Wird ProSiebenSat.1 übernommen? Eine rätselhafte Ankündigung der italienischen Medienholding MFE lässt Aktionäre aufhorchen. Und auf welcher Seite steht der neue ProSiebenSat.1-Chef Habets? Von Wolfgang Ehrensberger

Die Medienholding der Familie Berlusconi hat offenbar einen erneuten Anlauf unternommen, ihre Macht beim deutschen Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 auszubauen. Dazu meldete sie in Österreich den Erwerb der „faktischen alleinigen Kontrolle“ über den deutschen TV-Konzern an, wie aus einer Meldung der österreichischen Wettbewerbsbehörde hervorgeht. Was das genau bedeutet, blieb zunächst unklar. Nach zuletzt vorliegenden Informationen kontrolliert die Berlusconis Holding MediaForEurope (MFE) direkt und über Finanzinstrumente 29 Prozent an ProSiebenSat.1. Ab einer Beteiligung von 30 Prozent wäre ein Übernahmeangebot für den deutschen Konzern fällig. 

Nur ein "technischer Vorgang"?

Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte am Montag Brancheninsider, die von einem „technischen Vorgang“ sprachen. MFE plane demzufolge nicht, „in absehbarer Zeit“ die Mehrheit zu übernehmen. Finanzkreisen zufolge signalisiert der Vorstoß dennoch, dass MFE seinen Einfluss bei ProSiebenSat.1 weiter ausbauen will und dabei möglicherweise auch einen größeren Konzernumbau und die Trennung von Randaktivitäten anstrebt.

Anfang November hatte MFE ihren Anteil an dem Münchner TV-Konzern direkt und über Finanzinstrumente auf 29 Prozent ausgebaut. MFE strebt seit längerem größeren Einfluss auf ProSiebenSat.1 an, um den deutschen Medienkonzern stärker in den eigenen Firmenverbund einzubinden. Der Großaktionär sieht zudem Defizite bei der digitalen Transformation. Die Münchner Sendergruppe hatte sich allerdings bislang gegen eine Kooperation ausgesprochen und ihre Unabhängigkeit betont.


MFE: "Wir wollen Veränderung"

Unklar ist auch, ob sich an dieser Haltung unter dem neuen ProSiebenSat.1-Chef, dem Niederländer Bert Habets, etwas ändert. Der frühere Chef Rainer Beaujean hatte die MFE-Pläne vehement abgelehnt. MFE-Finanzvorstand Marco Giordani hatte kürzlich die Erwartung eines Kurswechsels unter der neuen Führung geäußert. „Wir hoffen, dass die neue Strategie eine Veränderung gegenüber der Vergangenheit markiert“, sagte Giordani. „Wir haben nicht wirklich gesehen, dass ProSieben sich den großen Herausforderungen stellt, vor denen die Branche steht: dem Rückgang der Zuschauerzahlen, der digitalen Transformation ... und der Notwendigkeit der Skalierung, um mit den digitalen Giganten konkurrieren zu können“, sagte Giordani.

ProSiebenSat.1 bewegt sich derzeit in einem schwierigen Marktumfeld mit rückläufigen Werbeumsätzen. Auch MFE steht unter Druck und meldete in den ersten neun Monaten einen Gewinneinbruch von 65 Prozent. MFE wird von Pier Silvio Berlusconi geführt, dem 53jährigen Sohn des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. MFE strebt einen internationalen Senderverbund an, um sich gegen Streaming- und Videodienste zu positionieren.

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: ProSiebenSat.1 Media