Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erhält zudem einen "Zuschuss zur zentralen Beschaffung" eines Impfstoffes in Höhe von knapp 2,7 Milliarden Euro. Wie Reuters an mehreren Stellen der Regierungskoalition aus Union und SPD erfuhr, summieren sich die zusätzlichen Ausgabenpläne im Vergleich zum Etatentwurf Ende September auf rund 70 Milliarden Euro. Damals war Scholz noch von einer Nettokreditaufnahme von 96 Milliarden Euro ausgegangen.

Zum Teil resultiert der drastische Anstieg der neuen Schulden nach Angaben aus der Koalition aus einer Verschiebung von Ausgaben von diesem in das nächste Jahr. Die für 2020 bewilligte Neuverschuldung von 218 Milliarden Euro werde daher bei weitem nicht ausgeschöpft, sagte ein Koalitionsvertreter. "Wir haben geplant, für das Jahr 2020 und das Jahr 2021 zusammen etwas mehr als 300 Milliarden Euro aufzunehmen", sagte Finanzminister Scholz am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz in Berlin nach dem G20-Gipfel. "Das wird auch mit leichten Modifikationen in der Perspektive so bleiben." Schon jetzt sei absehbar, "dass wir wohl nicht alles ausgeben müssen, was wir an Kreditermächtigungen für das Jahr 2022 haben" - im kommenden Jahr dafür aber mehr. Unterm Strich ändere sich nicht viel. "Der Korridor wird nicht ganz genau, aber ungefähr der gleiche bleiben", fügte der SPD-Politiker hinzu.

UNTERNEHMENSHILFEN STEIGEN UM 37,5 MRD EURO


Größtenteils ergeben sich die Mehrausgaben aus Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Für Unternehmenshilfen werden gegenüber der bisherigen Planung nun 37,5 Milliarden Euro mehr eingeplant. Sie dienen laut der Vorlage des Finanzministeriums für die Überbrückungshilfen I, II und III für kleine und mittelständische Unternehmen sowie für die Novemberhilfe, sofern dafür 2021 noch Zahlungen anfielen. "Da das Covid-19-Pandemiegeschehen ungebrochen sehr dynamisch verläuft, viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt und deren Geschäftstätigkeit mindestens sehr stark einschränkt, muss die Überbrückungshilfe III mit auskömmlichen Haushaltsmitteln unterlegt sein", heißt es in der Ministeriumsvorlage.

Die Mehrausgaben listete das Finanzministerium in der am Sonntag an die Haushaltspolitiker des Bundestages verschickten Vorlage für deren am Donnerstag beginnende Bereinigungssitzung auf. Auf 262 Seiten sind in dem Papier die Anpassungen für alle Ministerien beziffert. Eine Gesamtsumme für die Neuverschuldung wird nicht genannt. Das Finanzministerium wollte sich nicht äußern, sondern verwies auf die laufenden Etatberatungen.

Der Haushaltsausschuss legt in seiner Sitzung am Donnerstag letzte Hand an den Etatentwurf 2021. Traditionell geht die sogenannte Bereinigungssitzung bis tief in die Nacht, zumeist bis zum frühen Morgen des nächsten Tages. An einer Stelle der Koalition hieß es, die Neuverschuldung werde zwischen 160 und 166 Milliarden Euro betragen. Im Vergleich zur Vorlage von Scholz würden voraussichtlich noch einige Vorsorgetitel aufgelöst und die Zinsausgaben etwas geringer angesetzt.

Die Vorlage für die Haushälter enthält auch sechs Milliarden Euro Eigenkapital für die Bahn. Das Geld sei für dieses Jahr vorgesehen gewesen, aber nicht abgeflossen, sagte ein Koalitionsvertreter. Die "Globale Mehrausgabe für Kosten im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Pandemie" wurde um zehn Milliarden auf 15 Milliarden Euro erhöht. Das Auswärtige Amt erhalte rund 170 Millionen Euro mehr für humanitäre Hilfe. Das Arbeitsministerium bekomme 750 Millionen Euro mehr für Arbeitsmarktausgaben wie Hartz IV.

SPD-VIZEFRAKTIONSCHEF SIEHT SIGNAL FÜR NOVEMBERHILFEN


SPD-Vizefraktionschef Achim Post wertete die Vorlage als Hinweis auf eine Verlängerung der Novemberhilfen, mit denen Restaurants sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen für Schließungen entschädigt werden. "Das Signal von Finanzminister Scholz ist die richtige Botschaft zur richtigen Zeit", erklärte Post. "Wenn die wirtschaftlichen Einschränkungen verlängert werden, müssen auch die Novemberhilfen zu Dezemberhilfen erweitert werden, insbesondere für die direkt betroffenen Branchen." In der Vorlage ist von einer Verlängerung noch nicht die Rede. Dort heißt es nur, für die "Novemberhilfe muss Vorsorge getroffen werden für den Fall, dass im Jahr 2021 noch Zahlungen erfolgen sollten".

FDP-Vizefraktionschef Christian Dürr warf der Koalition vor, der Entwurf stehe für viel Bürokratie und immer höhere Schulden. "Das ist das Gegenteil von dem, was wir jetzt brauchen", erklärte Dürr. "Wir können die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht dauerhaft mit Schulden am Laufen halten."

rtr