Victor Lustig, Jahrgang 1890, kam aus einer Familie, die zum gehobenen Bürgertum zählte. Sein Vater war Pfeifen- und Tabakhändler und Bürgermeister von Arnau in Böhmen (heute Tschechien). Sein Sohn sollte Rechtsanwalt werden. Doch Victor hatte andere Pläne: Durch seine gute Schulbildung beherrschte er Französisch und Englisch. Schon im Alter von 18 Jahren fiel er durch kleine Betrügereien in Prag, Wien und Zürich auf. Während eines Aufenthalts in Paris - er studierte nebenbei an der renommierten Universität Sorbonne - lernte er Poker, Billard und Bridge. Mithilfe seiner charmanten Art und seiner eleganten Erscheinung verdiente er auf den Überseedampfern sein Geld mit Glücks- und Kartenspiel. Der Erste Weltkrieg beendete indes vorerst seine Karriere als Betrüger.

1920 landete Victor Lustig in den USA der "Roaring Twenties", nannte sich "Graf Victor Lustig" und verkaufte Gelddruckmaschinen, die sogenannten "Rumänischen Schachteln", für 30 000 Dollar, die angeblich 100-Dollar-Banknoten drucken konnten. Es handelte sich dabei um eine kleine Zedernholzkiste mit Walze und Messingziffernblättern. Lustig behauptete, der Apparat könne die Banknoten mit Radium kopieren. Er gab auch angeblich sichere Tipps bei Pferdewetten aus, um danach mit den Einsätzen zu verschwinden. Aus Scham gingen nur wenige Opfer zur Polizei. 1925, wieder in Paris, gelang ihm sein größter Coup. Der Eiffelturm, für die Weltausstellung 1889 gebaut, sollte schon 1909 wieder abgerissen werden, da er enorme Kosten verursachte. Alle sieben Jahre musste "La tour Eiffel" wegen des drohenden Rostfraßes neu gestrichen werden. Die Stadtverwaltung wollte sich daher am liebsten von dem lästigen Stahlskelett trennen.

Victor Lustig ließ sich in den Luxushotels rund um den Eiffelturm nieder und gab sich mit gefälschten Unterlagen als Generaldirektor des Postministeriums aus. Die Ausschreibungen besagten, dass der Eiffelturm zum Verkauf freigegeben werde. In den verschwiegenen Separees des Hotel de Crillon an der Place de la Concorde traf sich Lustig mit mehreren Schrotthändlern und bat um höchste Diskretion. Das Thema "Eiffelturm" sei zu kontrovers, sodass man sich nicht offiziell im Postministerium treffen könne. Er erklärte den Händlern, dass der Eiffelturm abgerissen und verschrottet werden solle - immerhin lockten 7300 Tonnen Eisen -, und erbat die Gebote mit der Frist von einer Woche. Einen Händler hatte er vor allem im Visier: André Poisson. Victor Lustig beklagte sich ihm gegenüber über die geringen Beamtenlöhne. Poisson hielt alle Pariser Bürokraten für bestechlich: Der Beamte des Postministeriums erwartet ein Schmiergeld, das beseitigt alle Zweifel, die Korruption macht den Beamten glaubwürdig. Der Kaufvertrag wurde abgeschlossen, und Victor Lustig tauchte mit 250 000 französischen Francs unter, was heute einer Million Dollar entsprechen würde. Der blamierte Poisson zog es vor, den Betrug nicht bei der Polizei zu melden. Victor Lustig fand in den Pariser Gazetten keine Meldung über seinen Coup, sodass er versuchte, den Betrug nach einem Monat zu wiederholen. Ein zweiter Käufer schöpfte allerdings Verdacht und ging zur Polizei. Zeit für Lustig, Paris endgültig zu verlassen.

Ein Jahr später - er war wieder in den USA - nahm er in Chicago Kontakt zum Mafiaboss Al Capone auf. Abermals gab sich Lustig als österreichischer Aristokrat aus und beeindruckte Capone mit seinem selbstsicheren Auftreten. Lustig behauptete, er könne innerhalb von 60 Tagen eine Summe von 50 000 Dollar verdoppeln. Al Capone ging auf den Deal ein. Lustig deponierte die Geldsumme in einem Banksafe in Chicago und reiste nach New York. Nach 60 Tagen kam er zurück und gestand, dass der Plan fehlgeschlagen sei. Er gab Al Capone das Geld zurück. Dieser war vollkommen überrascht, denn er hatte entweder mit dem gesamten Verlust oder der Verdoppelung des Geldes gerechnet. Erfreut über die Ehrlichkeit von Victor Lustig übergab er ihm 5000 Dollar - der hatte genau damit gerechnet und nun einen Feind weniger in der Welt des organisierten Verbrechens.

Eloquenter Geldfälscher

Nun verlegte sich Victor Lustig auf die Geldfälscherei. Schon bald wurde er in Remsen County (Oklahoma) inhaftiert. Allerdings konnte er den dortigen Sheriff Richards davon überzeugen, ihn im Tausch gegen eine Gelddruckmaschine zum Sonderpreis freizulassen. Der Schwindel flog auf, und Richards verfolgte Lustig bis nach Chicago, wo er ihn auch fasste. Erneut gelang es Lustig, den betrogenen Sheriff mit seiner Redegewandtheit zu überzeugen. Er wolle ihm, nach Ankunft in Oklahoma, das Gerät noch einmal genau erklären. Zur Beruhigung gab Lustig dem Sheriff eine Handvoll 100-Dollar-Scheine - als Entschädigung für die Reisekosten. Es handelte sich natürlich um Falschgeld. Sheriff Richards wurde festgenommen.

Doch nun wendete sich das Blatt für Victor Lustig. Er geriet ins Visier der Ermittlungsbehörden, die auf der Jagd nach William Watts waren, der im großen Stil Falschgeld in Umlauf brachte. Watts’ Aufenthaltsort war nicht bekannt, wohl aber dessen Kontaktmann: Graf Victor Lustig. In einem Schließfach am Times Square in New York fand man neben 51 000 falschen US-Dollar-Noten die dazugehörigen Druckstöcke - und Lustig hatte den Schlüssel zum Schließfach. Er wurde 1935 verhaftet. Doch am Abend vor seinem ersten Gerichtstermin war seine Zelle leer. Lustig hatte die Gitterstäbe durchtrennt und sich bühnenreif mit einem Bettlaken abgeseilt. Wenige Wochen später wurde Lustig indes erneut verhaftet und wegen schweren Betrugs zu insgesamt 20 Jahren Zuchthaus auf der berüchtigten Gefängnisinsel Alcatraz verurteilt. Die dort inhaftierten harten Jungs hatten nicht viel übrig für einen Gentleman-Hochstapler.

Lustigs Situation verbesserte sich noch einmal, als Al Capone nach Alcatraz verlegt wurde. Er kümmerte sich um seinen Betrügerfreund, den er immer noch als Ehrenmann in Erinnerung hatte. Nach 13 Jahren Gefängnis starb Victor Lustig mit 57 Jahren an einer Lungenentzündung. Der britische Schriftsteller Graham Greene, aus dessen Feder etwa der Roman "Unser Mann in Havanna" stammt, widmete sich Lustigs Biografie in seiner Erzählung "Der Mann, der den Eiffelturm stahl".