Noch heute erzählt Investorenlegende Rick Rule von dem spektakulären Uran-Preisanstieg 2007 auf 130 US-Dollar je Pfund, wodurch sich "selbst die schlechtesten Uran-Aktien verzwanzigfachten". In diesem Jahr ist der Uran-Preis mehr als 30 Prozent auf 33 Dollar gestiegen.

Die dringlichste Aufgabe der Menschheit zur Sicherung der eigenen Existenz ist die globale Reduzierung von CO2. Die Elektro-Revolution ist daher in vollem Gange: E-Autos, E-Schiffsantriebe, Drohnen, Roboter, Smartphones usw. benötigen mehr Strom, als die Welt jemals gesehen hat. Die Internationale Energiebehörde IEA geht davon aus, dass der globale Strombedarf bis 2040 etwa 60 Prozent steigen wird.

Paradox, wenn man diesen Strom unter anderem mithilfe von Kohleverbrennung erzeugen möchte, die heute mit einem Anteil von etwa 40 Prozent noch immer das Rückgrat der globalen Stromerzeugung ist. Dabei liefert ein Kilogramm Natur-Uran genauso viel Energie wie 16 Tonnen Steinkohle.

Ob es uns gefällt oder nicht: Die Klimaziele können ohne den berechtigterweise stark kontrovers diskutierten, aber grundlastfähigen Atomstrom und dessen Ausbau nicht erreicht werden. In den meisten Teilen der Welt werden neue Reaktoren gebaut, sodass Schätzungen von einer Verdopplung in den nächsten 20 Jahren ausgehen. Derzeit gibt es global 442 Reaktoren. 53 Reaktoren befinden sich bereits im Bau und bei mehr als 100 weiteren sind die Planungen abgeschlossen.

Mit Blick auf die Angebotsseite wird das gigantische Aufwärtspotenzial in der Uran-Industrie deutlich. Die heutigen Reaktoren benötigen ca. 183 Millionen Pfund Uran pro Jahr. Die vorhandenen Uran-Minen produzieren zusammen aber nur 139 Millionen Pfund. Diese erhebliche Angebotslücke wird durch Corona deutlich vergrößert, da die größten Minen der Welt geschlossen werden mussten. So fehlen 2020 mindestens zusätzlich 42 Millionen Pfund. Kein anderer Rohstoff ist angebotsseitig so stark durch das Virus betroffen. Die Nachfrageseite ist aber stabil, da Energieversorger kein Atomkraftwerk abschalten.

Das Uran-Defizit wird derzeit durch Vorräte gedeckt oder aber am Spotmarkt aufgekauft, was zu einem schnelleren Verbrauch der Reserven führt. Außerdem laufen etwa 90 Prozent der langfristigen Lieferverträge bis Ende 2020 aus und müssen neu verhandelt werden. Die großen Anbieter wie Cameco oder Kazatomprom haben ihre Minen vorübergehend stillgelegt, um weiteren Preisdruck für die kommenden Verhandlungen zu erzeugen. Neue Minen aufzubauen dauert aufgrund der komplizierten Genehmigungsprozesse etwa zehn Jahre und wird nur zu Uran-Preisen von über 50 bis 60 Dollar angegangen. Es wird in den nächsten Jahren also eine immer größere Nachfrage auf immer weniger Angebot treffen.

Nach deutschem Atomausstieg schlossen viele Unternehmen

Das beunruhigt auch die USA, die mit fast 100 Reaktoren weltweit die meisten Atomkraftwerke betreiben, aber ihr Uran zu 99 Prozent importieren. Etwa 40 Prozent davon werden aus Russland, Kasachstan und Usbekistan bezogen. Das hat die US-Regierung dazu veranlasst, ein Zehnjahresprogramm von 1,5 Milliarden Dollar zum Kauf von heimischem Uran für den Aufbau einer strategischen Reserve in den Haushaltsplan 2021 aufzunehmen, der allerdings noch genehmigt werden muss.

Infolge des langen Uran-Bärenmarkts nach dem Atomausstieg von Deutschland und Japan sind von rund 500 Uran-Unternehmen nur noch 40 bis 50 übriggeblieben. In Summe beträgt deren weltweite Marktkapitalisierung nicht viel mehr als fünf Milliarden Dollar - auch wenn sie für elf Prozent der weltweiten Energieerzeugung stehen.

Mit dem Weltmarktführer Cameco kann man als Investor wenig falsch machen. Sehr aussichtsreich, aber spekulativer sind kleinere US-Minenkonzerne mit stillgelegten Uran-Minen, die sehr schnell mehrere Millionen Pfund Uran pro Jahr produzieren könnten.

Spätestens Ende 2020 könnte aus den genannten Gründen sehr viel Geld in diesen kleinen Markt fließen und somit könnte die Mega-Hausse von 2007 noch in den Schatten gestellt werden.

tim bröning

 


Kapitalmarktexperte

Bröning studierte BWL und Wirtschaftswissenschaften. 14 Jahre lang war er für Siemens u. a. in der Strategieabteilung des Konzerns tätig. Seit 2009 ist er CFO in der Fonds Finanz, dem größten Maklerpool Deutschlands, und verantwortet dort zusätzlich das Treasury sowie den Bereich Investment mit dem dazugehörigen Fondsgeschäft.