Strategien, um an der Börse erfolgreicher zu sein als andere oder um besser abzuschneiden als ein Vergleichsindex oder der breite Markt, gibt es schier unendlich viele. Eine davon geht auf den wohl berühmtesten Value-Investor Benjamin Graham zurück. In seinem Standardwerk "The Intelligent Investor" stellt er einen Ansatz vor, der später als "Dogs of the Dow" bekannt wurde.

Und so funktioniert die Strategie: Man investiere zu gleichen Teilen in die zehn Werte des Dow Jones mit der höchsten Dividendenrendite, prüfe nach einem Jahr die Zusammensetzung und stelle das Depot - wenn nötig - neu zusammen.

Der Name "Dogs of the Dow", was zu Deutsch vielleicht etwas freier mit "Die geprügelten Hunde des Dow" zu übersetzen wäre, spielt darauf an, dass es sich bei den Dogs meist um vernachlässigte Aktien handelt - unterbewertet und damit unpopulär. Und weil diese Aktien in der Regel nicht recht laufen, ist die Dividendenrendite automatisch meist sehr hoch.

Knackiger Knackpunkt

Die Dogs-Strategie ist demnach auch eine Contrarian-Strategie: Es geht um antizyklisches Investieren konträr zu den bisher erfolgreichen Trends. Und das verbunden mit dem Value-Ansatz, der sich in der hohen Dividende widerspiegelt. In einem Aktienmarkt, der als relativ hoch bewertet gilt, kann sich diese Art der Schnäppchenjagd besonders lohnen.

Und genau das ist der Knackpunkt der Strategie: Sie funktioniert nicht immer gleich gut! Manchmal versagt sie auch - wie während der Finanzkrise 2008/2009. Unter den Dogs waren damals viele Banken, die zwar als dividendenstark galten, aber nun mal Auslöser und Epizentrum des Börsenbebens waren. Auffallend auch, dass in generell starken Börsenjahren oft einfache Indexinvestments besser laufen. Gut zu sehen war dies in den zurückliegenden fünf Jahren. Lediglich 2018 erzielten Anleger mit den zehn Dogs inklusive Dividenden eine bessere Performance, als wenn sie ganz einfach in den kompletten Dow Jones investiert hätten. Ähnlich 2021: Ohne Währungseffekte war im vergangenen Jahr mit einer Anlage in den kompletten Dow Jones ein Plus von 20,9 Prozent zu erreichen. Bei den Dogs waren es inklusive Dividenden 16,3 Prozent, getragen von der starken Kursentwicklung von Cisco Systems und Chevron, aber gleichzeitig auch ordentlich gebremst von Verizon, die das Jahr mit einem Minus abschlossen.

"Das Leben ist ungerecht"

Die gute Nachricht: Es gibt genauso immer wieder Jahre, in denen die Strategie hervorragend funktioniert. Frei nach John F. Kennedy: "Das Leben ist ungerecht, aber denke daran: nicht immer zu deinen Ungunsten." Denn mit Beginn eines jeden neuen Jahres werden die Karten an den Märkten neu gemischt. Wer also die Verliereraktien von 2021 im Depot hat, kann sich trösten und 2022 auf ausgleichende Gerechtigkeit setzen.

Und das ja auch mit einem guten Argument: Der Markt ist überkauft und relativ teuer. Hinter uns liegt eine fulminante Börsenrally, die ihre Energie zum Großteil allein aus dem starken Momentum der Tech-Aktien gezogen hat. Die überragende Performance des Nasdaq Composite spiegelt das wider. Weil aber jetzt die US-Notenbank signalisiert, dass sie aufgrund von Inflationssorgen die Zinsen drastischer anheben wird, versetzt das den Markt, der auf Perfektion getrimmt ist, so langsam doch in Aufregung.

Tech-Aktien könnten demnach 2022 unter den höheren Zinsen leiden. Nichtsdestotrotz sind aber auch Aktien aus gerade diesem Sektor in diesem Jahr bei den Dogs vertreten: IBM sowie Intel sind mit dabei. Dabei zeichnet beide Aktien aus, dass der bisherige Börsenhype an ihnen fast komplett vorbeigegangen ist. Und beide Aktien haben interessante Turnaroundgeschichten zu bieten, da sowohl bei Intel als auch bei IBM nach enttäuschenden Jahren die Geschäftsmodelle neu aufgestellt werden.

Seltsame Ironie des Schicksals

Intel hat bei den Dogs in diesem Jahr Cisco Systems ersetzt. Dies übrigens die einzige Änderung. IBM und die anderen acht Kandidaten waren schon 2021 in der Auswahl mit dabei. Ein Jahr zuvor musste der Ölkonzern ExxonMobil weichen, der inzwischen nicht einmal mehr im Dow Jones enthalten ist. Ebenso fiel der Pharmagigant Pfizer aus der Dogs-Auswahl - Letzteres eine seltsame Ironie des Schicksals. Die Dogs für das laufende Jahr weisen jedenfalls eine durchschnittliche Dividendenrendite von 3,8 Prozent aus, gegenüber 2,2 Prozent für den gesamten Index.

Zusätzlich zu den hohen Renditen fallen bei den Dogs die vergleichsweise niedrigen Bewertungen auf. Verizon und Dow etwa werden mit nicht mal dem Zehnfachen der für 2022 erwarteten Gewinne gehandelt. Die anderen bewegen sich überwiegend im Bereich von zehn bis 15. Einzig Coca-Cola fällt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis jenseits von 20 aus dem Rahmen. Damit liegt die Aktie etwa auf Höhe des Durchschnitts der 500 größten US-Aktien, die im Leitindex S & P 500 zusammengefasst sind.