"In der konventionellen Stromerzeugung verschlechtern sich die Rahmenbedingungen schneller, als wir gegensteuern können", räumte Vorstandschef Peter Terium auf der Bilanzpressekonferenz ein. Ursache hierfür seien die wegen des Ökostromausbaus und der Überkapazitäten der Kraftwerke stark gefallenen Strom-Großhandelspreise. Während RWE bereits 2013 hohe Abschreibungen auf seine Anlagen vornahm, steht dies E.ON noch bevor. Der Konzern könnte am Mittwoch einen Rekordverlust von rund drei Milliarden Euro präsentieren.

"Die wirtschaftliche Situation in der konventionellen Stromerzeugung ist dramatisch", sagte Terium in Essen. Die Lage sei im vergangenen Jahr noch deutlich schlechter geworden. "Inzwischen sind es 35 bis 45 Prozent unserer konventionellen Kraftwerke, die unter den gegebenen Marktbedingungen kein Geld mehr verdienen." Vor allem wegen des Einbruchs der Tochter RWE Generation fiel das Betriebsergebnis 2014 um ein Viertel auf vier Milliarden Euro. Terium erwartet 2015 einen weiteren Rückgang auf bis zu 3,6 Milliarden Euro.

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TERIUM: WIR LEGEN BEI KRAFTWERKEN GELD DRAUF

Unter dem Strich konnte RWE im vergangenen Jahr einen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro verbuchen, nachdem 2013 wegen hoher Abschreibungen auf Kraftwerke ein Verlust von 2,8 Milliarden Euro angefallen war. Für 2014 sollen die Aktionäre wie von Reuters bereits berichtet eine Dividende auf der Vorjahreshöhe von einem Euro je Aktie erhalten. Die RWE-Aktien notierten dennoch zeitweise fast zwei Prozent im Minus. "Die Anleger genießen die Zahlen von RWE mit Vorsicht. Selbst wenn nun unter dem Strich ein Nettogewinn steht, bleiben die Investoren lieber auf der sicheren Seite", sagte ein Händler.

Terium konzentriert sich nicht nur auf eine Verbesserung des Kraftwerksgeschäfts, in dem er mit Kostensenkungen beim Betrieb und der Stilllegung von Anlagen für Erleichterung sorgen will. Die Kraftwerke seien ohnehin nur eines von vier Standbeinen des Versorgers. "In den Bereichen Vertrieb, Netze sowie erneuerbare Energien eröffnet uns die Energiewende neue Wachstumschancen - und die wollen und werden wir nutzen." RWE versorgt insgesamt rund 23 Millionen Kunden mit Strom und Gas.

Die über Jahre hochgepäppelte Ökostromtochter Innogy soll von 2015 bis 2017 ihr Ergebnis im Jahresdurchschnitt um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag steigern. Sie hatte 2014 ein Betriebsergebnis von 186 Millionen Euro erzielt - im Vergleich zu der knappen Milliarde des Kraftwerksgeschäfts eine kleine Summe. Im Konzern gibt es Überlegungen, beide Geschäfte zusammenzulegen. Nach den Milliardeninvestitionen der vergangenen Jahre soll Innogy nun unter anderem von neuen Windparks in der Nordsee profitieren.

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RWE FÄHRT INVESTITIONEN ZURÜCK - KEINE SPENDIERHOSEN MEHR

"Mittelfristig wollen wir RWE wieder auf Wachstumskurs bringen, ohne unsere strikte finanzielle Disziplin aus den Augen zu verlieren", kündigte Terium an. Der Niederländer führt den Konzern seit 2012, der Aufsichtsrat verlängerte seinen Vertrag gerade bis 2021. Der RWE-Chef will auch mit neuen Einsparungen gegensteuern. Bis 2017 sollen die Kosten gegenüber 2012 um zwei Milliarden Euro gesenkt werden - 500 Millionen Euro mehr als zuletzt geplant. RWE drückt wie E.ON ein Schuldenberg von 31 Milliarden Euro. Für Erleichterung soll der Verkauf der Öl- und Gasfördertochter Dea sorgen. Die Essener veräußerten trotz politischer Widerstände in Großbritannien die Tochter für 5,1 Milliarden Euro an eine Gruppe russischer Investoren. Auf der Verkaufliste steht noch der mit E.ON gehaltene Anteil an der Uranfirma Urenco.

Mit Beteiligungsverkäufen im Volumen von 20 Milliarden Euro hat auch E.ON-Chef Johannes Teyssen in den vergangenen Jahren versucht, die Branchenkrise zu kontern. Zugleich pumpte der größte deutsche Versorger hohe Summen ins Ausland. Doch das Russlandgeschäft läuft wegen des schwachen Rubels zurzeit nicht rund, das Brasiliengeschäft überhaupt nicht. Das Kraftwerksgeschäft mit Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken will E.ON 2016 abspalten und sich auf den Ökostrom konzentrieren.

Vorher müssen die Düsseldorfer aber noch Milliardensummen auf ihre Kraftwerke abschreiben. Damit dürfte RWE die "Rote Laterne" aus dem Jahr 2013 nun an E.ON abgeben. Von Reuters befragte Analysten rechnen bei E.ON am Mittwoch mit einem Verlust von über drei Milliarden Euro. Dies wäre nicht nur der höchste Verlust in der Geschichte E.ON, sondern der höchste eines börsennotierten Versorgers in Deutschland überhaupt.

Reuters