Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag über weitere Geldspritzen entscheidet, müssen sich Anleger warm anziehen. "Sollten die Notenbanker die extrem hohen Erwartungen der Märkte nicht erfüllen, droht dem Dax ein empfindlicher Absturz," sagt Jens Klatt vom Brokerhaus FXCM. Selbst ein Wertpapier-Aufkaufprogramm von einer Billion Euro wäre wohl nicht genug, um die Investoren zufrieden zu stellen, meint der Experte.

Da die Anleger inzwischen fest mit weiteren Konjunkturstützen der EZB rechnen, ist der Leitindex in dieser Woche bis Freitagmittag um knapp vier Prozent auf rund 10.030 Zähler gestiegen. Zeitweise flirtete er sogar mit seinem Rekordhoch von 10.093,03 Punkten. Dem Euro setzt die Aussicht auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik dagegen arg zu: Er fiel mit 1,1567 Dollar auf den tiefsten Stand seit elf Jahren.

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HIMMELHOCHJAUCHZEND ODER ZU TODE BETRÜBT?

Investoren erwarten, dass EZB-Chef "Super"-Mario Draghi am Donnerstag den Aufkauf von Staatsanleihen - im Fachjargon "Quantitative Easing" (QE)- ankündigen wird. QE soll die derzeit niedrige Teuerung im Euro-Raum künstlich anheizen und eine ruinöse Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, nachlassendem Konsum und zurückgehenden Investitionen verhindern, was Volkswirte als Deflation bezeichnen. "Dass die EZB liefern wird, scheint mittlerweile gesetzt. Die Frage ist jetzt, wie die Details und das Volumen aussehen werden", sagt Helaba-Analyst Ulrich Wortberg.

EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure sagte zuletzt in einem Zeitungsinterview, ein Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen müsse groß genug sein, um seine Wirkung zu entfalten. Zu einem möglichen Volumen von 500 Milliarden Euro, über das nach früheren Informationen von Insidern gesprochen wurde, wollte er sich nicht äußern. "Fällt das Volumen relativ klein aus, könnte der Euro zu einer Erholungsrally ansetzen", prognostiziert Wortberg. Überrasche die EZB die Anleger dagegen mit einer großen Summe, seien für den Dax neue Rekordmarken und für den Euro neue Tiefststände drin.

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DAMOKLESSCHWERT GRIECHENLAND-WAHL

Neben der EZB dürfte aber auch die Griechenland-Wahl am 25. Januar für reichlich Unruhe am Markt sorgen. Anleger fürchten, dass ein möglicher Wahlsieg der reformkritischen Syriza-Partei die Euro-Krise wieder aufflammen lassen könnte. Syriza-Chef Alexis Tsipras hat mehrfach angekündigt, den bisherigen Sparkurs zu lockern und mit den internationalen Geldgebern über einen weitreichenden Schuldenerlass verhandeln zu wollen. Ein radikales Brechen mit der Sparpolitik hätte eine große Unsicherheit zur Folge, sagt Frank Wieser, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Packenius, Mademann & Partner. Sollte Griechenland langfristig tatsächlich aus der Währungsunion ausscheiden, wäre dies seiner Meinung nach aber nicht das Ende des Euro: Letztlich dürfte sich die Sichtweise durchsetzen, dass ein Ende mit Schrecken besser sei als ein Schrecken ohne Ende, sagt der Experte.

Auf der Konjunkturseite stehen die Stimmungsindikatoren im Euroraum im Fokus, darunter der ZEW-Index und die Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungsbereich . Anleger hoffen darauf, dass der jüngste Preisverfall beim Öl und der schwächere Euro die Wirtschaft in der Währungsunion etwas anschieben werden. In den USA konzentrieren sich die Investoren auf die an Fahrt gewinnende Berichtssaison. In den vergangenen Tagen enttäuschten Großbanken wie JP Morgan, Banc of America oder Citigroup allerdings mit ihren Bilanzen - der Dow-Jones-Index gab bis Donnerstag auf Wochensicht rund zwei Prozent nach. In den kommenden Tagen lassen sich unter anderem Morgan Stanley, IBM, eBay und General Electric in die Bücher schauen.

Von SAP -Chef Bill McDermott erhoffen sich Investoren hierzulande am Dienstag einen Ausblick für das laufende Jahr. Die Zahlen für 2014 hat das Unternehmen bereits mitgeteilt - der Softwarekonzern hat den Gewinn ungeachtet von Milliarden-Investitionen in das boomende Geschäft mit Cloud-Programmen leicht gesteigert.

Reuters