Eigentlich sind die Voraussetzungen für RWE nicht schlecht. Die Essener zählen zu den fünf führenden Strom- und Gasanbietern in Europa. Neben der Förderung von Öl sowie Gas und Braunkohle betreibt der Konzern Kraftwerke und ist auch am Transport und der Vermarktung von Strom und Gas beteiligt. In Deutschland ist RWE die Nummer eins bei der Stromerzeugung, in den Niederlanden und Großbritannien reicht es für Platz zwei und drei.

Das Problem: Mit einem Anteil von 60 Prozent an der Stromerzeugung ist Kohle der wichtigste Energieträger. Nach Angaben von Warburg Research ist die spezifische CO2-Emission die höchste unter den europäischen Versorgern. Während Konkurrent E.ON die Herausforderungen der Energiewende allmählich in den Griff bekommt, ist RWE bisher weniger flexibel und verfolgt eher eine Politik der kleinen Schritte. Hier wirkt sich nicht nur die hohe Abhängigkeit von der Braunkohle negativ aus, sondern auch der starke Einfluss kommunaler Aktionäre, die an einer hohen Dividende interessiert sind und der Erhaltung von Arbeitsplätzen im Ruhrgebiet.

Trotz der Sanktionen des Westens gegen Russland wurde immerhin vor wenigen Tagen der Dea-Verkauf unter Dach und Fach gebracht - ein erster Befreiungsschlag. Ende September kam der Konzern auf eine Nettoverschuldung von 30 Mrd. Euro. Mit dem Verkauf für fünf Mrd. Euro kann RWE seine Verschuldung reduzieren und neue Geschäftsmodelle etablieren. Dennoch zeigt der Deal, dass Aktionäre einen langen Atem brauchen. RWE hatte den Dea-Verkauf im März 2014 angekündigt.

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Starke Dividende ist nicht überzeugend

Mit einer Dividendenrendite von gut vier Prozent steht RWE zwar auf dem dritten Rang im DAX-Ranking. Nüchtern betrachtet spendet die Verzinsung vor dem Hintergrund der schwachen Kursentwicklung - ein wesentlicher Grund für die hohe Rendite - aber nur kleinen Trost. In den vergangenen Jahren hat die Aktie selten den Dividendenabschlag wieder aufgeholt. Auch Anleger die zur Hauptversammlung 2014 eingestiegen sind, sitzen aktuell unter Berücksichtigung der Dividende auf Verlusten.

Bleibt die Frage, ob das Management an steigende Kurse glaubt. Die jüngsten Insidertransaktionen lassen Zweifel aufkommen. Im vergangenen Monat kauften zwar die Aufsichtsratsmitglieder Frithjof Kühn, Ekkehard Schulz, Dagmar Schmeer und Werner Brandt Aktien im Volumen zwischen 28.000 bis 48.000 Euro. Allerdings erfolgten diese nur im Rahmen der Selbstverpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder. Vorstandschef Peter Terium orderte am 19. Januar für 40.000 Euro RWE-Aktien, verkaufte am gleichen Tag aber noch für rund 65.000 eine höhere Stückzahl.

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Auch auf charttechnischer Ebene besteht derzeit nur das Prinzip Hoffnung. Immerhin zeigt sich seit Anfang 2011 im Bereich um 20,40 bis 21,50 Euro eine erhöhte Nachfrage, auf diesem Niveau wird die Aktie offenbar als attraktiv eingestuft. Eine erfolgreiche Bodenbildung liegt aber nicht vor, dafür müsste der Kurs mindestens über 37 Euro steigen. Solange die Grenzen nicht verletzt werden, bleibt das Szenario einer Seitwärtsbewegung zu favorisieren.

Da die Aktie derzeit eher am unteren Ende der Range angekommen ist, erscheinen Capped-Optionsscheine vorteilhaft, mit denen auch über eine Seitwärtsbewegung verdient werden kann. Die WKN PS1RGK bietet einen Capped bei 19 Euro und liegt somit noch unter der erwähnten Haltezone der vergangenen Jahre. Sollte die Aktie zur Fälligkeit im September 2015 auf oder über dieser Marke liegen, erzielt der Anleger eine Rendite von 13,6 Prozent oder 21 Prozent p.a. Ab Kursen von weniger als 17 Euro würde der Schein wertlos verfallen.



















Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar".

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