Als Antwort auf angehobene US-Importzölle für bestimmte türkische Produkte kündige er an: "Wir werden einen Boykott über elektronische Produkte aus den USA verhängen." Auch in der Bauindustrie sollen Waren aus den USA gebannt werden. Vor Abgeordneten seiner AK-Partei versuchte Erdogan zugleich Sorgen über den Kursverfall der Lira und Verluste an den Aktienmärkten zu zerstreuen: Die notwendigen Maßnahmen in Bezug auf die Wirtschaft seien ergriffen worden.

Es sei wichtig, an "unserer entschiedenen politischen Haltung" festzuhalten, erklärte das Staatsoberhaupt. Damit ist keine Ende im Streit über den in der Türkei festgehaltenen US-Pastor Andrew Brunson abzusehen. Da der Geistliche nicht ausreisen darf, hat US-Präsident Donald Trump die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei verdoppelt. Brunson selbst verlangte nach Angaben seines Anwalts im Wege der Berufung erneut vor einem türkischen Gericht die Aufhebung des Hausarrests als auch des Reiseverbots. Türkische Ermittler werfen ihm Verbindungen zu dem in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung in Ankara hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steckt.

ERDOGAN SIEHT AUSLÄNDISCHE KRÄFTE HINTER KRISE



Erdogan machte erneut klar, dass er ausländische Kräfte hinter der wirtschaftlichen Krise in seinem Land sieht. Die Türkei sei Ziel eines ökonomischen Krieges, erklärte er. "Zusammen mit unserem Volk werden wir uns entschieden gegen den Dollar, die Preise im Devisenhandel, die Inflation und Zinssätze stellen." Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Türkei werde verteidigt, versprach er vor Parteianhängern. Er rief Unternehmen auf, ihre Investitionspläne in der Türkei nicht auf Eis zu legen. "Wenn wir unsere Investitionen verschieben, wenn wir unsere Währung aus Furcht in ausländische Währungen tauschen, dann werden wir uns dem Gegner ergeben haben."

Es war zunächst unklar, ob der Appell des Präsidenten Früchte trägt. Nach einem Bericht der Agentur Demiroren wechselten Händler unter dem Gesang "Verdammtes Amerika" 100.000 Dollar in Lira. Die Landeswährung legte zwar am Dienstag zu, ein Dollar kostete mit 6,55 Lira etwa 4,5 Prozent weniger als am Montag. Allerdings kritisierten Investoren, die Maßnahmen reichten nicht aus, um die Wurzeln des Währungsverfalls zu packen. "Was du sehen willst, ist eine strenge Geldpolitik, eine strenge Steuerpolitik und die Anerkennung, das es kurzfristig ökonomische Schmerzen geben mag", sagte der Ökonom Craig Botham von Schroders. "Aber ohne das sind die Versprechen, die Lage zu stabilisieren, nicht glaubwürdig." Bislang lehnt Erdogan allerdings eine Erhöhung der türkischen Leitzinsen ab.

Finanzminister Berat Albayrak - Erdogans Schwiegersohn - sprang dem Staatsoberhaupt in dem Bemühen bei, Vertrauen wiederzugewinnen. Es würden Maßnahmen ergriffen, um die Währungsrisiken von Unternehmen zu mindern, kündigte er an. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Lira wieder an Kraft gewinnen werde. Für Donnerstag kündigte er eine Telefonkonferenz mit Investoren unter anderem aus den USA, Europa und dem Nahen Osten an. Bereits am Montag hatte die Zentralbank Geldspritzen zugesichert, um den Währungsverfall zu stoppen.

AUCH LAWROW KRITISIERT DIE USA



Trotzdem sorgen sich internationale Unternehmen um ihr Türkei-Geschäft. Der MediaMarktSaturn-Mutterkonzern Ceconomy will wegen der Währungskrise das Tempo seiner Expansion in der Türkei überprüfen. Der Immobilienfinanzierer Aareal Bank zeigte sich erleichtert, dass sein Engagement am Bosporus geringer als noch vor Jahren ist. Die Schweizer Sanitärtechnikfirma Geberit kündigte an, wegen des Kursverfalls der Lira Preiserhöhungen in der Türkei zu erwägen.

Trotz der Äußerungen von Erdogan sucht die Türkei aber offenbar nach Wegen, den Streit mit den USA zu deeskalieren. Der nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, traf sich am Montag mit dem türkischen Botschafter, um über den Streit über den Pastor Brunson zu sprechen. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Der Geschäftsträger der US-Botschaft in Ankara forderte allerdings nach einem Besuch bei Brunson erneut dessen Freilassung.

Erdogan hatte in den vergangenen Tagen damit gedroht, die Türkei könne sich von den USA abwenden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow stützte bei einem Besuch am Dienstag in Ankara die Vorwürfe gegen die USA. Die Strafmaßnahmen gegen Russland und die Türkei seien ein Weg für die USA, sich einen unfairen Vorteil im internationalen Handel zu verschaffen, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu.

rtr