Die Börse Online-Silvesterwetten haben Kultcharakter. Oft stoßen Fondsmanager die Verliererwerte zum Jahresschluss ab, um eine bessere Bilanz präsentieren zu können. In den ersten Handelstagen des neuen Jahres ordern die Profis die Titel wieder zurück und sorgen so für eine kleine Rally. Börse Online stellte in Ausgabe 51/52 insgesamt acht Favoriten vor, darunter war auch Tom Tailor. Die Strategie ist voll aufgegangen, ausgehend von 10,82 Euro kletterte die Aktie bis Mitte Januar um rund 15 Prozent auf bis zu 12,47 Euro. Meistens sind die Ideen aber nur kurzfristig ausgerichtet, die wenigsten Loser-Aktien bieten sich als längerfristige Investments an. Das Kursfeuerwerk zum Jahreswechsel bei Tom Tailor dürfte hingegen weiter anhalten, die Aktie bietet auch für Neueinsteiger noch viel Potenzial. Zweifelsohne weckt der Kursverlauf seit Anfang 2013 nicht viel Kursfantasie. Ausgehend von Notierungen um 17 Euro setzte eine langsame Talfahrt bis auf rund elf Euro ein. Unter dem Strich stehen die Papiere knapp unter dem ersten Kurs vom Börsengang im Frühjahr 2010. Eine Erfolgsgeschichte sieht anders aus.

Fundamental waren bisher höhere Kurse auch nicht gerechtfertigt, zahlreiche negative Unternehmensmeldungen belasteten die Aktie. Zwar wurde seit 2010 die Expansion des eigenen Einzelhandels mit mehr als 300 Läden stark beschleunigt. Als Bremsklotz erwies sich aber die Integration der zugekauften Marke Bonita.

Mit dem Erwerb des Einzelhändlers im August 2012 waren große Hoffnungen verbunden. Besonders die große Anzahl neuer Stores, die mit der Übernahme in die Tom Tailor-Gruppe eingebracht wurden, zielte auf Größenvorteile durch die gemeinsame Nutzung der im Jahr 2011 gegründeten Einkaufsgesellschaft in Hongkong durch alle Marken. Allerdings verlief die Eingliederung nicht so reibungslos wie erhofft. Doch das ist Vergangenheit. Inzwischen wurden der Vertrieb gestrafft und neue Kollektionen entwickelt. Die Maßnahmen kosteten natürlich Geld, sind aber als sinnvolle Investitionen in die Zukunft zu sehen. Denn die strategische Ausrichtung ist überzeugend, Tom Tailor sollte schon bald mit wesentlich schickeren Zahlen aufwarten können.

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Für jeden Kunden die passende Marke

Das Modeunternehmen hat seine Wurzeln eigentlich in der Herrenmode, inzwischen werden allerdings rund 60 Prozent des Umsatzes in der Damenoberbekleidung erzielt. Anders als einige Konkurrenten präsentiert sich die Marke als Trendmanager und richtet sich nach den Ansprüchen der Kunden. Tom Tailor setzt durch seine Kollektionen keine neuen Trends und ist somit auch keinem erhöhte Absatzrisiko ausgesetzt. Stattdessen werden neue und erfolgsversprechende Trends identifiziert, zügig in eigene Kollektionen umgesetzt und schließlich einer breiten Verbrauchsgruppe im mittleren Preissegment angeboten. Eine wichtige Orientierung liefern die tagesaktuellen Auswertungen der Umsätze, um den Verkauf entsprechend den Wünschen der Kunden zu steuern. Nur so ist sichergestellt, dass die nachgefragten Produkte in ausreichender Menge am richtigen Ort zur richtigen Zeit angeboten werden können. Den Schwerpunkt bilden die Kernmärkte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Benelux-Ländern sowie Frankreich, zudem sind die Hamburger inzwischen in über 35 weiteren Ländern vertreten.

Seit 1995 bietet die Gruppe auch Kinder- und Jugendbekleidung an und versucht so bereits sehr früh Begeisterung für die Marke zu entfachen. Mit Tom Tailor Baby, Minis und Kids wird die Kundengruppe der Babys bis zu den 14-jähirgen bedient. Jugendliche und junge Erwachsene von 15 bis 25 Jahren sollen von der Marke Denim angesprochen werden, mit den Produktlinien Tom Tailor Men und Women steht die Zielgruppe im Kernbereich von 25 bis 40 Jahre im Fokus. Gerade hier ist die Konkurrenz durch andere Anbieter von Freizeitbekleidung sehr hoch. Tom Tailor Polo Team stellt daher als Premium-Sportswear-Marke die passende Ergänzung dar.

Abgerundet wird die Angebotspalette durch die zugekaufte Marke Bonita. Mit dem Einzelhändler werden Kunden ab 40 Jahren angesprochen, mehr als 90 Prozent des Umsatzes entfallen auf die Damenoberbekleidung. Im Gegensatz zu den Tom Tailor-Produkten werden die Kollektionen bei Bonita nicht über den Großhandel vertrieben. Neben einer geringeren Wettbewerbsintensität in der Zielgruppe wird das Wachstum durch die steigende Zahl der über 40-jährigen angetrieben. Mit Bonita setzt der Konzern vor allem auf Qualität und Passform. Komplettiert wird das Angebot durch zahlreiche Accessoires wie Schals, Tücher, Uhren, Taschen und Gürtel.

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Perfekte Ausgangslage

Trotz eines schwierigen Marktumfelds im vergangenen Jahr zeigen sich immer deutlicher die Erfolge aus den eingeleiteten Maßnahmen zur Optimierung. Auf Basis vorläufiger Daten erzielte die Gruppe 2014 erstmals seit der Übernahme von Bonita ein positives Konzernergebnis. Demnach kletterte der Umsatz um rund drei Prozent auf 932 Mio. Euro. Die Performance lag beim umsatzbereinigten Wachstum der Marke Tom Tailor um vier Prozentpunkte über dem Markt. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen rückte um über zehn Prozent vor, die nach unten angepasste Ebitda-Marge von 9,2 bis 9,7 Prozent wurde wohl erreicht. Besonders bei Bonita sollte der Turnaround gelungen sein. Mit Fokus auf Verbesserung der Umsatzqualität stieg die Rohertragsmarge im vergangenen Jahr deutlich um 5,5 Prozentpunkte. "Bei BONITA sind die Weichen gestellt, um 2015 wieder profitabel zu wachsen", ließ Vorstandschef Dieter Holzer durchblicken.

Warburg-Analyst Jörg Philipp Frey rechnet daher auch mit einer erfreulichen Renditeentwicklung in den kommenden Jahren. Während die Ebit-Marge 2011 noch bei 5,1 Prozent lag und 2013 lediglich 0,7 Prozent ausmachte, dürften für 2014 bereits wieder 3,3 Prozent ausgewiesen werden. Im kommenden Jahr ist mit einem Niveau von rund fünf Prozent zu rechnen. Entsprechend deutlich könnte auch das bereinigte Ergebnis je Aktie von minus 0,14 Euro in 2013 auf 1,10 Euro in 2016 anziehen. Dazu gesellt sich eine durchaus chancenreiche charttechnische Ausgangslage. Seit dem Börsengang 2010 notierte die Aktie jeweils nur sehr kurzzeitig unter der Marke von elf Euro. Das Risiko kann daher mit einem engen Stopp knapp unter dem bisherigen Tief von 9,60 Euro begrenzt werden bei aussichtsreichen Chancen auf der Oberseite. Warburg Research sieht das Kursziel bei 13,50 Euro.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar".

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