Börsianer sprachen von einem hohen Preis für einen Anbieter von Software zum Buchen und Abrechnen von Dienstreisen mit 23.000 Firmenkunden. Analysten sehen in dem boomenden Cloud-Geschäft zwar langfristig ein großes Potenzial für den Marktführer für Firmensoftware, Anleger rechnen auf kurze Sicht aber mit weniger Gewinn vom Umsatz.

SAP setzt immer stärker auf den Verkauf von Software, die nicht fest auf Rechnern installiert, sondern über das Internet gegen eine Miete genutzt wird. Das verspricht im Unterschied zum klassischen Verkauf von Software-Lizenzen stetigere Einnahmen, ist aber zunächst weniger rentabel. In dieses sogenannte Cloud-Geschäft sind die Walldorfer vor zwei Jahren mit mehreren milliardenschweren Übernahmen eingestiegen.

Dieses Jahr soll eine Milliarde Umsatz bei Gesamterlösen von mehr als 17 Milliarden Euro aus der Sparte kommen, die als Zukunftsmarkt gilt. Denn die für die Kunden günstigere Mietsoftware verdrängt zunehmend die profitableren über Lizenzen verkauften Programme. Gemessen am Umsatz mit Cloud-Diensten sind die Walldorfer die Nummer zwei nach dem US-Konkurrenten Salesforce, aber vor dem Erzrivalen Oracle oder IBM. Im vergangenen Jahr stammten 4,5 Prozent des SAP-Umsatzes aus dem Geschäft. Bis 2017 sollen es 15 Prozent sein. Dieses Ziel hebt SAP nach dem Zukauf an, wie Konzernchef Bill McDermott betonte.

Viele reine Cloud-Anbieter erwirtschaften derzeit noch keinen Gewinn und investieren in den Ausbau ihrer Kundenbasis. Concur hat mit Lösungen, die alle Anbieter rund um Dienstreisen von der Fluggesellschaft bis zum Restaurant vernetzen, im vergangenen Jahr vor Steuern 76,3 Millionen Dollar verdient - bei einem Umatz von 546 Millionen Dollar. Analysten erwarten nach Reuters-Daten im laufenden Geschäftsjahr im Schnitt einen Gewinnrückgang.

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SAP-CHEF: GANZ GROSSE SACHE

Viel wichtiger als der Gewinn ist SAP bei dem Zukauf aber die breite Nutzerbasis in mehr als 150 Ländern, wie Vorstandschef McDermott erklärte. "Bei diesem Netzwerk-Effekt haben wir hier eine ganz große Sache, Leute", sagte er. Zusammen mit Concur würden über SAP jährlich 50 Millionen Nutzer mittels Cloud-Anwendungen 600 Milliarden Dollar an Transaktionen ablaufen lassen. McDermott zufolge ist das mehr als Amazon, Ebay und Alibaba zusammen. SAP allein hatte zuletzt 38 Millionen Cloud-Nutzer.

Das ist SAP einen Aufschlag von 20 Prozent auf den Schlusskurs vom Vortag wert, den Concur-Aktionäre einstreichen können, wenn sie das Angebot annehmen. Seit Jahresbeginn ist die Concur-Aktie stark gesunken - unter anderem, weil die US-Amerikaner weniger Gewinn vom Umsatz eingestrichen haben. Das Problem schrumpfender Margen treibt auch SAP-Aktionäre um. Zu Jahresbeginn erst hatte SAP das Renditeziel von 35 Prozent wegen des Ausbaus des noch kaum rentablen Cloud-Geschäfts von 2015 auf 2017 verschoben.

"Unser Tipp ist, dass sie es nicht schaffen und diese Akquisition den Grundstein für eine weitere Margenerosion legt", erklärte Daud Khan, Analyst von der Bank Berenberg. Die Aktie war am Freitag mit einem Rückgang von 3,6 Prozent auf 57,70 Euro größter Verlierer im Dax. Die Anteilsscheine von Concur verteuerten sich dagegen in New York außerbörslich um 19 Prozent auf 128,60 Dollar.

Die 1993 gegründete Firma Concur beschäftigt 4200 Mitarbeiter. Mit 84 Prozent kommt ein Großteil der Kunden aus den USA. Dazu gehört auch die US-Regierung, erklärte Concur-Chef Steve Singh. Dank SAP mit gut 260.000 Kunden weltweit soll die Reise-Software stark wachsen. "Wenn man die Bedürfnisse der US-Regierung erfüllt, kann man auch die von allen anderen Regierungen weltweit erfüllen", sagte Singh.

Für seine Dienste vernetzt Concur viele Firmen im Reisegeschäft, wie Fluggesellschaften, die Kreditkartenfirma American Express oder den Mitfahrdienst Uber, der in Deutschland mit seiner Konkurrenz zum traditionellen Taxigewerbe gerade hohe Wellen schlägt. McDermott sieht hier großes Potenzial. Denn nur 30 Prozent der Concur-Kunden setzten bisher SAP-Lösungen ein.

Reuters