Die USA investieren in Windparks. Das bekommt der Windanlagenbauer Nordex zu spüren: Der Auftragseingang im zweiten Quartal lag mit rund zwei Gigawatt doppelt so hoch wie im Vorjahr. Zur Einordnung: Zwei Gigawatt entsprechen knapp der Leistung eines mittleren Atomkraftwerks in zwei Jahren. An der Börse sorgte die Nachricht für Begeisterung, die Aktie stieg prozentual zweistellig.

60 Prozent der Aufträge des zweiten Quartals kommen aus den USA. Hier hat die Leistung erneuerbarer Energieanlagen im Juni die von Kohle überholt. In Texas etwa sollen binnen zwölf Monate ins­gesamt 138 Windräder der neuen Nordex-Reihe Delta 4.000 errichtet werden. Sie erzeugen jährlich eine Gesamtleistung von 480 Megawatt.

Der Auftragsbestand der Norddeutschen liegt inzwischen bei 5,7 Gigawatt. Commerzbank-Analyst Sebastian Growe etwa hatte mit 3,7 Gigawatt gerechnet, er stufte die Aktie nach der Überraschung auf "Kaufen" hoch. Die hohe Akzeptanz der neuen Turbine lege nahe, dass die Zahl der Orders weiter steigen werde, so der Analyst. Ordentlich ist die Auftragslage des Unternehmens auch in Europa, wo die Produktionskosten für Strom aus grünen Quellen wie Sonne und Wind erstmals unter denen von Kohle, Gas und Atomkraft liegen.

Für Nordex ist das eine Chance, aber auch eine Herausforderung. Die Firma muss beweisen, dass sie sich im Windboom nicht nur Aufträge sichern, sondern sie auch in profitables ­Geschäft umwandeln kann.

Boom in zweiter Jahreshälfte


Denn jenseits der bereits soliden Auftragslage im ersten Quartal waren die Zahlen auf den ersten Blick desaströs. Der Umsatz ging um gut 18 Prozent auf 399 Millionen Euro zurück, das operative ­Ergebnis brach von 20 Millionen Euro im Vorjahr auf 3,3 Millionen ein. Die Marge lag bei lediglich 4,1 Prozent, zum Jahresanfang 2019 sogar nur bei 0,8 Prozent.

"Die Entwicklung im ersten Quartal verlief wie von der Nordex Group prognostiziert", hieß es dazu nur knapp aus dem Unternehmen. Ursächlich sei eine geringere Anzahl an Windturbinenerrichtungen. Diese folgen den Zeitplänen der einzelnen Kundenprojekte. Die ausführlichen Zahlen für die Monate April bis Juni will Nordex Mitte August veröffentlichen. Anleger sollten hier noch nicht allzu viel erwarten.

In der zweiten Jahreshälfte könnte das Geschäft aber anziehen. Ein Anstieg der Installationen weltweit sei geplant, heißt es aus Hamburg. Hinzu kommt, dass sowohl Produktion als auch Projektdurchführung effizienter aufgestellt wurden. Das ist auch notwendig, wenn Nordex die für 2019 anvisierte Marge zwischen drei und fünf Prozent erreichen will.

Die Deutschen müssen sich schließlich gegen Konkurrenz aus Asien behaupten, die mit günsti­geren Produkten auf die Märkte drängt. Gerüchtehalber sollen chinesische Investoren an der On­shore-Technologie der Norddeutschen interessiert sein. Der spanische Großaktionär Acciona, der knapp 30 Prozent der Anteile hält, soll nach potenziellen Käufern Ausschau halten. Das weckt Übernahmefantasie.

Impulse: Die Aktie hat trotz ­gestiegener Bewertung noch Luft nach oben. Bessere Zahlen bis ­Jahresende könnten Impulse liefern.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 18,00 Euro
Stoppkurs: 11,00 Euro