Bei SAP ist die Kommunikation inzwischen reichlich amerikanisch. Das liegt nicht nur am Konzern-Chef Bill McDermott. Auch die PR-Abteilung neigt zuletzt verstärkt dazu, flauen Meldungen ein bisschen Pep einzuhauchen.

Den bislang jüngsten Tuning-Versuch lieferten die Walldorfer Öffentlichkeitsarbeiter am Donnerstag. "SAP hebt Ausblick an", überschrieb das Unternehmen die Zahlen zum dritten Quartal. Danach soll der um Währungs- und andere Effekte bereinigte Konzernumsatz im laufenden Jahr nun zwischen 23,4 und 23,8 Milliarden Euro rauskommen. Zuletzt lag die Messlatte 100 Millionen Euro tiefer. Auch beim bereinigten operativen Ergebnis legte SAP noch ein Schippchen drauf. Statt der bislang anvisierten 6,8 bis sieben Milliarden Euro stellen die Walldorfer nun 6,85 bis sieben Milliarden Euro in Aussicht.

Nun gehört Hochglanzpolitur nicht nur in der Tuning-Werkstatt zum Standard-Programm. Aber dann muss halt auch die Leistung stimmen. Und da offenbart der jüngste Leistungsnachweis des Softwareriesen doch ein paar Defizite. Beispiel Umsatz: Zwischen Juli und September schafften die Walldorfer ein Plus von vier Prozent auf 5,59 Milliarden Euro. Analysten hatten dem europäischen Branchenprimus dagegen 5,695 Milliarden zugetraut.

Ähnlich ist die Lage beim bereinigten Betriebsergebnis (Non-IFRS). Statt der erwarteten 1,68 Milliarden Euro lieferte der Konzern 1,637 Milliarden ab. Entsprechend sank die operative Marge um 120 Basispunkte auf 29,3 Prozent. Die SAP-Auguren hatten lediglich ein Minus von 80 Basispunkten auf dem Zettel. Obendrein verfehlte der Konzern auch noch im wichtigen Cloud-Geschäft oder beim viel beachteten Lizenz-Umsatz die Markterwartungen.

Angesichts dessen dränge sich schon "die Frage auf, ob SAP mit seiner kleinen Prognose-Anhebung nicht von den insgesamt durchwachsenen Zahlen ein wenig ablenken wollte", sagt ein Analyst, der lieber ungenannt bleiben will.

SAP-Boss Bill McDermott dürfte sich von derlei Einwänden indes kaum beirren lassen. SAP nehme Wettbewerbern weiter Marktanteile ab, versicherte der gelernte Verkäufer am Donnerstag. Man habe "eine riesige Pipeline". Vor allem im Geschäft mit Mietsoftware sei die Nachfrage stark. Die Cloud", verkündete McDermott am Donnerstag gegenüber Journalisten gewohnt selbstbewusst, "rockt bei SAP".

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Einschätzung der Redaktion



SAP hat zuletzt ein durchwachsenes Quartal hingelegt. Darüber können auch missglückte oder sollte man lieber sagen: irreführende Überschriften in Quartalsmitteilungen nicht hinwegtäuschen.

Nötig hat der Konzern diese Tricks aus der PR-Mottenkiste ohnehin nicht. Immerhin war SAP in seiner rund 45jährigen Geschichte wohl noch nie so gut aufgestellt wie jetzt. Denn das neue Flaggschiffprodukt SAP S/4 HANA brummt. Alleine im dritten Quartal hat der Konzern 600 neue Kunden für sein Kernprodukt hinzugewonnen. Und trotz des boomenden Cloud-Geschäfts dürfte Europas größtes Softwarehaus in diesem Jahr immer noch rund fünf Milliarden Euro mit dem traditionellen Software-Verkauf einfahren.

Wie gut es dem Konzern geht, zeigt auch ein Blick auf den satten Cash-flow. In den ersten neun Monaten lagen die operativen Mittelzuflüsse bei 4,12 Milliarden Euro und damit rund 500 Millionen über dem Vorjahr. Und das wichtige vierte Quartal kommt erst noch.

Zum Jahresende macht SAP traditionell gut 42 Prozent seines Geschäfts. Die Pipeline für den Schlussspurt 2017 ist offenbar voll. Wir trauen SAP für das vierte Quartal eine weitere Überraschung zu - aber dies Mal oberhalb der Markterwartungen - und nicht darunter. Kaufen.

Ziel: 105 Euro

Stopp: 84 Euro