Vor fast vier Jahren hatte Siemens seine Aktionäre mit der Übereignung der Osram-Titel verwöhnt - was sich für die alten, neuen Eigentümer als gutes Geschäft erwiesen hat.

Die Siemens-Medizintechnik ist auf jeden Fall ein noch dickerer Brocken als der Leuchtmittelspezialist Osram. Analysten veranschlagen den Gesamtwert der in "Healthineers" umgetauften Sparte auf mehr als 30 Milliarden Euro. Das profitabelste Geschäftsfeld soll zwar unter dem Konzerndach der Münchner bleiben, doch selbst mit einem Minderheitsanteil an der Börse sind die Erlanger Healthineers auf Anhieb ein Kandidat für den deutschen Leitindex Dax. Die Banken laufen sich bereits für den Börsengang warm. Insidern zufolge sollen im April die begleitenden Investmentbanken ausgewählt werden. Dann kehrt auch Michael Sen von E.ON wieder zurück, um den Schritt der Healthineers auf das Börsenparkett im Siemens-Vorstand zu überwachen.

Mit der Trennung verschiebt Kaeser den Schwerpunkt weiter in Richtung Software. Für das Trendthema Industrie 4.0 hat er in den vergangenen Jahren Firmen im Gesamtwert von rund neun Milliarden Euro zusammengekauft. Im Geschäft mit Industriesoftware sieht er die Zukunft seines Hauses, aufbauend auf die bestehende Siemens-Fabrikausstattung.

Der Wandel deutete sich auch in der obersten Führungsriege an. Medienberichten zufolge will der einstige Stahlmanager Gerhard Cromme am Mittwoch seinen Nachfolger als Aufsichtsrat präsentieren. Demnach soll der frühere SAP-Co-Chef Jim Hagemann Snabe ab 2018 das Kontrollgremium führen. Der einstige Software-Manager könnte damit auch die Zeitspanne überbrücken, bis Kaeser selbst nach seiner aktiven Zeit als Vorstandschef auf den Platz rücken könnte.

AKTIONÄRE KÖNNEN KAESER FEIERN



Zunächst kann sich Kaeser, der im Sommer 60 Jahre alt wird, von den Aktionären feiern lassen. Als Vorstandschef schraubte er zuletzt Renditen und Dividenden nach oben. Teure Fehlschläge wie der Einstieg in die Solarenergie blieben den Anteilseignern erspart. "Einmalbelastungen und Sonderabschreibungen, die in der Vergangenheit immer wieder zu negativen Überraschungen geführt hatten, sind praktisch verschwunden", lobte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. Das im Herbst abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 war mit einem Gewinn aus fortgeführtem Geschäft von 5,4 Milliarden Euro operativ das stärkste in der fast 170-jährigen Geschichte des Konzerns. Und Kaeser ließ auch die jahrelange Wachstumsschwäche seines Hauses hinter sich. Für die nähere Zukunft sagte er gegen den Branchentrend wachsende Einnahmen und Gewinne voraus. Fondsmanager Speich setzt darauf: "Wir wünschen uns, dass das starke letzte Geschäftsjahr kein Ausnahmejahr bleibt, sondern die neue Normalität bei Siemens verkörpert." An der Börse ist Siemens mit 96 Milliarden Euro derzeit soviel wert wie zuletzt vor 16 Jahren.

Von der protektionistischen Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump lässt sich Kaeser nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Von dessen angekündigter, milliardenschwerer Investitionsoffensive will Siemens profitieren. Bereits Kaesers Vorgänger legten viel Wert darauf, dass Siemens in den USA quasi als einheimisches Unternehmen gesehen wird. Die Vereinigten Staaten sind für die Münchner der größte Einzelmarkt. "Allein in den vergangenen 15 Jahren haben wir dort mehr als 35 Milliarden Dollar investiert. Wir beschäftigen mehr als 50.000 Menschen an über 60 Standorten", betont der Konzern und pocht auf seine Rolle als Arbeitgeber und örtlicher Wirtschaftsfaktor. "Siemens schafft viel Wert in den USA, rund 800.000 Stellen waren mit unserem globalen Geschäft dort verbunden."

rtr