Es klingt zunächst unlogisch. Doch große Schäden sind prinzipiell gut für Rückversicherungen. Denn diese können dadurch die Preise für ihre Produkte anheben. Aktuell belastet Covid-19 die Branche. Deshalb haben Rückversicherer durchweg schwächere Zahlen gemeldet. Besonders gnadenlos waren die Börsianer mit Scor. Die Aktie des französischen Branchenvertreters verlor gegenüber Februar-Höchstkursen weit mehr als ein Drittel an Wert. Hätte sich der Anteilschein so entwickelt wie etwa die Aktie von Munich Re, müsste er 40 Prozent höher notieren. Es besteht also noch reichlich Aufholpotenzial.

Scor zählt mit einem Prämienvolumen von rund 16 Milliarden Euro zu den Top 5 der Branche. Reichlich 42 Prozent der Geschäfte kommen aus dem Sachversicherungsbereich. Die Franzosen haben im ersten Halbjahr bei einem erhöhten Prämienvolumen einen Gewinnrückgang melden müssen. Die hohe Vorsorge für Covid-19 sorgte im zweiten Quartal sogar für einen Verlust. Allerdings resultiert ein Großteil der Belastungen nicht aus gemeldeten Schäden, sondern beruht auf Schätzung der Gesamtkosten der Pandemie in Höhe von 456 Millionen Euro, die komplett verbucht wurden.

Risiken sind schon verarbeitet


Die Franzosen sind anders als etwa Munich Re und Swiss Re bei Haftpflichtversicherungen, aber auch bei Rückversicherungen von Veranstaltungen nicht so stark exponiert. Wichtig für das zweite Halbjahr: Unter den Branchenvertretern hatte Scor bisher den geringsten Anteil bei US-Hurrikan-Risiken. Es ist wahrscheinlich, dass Scor eine ordentliche Reserve gebildet hat. Damit dürften die kommenden Quartale weniger belastet werden. Die Ergebnisse müssten deutlich zulegen.

Hoffnung macht auch, dass die vom Staat erzwungene Dividendenstreichung (1,80 Euro pro Aktie waren geplant) aufgehoben wird. Die Aktie ist günstig bewertet. Der Börsenwert liegt bei vier Milliarden Euro. Im Halbjahresabschluss wird ein Eigenkapital von 6,3 Milliarden Euro oder umgerechnet etwa 34 Euro pro Aktie ausgewiesen. Das sind gut 55 Prozent mehr als der Börsenkurs. In den vergangenen fünf Jahren hatte die Aktie regelmäßig mehr als 30 Euro gekostet. Dieses Niveau sollte sie wieder erreichen, wenn sich die Lage normalisiert.

Es ist sogar mehr möglich. 2018 versuchte der französische Versicherer Covéa, Scor zu übernehmen. Das Gebot von 43 Euro hielt das Management damals für zu niedrig. Es ist angesichts der Kapitalschwemme vorstellbar, dass es bei den historisch betrachtet günstigen Kursen ein neues Angebot geben wird. Dann würde die Aktie auch deutlich über den Buchwert hinaus steigen.