Statt zu einem fulminanten Spurt anzusetzen, duckt sich der DAX weg. Was die Notenbanken damit zu tun haben – und warum Anleger die Hoffnung auf eine Bescherung nicht ganz aufgeben wollen. Von Sonja Funke

Ein herausforderndes Börsenjahr neigt sich dem Ende zu. Angesichts des versöhnlichen Starts in die Vorweihnachtswoche keimt am Aktienmarkt gar kurz Hoffnung auf einen DAX-Schlussspurt zum Jahresende. Immerhin war der Deutsche Aktienindex im vergangenen Jahr in den letzten zehn Handelstagen noch mal um mehr als vier Prozent gestiegen. Doch die japanische Notenbank durchkreuzt nun die Zuversicht: Sie weitet überraschend die Spanne für die langfristige Anleiherendite aus, was an den Aktienmärkten als Hinweis darauf gedeutet wird, dass auch in Japan eine Straffung der ultralockeren Geldpolitik anstehen könnte. „Das ist ein Paukenschlag der japanischen Notenbank“, sagt Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. „Viel schneller als erwartet tritt die Bank of Japan dem Chor der restriktiven Notenbanken bei.“

So wird der Dax von der EZB gebremst

Der DAX gibt seine jüngsten Gewinne prompt wieder ab und verbucht damit seit Jahresbeginn ein Minus von 13 Prozent. „Vergessen Sie die Weihnachtsrally“, sagt Investmentchef John Leiper von Titan Asset Management. Der stramme Zins­erhöhungskurs der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) habe die Hoffnung auf einen Jahresendspurt erstickt: „Die Fed ähnelt in dieser Weihnachtszeit eher dem Grinch.“ Damit spielte er an auf die grüne Hauptfigur des erfolgreichen US-Kinderbuchs „Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat“.EZB und Fed hatten Spekulationen auf ein Ende der Zinserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte 2023 gedämpft. „EZB-Präsidentin Christine Lagarde fiel mit einer für ihre Verhältnisse sehr aggressiven Wortwahl in Richtung Inflation und den Kampf dagegen auf“, sagt Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus Robomarkets. „Einer Trendwende oder gar einer Pause im Zinserhöhungszyklus erteilte sie mehr als deutlich eine Absage.“

Wenn keiner mehr an die Rally glaubt ...

Doch gerade wenn keiner mehr an die Weihnachtsrally glaubt, wird sie nach Lesart mancher Börsianer wahrscheinlicher: Denn auch wenn die Umsätze mit den näherrückenden Feiertagen immer weiter zurückgehen dürften, seien Überraschungen in die eine oder andere Richtung gerade bei wenig Geschäft nicht ausgeschlossen, schreiben etwa die Experten von CMC Markets: „Die Chancen für eine Weihnachtsrally scheinen auf ein Minimum geschrumpft zu sein, jedoch sind sie in einem solchen Fall vermeintlich am größten.“ Denn wenn niemand mehr daran glaube und der Aktienmarkt die meisten Anleger auf dem falschen Fuß erwischen könne, entwickelten sich oft ungeahnte Chancen.Wer etwas weiter vorausschaut, sieht einen schmalen Silberstreif, der sich für das kommende Jahr am Börsenhorizont abzeichnet und der den DAX immerhin zu einem kurzen Sprung über die 14 000-Punkte-Marke motiviert hatte: Trotz der Energiekrise stellt sich die deutsche Wirtschaft für 2023 auf bessere Zeiten ein. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sprang im Dezember überraschend deutlich von 86,4 auf 88,6 Zähler. Die rund 9000 vom Ifo-Institut befragten Führungskräfte waren demzufolge mit den laufenden Geschäften zufriedener, als Ökonomen erwartet hatten. Zuvor war der Indikator sechsmal in Folge gefallen.

Hoffnung zum Weihnachtsfest

Auch die Erwartungen verbesserten sich merklich: „Die deutsche Wirtschaft schöpft zum Weihnachtsfest Hoffnung“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Eine Aufhellung des Geschäftsklimas in fast allen Branchen erkennt auch Ifo-Experte Klaus Wohlrabe: „Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession ist mit diesen Ifo-Daten gesunken. Es gibt positive Signale.“ Es gebe Anlass zur Hoffnung, dass die erwartete Rezession kürzer und auch milder ausfalle als ursprünglich erwartet, sagte er. Auch jüngste Umfragedaten des Finanzdienstleisters S & P Global bestätigen den Aufwärtstrend.

Wie auch immer Sie die Lage sehen: Wenn Sie an sinkende Märkte glauben, dann schauen Sie hier, welche Aktien Sie aus Ihrem Depot schmeißen sollten.

Gehen Sie aber von steigenden Kursen aus, dann sind das die Favoriten für 2023.

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 51/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.