit. Experten hatten zuletzt für 2022 einen Umsatzanstieg um rund 10 Prozent auf dem Zettel. Die operative Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen plant das Management zwischen 32 und 33 Prozent ein. Auch hier rechneten Analysten bislang mit weniger. Allerdings stellte der Konzern die Prognose unter den Vorbehalt, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht bedeutend verschlechtern, insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Krieg.

"Mein Anspruch ist es, die nächste Wachstumsphase einzuläuten", sagte Padrines. Dazu sollen in den kommenden Jahren die Vertriebskraft deutlich gestärkt und neue Technologien gezielt eingesetzt werden. Der Digitalisierungsgrad der Kundenbranchen sei noch immer niedrig, das Wachstums- und Ertragspotenzial daher weiterhin riesig, so der CEO.

Einschätzung zur Nemetschek-Aktie


Der MDax-Wert war zuletzt deutlich in die Bredouille gekommen, weil sich Profiinvestoren angesichts steigender Kapitalmarktzinsen zunehmend skeptischer gegenüber der Tech-Branche gezeigt hatten. Bevor sich im Januar die Stimmung eintrübte, war die Nemetschek-Aktie Anfang des Jahres noch über 111 Euro wert gewesen, rutschte aber schon vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs unter 80 Euro.

Am Dienstag reagieren die Aktien von Nemetschek mit einem prozentual zweistelligen Kurssprung auf die unerwartet hohen Zielsetzungen des Software-Unternehmens. Mit dem Anstieg auf zeitweise 92,50 Euro notieren sie am Vormittag an der Spitze der MDax-Werte. Der Anstieg über die 200-Tage-Linie, die bei 86,30 Euro verläuft, ist jedoch noch nicht nachhaltig. Erste vorsichtige Käufe könnten lohnen. Ein Kaufsignal wäre bei 91,50 Euro gegeben. Dann wäre der Weg frei Richtung Jahreshoch bei 113 Euro.

mmr mit dpa-AFX