Es ist ein Hexenkessel: In der Halle brüllen die Zuschauer. Donald Trump stürmt auf Wrestling-Chef Vince ­McMahon zu, wirft ihn zu Boden und schlägt auf dessen Kopf. Wenige Minuten später rasiert Trump ­ McMahons eine Glatze, während dieser angebunden im Ring sitzt. Willkommen bei Wrestlemania 2007.

Wer hätte das gedacht: Wrestling- Fan Trump ist mittlerweile Präsident der Vereinigten Staaten, sein milliardenschwerer Freund McMahon noch immer der Chef des Wrestling-Veranstalters WWE. Dessen Frau Linda war in Trumps Kabinett vorübergehend Beauftragte für die Mittelstandsförderung.

Selbst mit Trump im Weißen Haus ist Wrestling spektakulärer als Politik: Wenn die muskelbepackten Körper durch den Kampfring fliegen, ist das eine große Show, ein Mix aus ­Action und Fiction. Kostüme, Special Effects, Flammenwerfer, Panzer, Schreie, Schmerzen - all das gehört dazu, und die Vermarktung des Spektakels bringt viel Geld. Im ­Duell gegen Streamingdienste wie Netflix suchen die TV-Sender nach exklusiven Live-Events, und genau die kann die WWE bieten.

Gerüchten zufolge zahlt Fox bis zu eine Milliarde Dollar für einen Fünfjahresvertrag mit den Wrestlern. Mit der Sendergruppe NBC brachte ­McMahon einen weiteren Deal in trockene Tücher. Mit den Live-Ausstrahlungen könne er 30 bis 35 Prozent mehr Haushalte in den USA erreichen, schwärmte Vorstandskollege George Barrios Mitte Mai auf einer Konferenz der Investmentbank JP Morgan in Boston. Für Fox seien generell Live-Events das Herzstück der Strategie geworden. "Es ist gut für uns alle", so Barrios. Wrestling, einst ein Nischenspektakel, ist auf dem Weg zum Massenphänomen.

Millionen Familien werden die Kämpfe bald am Fernseher verfolgen. Der Veranstalter wird mehr Lizenz­einnahmen, Werbe- und Eintrittsgelder kassieren. Ab dem kommenden vierten Quartal wird der Kapitalfluss sprudeln wie nie zuvor, prognostizieren Analysten angesichts der TV-Kooperationen. Schon zum dritten Mal in Folge erreichte der Jahresumsatz einen Rekordwert: 2018 gingen 930 Millionen Dollar durch die Bücher. Die Wall Street erwartet, dass im laufenden Jahr die Marke von einer Milliarde Dollar überschritten wird.

Der nächste Fight


Zudem ist die Chance groß, dass sich das Geschäftsmodell rund um die Welt transportieren lässt. Mit Saudi-Arabien kamen die Amerikaner bereits Anfang 2018 ins Geschäft. Das Königreich, zu dessen Herrscher­familie Donald Trump freundschaftliche Kontakte pflegt, schloss einen Zehnjahresvertrag. Im Frühjahr und Herbst soll jeweils ein Live-Kampf über die Bühne gehen. Schätzungen zufolge sollen pro Jahr 40 bis 50 Millionen Dollar aus den Kassen der Saudis fließen.

Auch Indien ist ein vielversprechender Markt. Und in Großbritannien baut die WWE lokale Stars auf. "Dort betreiben wir das Ganze noch in geringem Umfang", erklärt Manager Barrio. Für den Hauptmarkt USA, woher der Löwenanteil des Umsatzes stammt, werden die Stars von morgen im Trainings­center in Orlando, Florida, aufgebaut. "In fünf Jahren werden wir das, was wir in Orlando haben, in vielen Städten rund den Globus haben", so lautet die Vision von Barrios.

Der Wahnsinn begann vor rund 35 Jahren: Vincent McMahon kaufte ein kleines Tourneegeschäft seines Vaters. Er baute es schrittweise aus, bot es in immer mehr Bundesstaaten an. Kaum hatte er sich national einen Namen gemacht, expandierte er ins Ausland. Er verkaufte Spielzeug, Tickets, T-Shirts, handelte Verträge mit Medien aus. Es folgte die ­digitale Kommerzialisierung, die Expansion in die sozialen Medien und das ­Direct-to-Consumer-Geschäft. Pay-TV-Deals kamen dazu.

Und Donald Trump? Der setzt weiter auf die Wrestler-Familie, allerdings in einer anderen Rolle: Linda McMahon soll als Chef-Spenden­organisatorin seine Wiederwahl 2020 sichern. Auch in dieser Position kann es nicht schaden, wenn man sich mit Krawall auskennt.

Investor-Info

World Wrestling Entertainment


Die Kämpfe des Wrestling-Veranstalters werden ab Herbst im TV übertragen. Umsatz und Gewinn dürften dadurch kräftig steigen, sagen Analysten voraus. Die Führungsspitze beschloss ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 500 Millionen Dollar. Gerät der Kurs unter Druck, dürfte davon Gebrauch gemacht werden. Das Bewertungsniveau der Aktie ist sportlich. Dafür stimmen die Per­spektiven. Spekulativer Kauf.

Kursziel: 80,00 Euro
Stopp: 49,50 Euro