Der Energiebedarf wird in den kommenden Jahren rasant steigen. Die Gründe hierfür liegen vor allem im kometenhaften Aufstieg künstlicher Intelligenz und in den damit verbundenen Investitionen in die Infrastruktur. Davon profitieren vor allem auch Versorger.

An der positiven Entwicklung des Aktienkurses vergangene Woche war abzulesen, dass der Markt die Entscheidung des spani­schen Energieriesen gutheißt: Nach dem Rücktritt von Armando Martinez über­nimmt Pedro Azagra Blázquez den Posten des Vorstandsvorsitzenden bei Iberdrola. Er ist langjähriger Mitarbeiter des Kon­zerns und war an den wichtigsten M & A-Transaktionen der vergangenen 20 Jahre beteiligt. Er sei vertraut mit den Märkten, insbesondere denen in den USA und Großbritannien — den wichtigsten Wachstumsregionen der Spanier, heißt es in einer aktuellen Studie von Kepler Cheuvreux.

Milliarden investierte der Konzern in den Ausbau seiner Geschäfte in den USA und in Großbritannien, dazu wurde etwa in den Vereinigten Staaten zum Jahresen­ de die Tochter Avangrid komplett über­nommen. Diese betreibt acht Strom­ und Gasversorger in den USA. Dazu ist sie einer der größten Anbieter von erneuerbarer Energie in den Vereinigten Staaten. Die Belegschaft von Iberdrola war so binnen eines Jahres um 6000 gewachsen. Stand Ende 2024 beschäftigte Iberdrola rund um den Globus 42 200 Menschen. Damit ist der Konzern einer der größten Ener­gieversorger in Europa. Auch in Europa betreibt Iberdrola eine Vielzahl von Windkraftanlagen an Land und auf See, Solar­anlagen und Wasserkraftwerke. Ziel ist es, bis 2030 in Europa CO2-­neutral zu werden und stark in den Ausbau erneuerbarer Energien und Netze zu investieren.

Iberdrola bietet eine attraktive, risiko­arme Möglichkeit, auf die globale Energie­wende zu setzen. Mit einem Investitions­plan von rund 36 Milliarden Euro für die Jahre 2024 bis 2026, hauptsächlich in re­gulierte Netze und erneuerbare Energien in stabilen Märkten, ist das Unternehmen hervorragend für nachhaltiges Wachstum positioniert. Das sieht auch die Börse so: Seit zehn Jahren zieht der Aktienkurs sei­ne Bahn nach oben und legte in diesem Zeitraum um rund 160 Prozent zu. Dazu kommt eine stabile und attraktive Divi­dendenrendite von etwas mehr als vier Prozent. Wie bei vielen Versorgern stehen hohe Cashflows für eine hohe Qualität — auch in unsicheren Zeiten.

Strom ist King

Damit befindet sich Iberdrola inmitten eines Megatrends, der in den kommenden Jahren ungebrochen sein dürfte: der stei­genden Nachfrage nach Strom. Bis zum Jahr 2050 wird sich der weltweite Bedarf voraussichtlich verdoppeln. Laut der In­ternationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) müssten weltweit bis 2030 etwa 32 Billionen Euro in die Ener­giewende­-Technologien investiert wer­den, wobei der Netzausbau einen erhebli­chen Teil dieser Summe ausmache. Grün­de für den rasanten Zuwachs gibt es viele: Vor allem der enorme Energiehunger Chinas und der Siegeszug mit Anwendun­gen für künstliche Intelligenz (KI) führt zu einem massiven Anstieg des Stromver­brauchs.

Die Internationale Energieagen­tur (IEA) geht davon aus, dass sich der Anteil KI­-optimierter Rechenzentren bis 2030 vervierfacht. Dabei verbraucht ein auf KI spezialisiertes Rechenzentrum heu­te schon so viel Strom wie 100 000 Haus­halte. In den kommenden Jahren dürfte sich nach Angabe der Energieexperten der Energieverbrauch von Datenzentren mehr als verdoppeln. In den USA könnte bis zum Jahr 2030 mehr Strom für die Da­tenverarbeitung benötigt werden als für sämtliche für die Produktion benötigten Güter wie Aluminium, Stahl oder Chemi­kalien.

Netzbetreiber mitten drin

Einer der Profiteure dieser Entwicklung ist Eon: Vom klassischen Versorger wandel­ten sich die Essener immer mehr zum Netzbetreiber. Auch diese sind Nutznießer der steigenden Stromnachfrage. Denn schließ­lich muss der Strom von der Erzeugungsquelle zum Endverbraucher transportiert werden. Allein in Deutschland betreibt der DAX-Konzern über neun Regionalgesellschaften mehr als 800 000 Kilometer Strom­ und Gasnetze, die an rund acht Millionen Haushalte angeschlossen sind.

Bis 2030 müssen hierzulande sechs Milli­onen neue Anlagen an Verteilernetze an­geschlossen werden: Solaranlagen, Wind­krafträder, Elektrofahrzeuge und Wärme­pumpen werden in den nächsten Jahren in das Netz integriert. Eon investiert dafür bis 2028 rund 35 Milliarden Euro unter ande­rem dafür, dass etwa Nordsee­-Windkraft­strom zu den Verbrauchern nach Bayern kommt. Wegen der hohen Nachfrage wer­den auch die Einnahmen des DAX-Kon­zerns zulegen. Weil Eon hier teilweise ein Alleinstellungsmerkmal hat, kann der Konzern die Preise nicht ansetzen, wie er will. Hier greift der Regulator ein und setzt Grenzen, die sich an Investitionshöhen und die Verzinsung auf das eingesetzte Kapital richtet. Weil Eon nicht investieren würde, wenn nicht eine ordentliche Rendite drin wäre, sollte eine erkleckliche Rendite her­ausspringen. Diese sollte dann auch dafür sorgen, dass Anleger eine entsprechende Dividende erhalten.

Zu den Favoriten aus dem Sektor zählt sicherlich auch der Versorger Enel: Rund um den Globus liefern die Italiener Ener­gie in 29 Länder. Die stärksten Märkte sind allerdings der Heimatmarkt Italien, Spanien und Südamerika. Auch bei Enel stammt ein Großteil der Einnahmen aus regulierten Aktivitäten. Das erhöht die Planungssicherheit. Dazu gehören sowohl die Ausschüttungspolitik als auch kurssta­bilisierende Aktienrückkaufprogramme. Eine halbe Milliarde Euro will der Kon­zern hierfür einsetzen. Auch die Aktie der Italiener hat einen Lauf und bewegt sich in Richtung neuer Höchstkurse. Dennoch ist der Titel noch günstig bewertet.

Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE (27/25), die Sie hier finden.

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