Der Konzern Volkswagen steckt in der Krise. Ein Milliardensparpaket soll die Rendite verbessern. Dazu wird der Vertrieb umgestellt. Die Lösung für die Aktie?

Es sind brisante Worte, die Thomas Schäfer, Chef der Volkswagen-Kernmarke, in einem internen Podcast mit dem Personalchef laut Medienberichten gewählt haben soll. Volkswagen sei bei Strukturen und Prozessen an vielen Stellen nicht mehr wettbewerbsfähig. Steigende Rohstoffosten und hohe Zinsen machten die Autos teurer, während gleichzeitig ein aggressiver Preiskampf herrsche. Die Zeiten eines stetigen Wachstums und eines boomenden China-Geschäfts seien vorbei. Der Volkswagen-Konzern steckt in der Krise und kämpft an vielen Fronten mit Problemen. 

Aktuell gibt es Schwierigkeiten bei einem Komponentenwerk in Kassel, welche die Fertigung verschiedener E-Modelle betreen. Sollten die Probleme anhalten, könnte es zu längeren Wartezeiten kommen. Probleme gibt es auch bei der Softwaretochter Cariad, die Herbert Diess, Vorgänger vom amtierenden Unternehmenschef Oliver Blume, noch zum zweitgrößten Softwarekonzern Europas hinter SAP aufbauen wollte. Jetzt will der von Blume eingesetzte Cariad-Chef Peter Bosch ein Drittel der Stellen streichen, womit die Pläne vom Tisch sein dürften. Die Kernmarke erzielt darüber hinaus nur geringe Margen, in den ersten drei Quartalen waren es 3,4 Prozent, womit VW nicht nur auf dem letzten Platz innerhalb des Konzerns landet, sondern auch alles andere als krisenfest dasteht. Gleichzeitig muss Volkswagen hohe Kosten für den Bau neuer Batteriefabriken und die Entwicklung neuer Elektroautos stemmen.

Helfen die Maßnahmen der VW-Aktie?

Es sind also viele Stellschrauben, an denen Volkswagen drehen muss, um nachhaltig besser aufgestellt zu sein. Den Anfang machen soll nun ein Sparpaket, das zu Kosteneinsparungen bei der Kernmarke von zehn Milliarden Euro über die nächsten drei Jahre führen soll. Der Großteil der Einsparungen entfällt dabei auf den Vertrieb. Dort sollen rund vier Milliarden Euro eingespart werden. Im Fokus liegt die Umstellung des Vertriebsmodells. Dazu sollen die Verbrennermodelle, wie heute auch schon die Elektromodelle, in den Direktvertrieb kommen. Im neuen sogenannten Agenturmodell bleiben die Autos Eigentum des Herstellers, bis sie verkauft werden. Der Hersteller bestimmt den Preis, der Händler bekommt eine Provision für einen erfolgreich abgeschlossenen Verkauf. Bisher kaufen die Händler die Autos von Volkswagen erst selbst, um sie dann zu einem selbst festgelegten Preis teurer weiterzuverkaufen. 

Auch die Autobauer BMW und Mercedes wollen zukünftig auf das Agenturmodell setzen. Dabei nehmen sie sich ein Vorbild an Tesla, Rivian und Nio, die ihren Vertrieb weitgehend ohne Zwischenhändler aufgebaut haben - und das erfolgreich. VW erhofft sich wie die anderen Hersteller auch einen besseren Einfluss auf die Verkaufspreise, die beim jetzigen Modell durch den transparenten Onlinehandel negativ beeinflusst werden, da die Händler sich gegenseitig Konkurrenz machen und Kunden Preisunterschiede ausnutzen können.

Auch beim Personal will VW sparen. Einen Einstellungsstopp hat der Konzern bereits verhängt, die Zahl der Zeitarbeiter wurde reduziert. Nun wird in der Verwaltung der Rotstift angesetzt. Dazu sollen 4000 bis 6000 Angestellte das Unternehmen verlassen. Dabei setzt VW auf Altersteilzeit und freiwillige Abfindungsprogramme. Bis 2029 gilt noch eine vereinbarte Beschäftigungssicherung, betriebsbedingte Kündigungen sind somit vorerst noch ausgeschlossen. 

Zudem soll die Entwicklung neuer Fahrzeuge jetzt schneller vonstatten gehen. Statt rund vier Jahre soll diese künftig nur noch drei Jahre betragen. Auch im Einkauf soll gespart werden, hier gibt es jedoch mit 600 Millionen Euro nur ein vergleichsweise geringes Einsparpotenzial, da Lieferanten ebenso mit gestiegenen Kosten klarkommen müssen. Insgesamt soll das Sparpaket mit dazu beitragen, dass die Umsatzrendite konzernweit bis 2030 zwischen neun und elf Prozent betragen wird. Die Marge der Kernmarke, die zuletzt nur bei 3,4 Prozent lag, soll bis 2026 auf 6,5 Prozent steigen.

Einzelne Marken mehr wert als Konzern

Fundamental gesehen spricht vieles dafür, dass die Aktie unterbewertet ist. Die einzelnen Bestandteile des Konzerns sind deutlich mehr wert als das gesamte Unternehmen gemessen am Börsenwert. Das gilt allein schon für die Beteiligung an Porsche. Die Kernmarke VW, Audi, Bentley, Lamborghini, Skoda, Seat und die Beteiligung an Traton gibt es quasi umsonst. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt bei 0,3 und das für 2024 erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 3,5. Jetzt wird es auf die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen ankommen. Sollte diese gelingen und keine weiteren Probleme zutage treten, könnte die Aktie einiges an Boden wieder gutmachen. 

Klar ist aber auch, dass die Konkurrenz im Markt größer geworden ist. Zuletzt konnte der Konzern jedoch wieder höhere Auslieferungen verzeichnen. Von Januar bis Oktober dieses Jahres lieferte der Konzern elf Prozent mehr Fahrzeuge aus als im Vorjahreszeitraum. Im schwächelnden China-Geschäft stand zwar auf Jahressicht noch ein kleines Minus, im Vergleich zum Vormonat stiegen die Auslieferungen jedoch um fünf Prozent. Auf der Jahrespressekonferenz am 13. März 2024 soll ein umfassender Fünfjahresplan vorgestellt werden. 

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