Mit Smart-Beta-ETFs rücken die ETF-Anbieter immer näher an die Strategien aktiver Fondsmanager heran. Bei den Anlegern scheinen die Konzepte anzukommen: Smart-Beta-ETFs verzeichnen anhaltend hohe Zuflüsse. Nicht ohne Grund: Forscher konnten zeigen, dass Anleger mit Smart-Beta-ETFs oft besser fahren als mit klassischen Indexfonds.

Doch was sind eigentlich Smart-Beta-ETFs? Ein Merkmal ist allen Smart-Beta-ETFs gemein: Sie basieren nicht auf einem klassischen Aktien- oder Rentenindex. Stattdessen wird das ETF-Portfolio nach bestimmten, klar definierten Regeln und quantitativen Methoden konstruiert. Das soll mehr Rendite bringen und oft auch weniger Risiko bringen. Doch werden die Smart-Beta-ETFs diesem hohen Anspruch gerecht?

Forscher des Londoner CASS Business School haben untersucht, wie sich verschiedene Smart-Beta-Strategien in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelt hätten. Betrachtet wurden dabei sowohl Faktoransätze als auch alternative Gewichtungsmethoden. Die Analysen zeigen, dass sich Smart-Beta-Faktoren und -Methoden über mehrere Marktzyklen und unter unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen besser entwickelt haben als traditionelle Aktienindizes wie der S&P-500-Index.

Die Ergebnisse der Analysen erklären, warum Faktor- und andere Smart-Beta-ETFs bei Investoren immer beliebter werden: Laut der Studie wurde mit den betrachteten Smart-Beta-Strategien generell eine bessere risikoadjustierte Wertentwicklung erzielt, als es mit Investments in kapitalisierungsgewichtete Indizes möglich gewesen wäre. Zugleich hätten sich die Smart-Beta-Ansätze in den meisten Marktzyklen durch geringere Downside-Capture- Ratios ausgezeichnet. In der Baisse verloren sie also weniger als marktkapitalisierungsgewichtete Indizes.

Übersetzt heißt das: Anleger verdienen mit Smart-Beta-ETFs nicht unbedingt mehr als mit traditionellen Indexfonds. Allerdings schaffen sie mit Smart-Beta-ETFs die gleiche Rendite mit weniger Risiko. Gerade in der aktuellen Börsenzeit ist das doch ein gutes Kaufargument.

Für langfristig orientierte Anleger spricht ohnehin noch mehr für die Smart-Beta-ETFs. Auf Sicht von zwei Jahrzehnten brachten die Smart-Beta-ETFs nämlich nicht nur weniger Risiko, sondern tatsächlich auch eine höhere Rendite als traditionelle Indizes. Dieser absolute Erfolg gelang, weil die Smart-Beta-ETFs in Krisenzeiten tendenziell weniger stark abstürzten als andere Indexfonds.

Auf Seite 2: Das sind die fünf spannendsten Smart-Beta-ETFs





WisdomTree Europe Equity Income ETF



Europäische Aktien locken derzeit mit ausgesprochen hohen Dividendenrenditen. Vier Prozent und mehr sind keine Seltenheit. Der WisdomTree Europe Equity Income ETF (ISIN: DE000A14ND38) enthält die europäischen Aktien mit der höchsten Dividendenrendite. Der US-ETF-Anbieter WisdomTree verzichtet bei diesem ETF auf Kriterien, die vielen anderen Dividenden-ETFs wichtig sind: Der WisdomTree Europe Equity Income ETF stellt nicht auf die Dividendenhistorie ab und berücksichtigt auch nicht die Höhe der Ausschüttungsquote. "Uns interessiert in erster Linie die Bardividende der letzten zwölf Monate", sagt Viktor Nossek, Research-Chef bei WisdomTree Europe. Nur die 30 Prozent Aktien eines Marktes mit den höchsten Renditen kommen in den ETF. Aktuell sind das etwa 270 Titel. Gewichtet werden die Aktien im WisdomTree Europe Equity Income ETF weder nach Marktkapitalisierung noch nach Dividendenrendite, sondern nach der von dem Unternehmen insgesamt ausgeschütteten Dividendensumme. Jedes Jahr im Juni wird die Gewichtung angepasst. Dabei wird das Engagement in jedem einzelnen Land auf ein Drittel des Index begrenzt. Für Branchen gilt eine Höchstgrenze von jeweils 25 Prozent. Wenig gehandelte Aktien werden zudem geringer gewichtet als rege gehandelte Aktien.

WisdomTree Europe Equity Income ETF

ISIN: DE000A14ND38

Gesamtkostenquote: 0,29 Prozent

Replikationsmethode: physisch

Ertragsverwendung: Ausschüttung



PowerShares EURO STOXX High Dividend Low Volatility ETF



Invesco Powershares, die Nummer vier im US-ETF-Markt, geht bei der Dividenden-Strategie noch einen Schritt weiter. Die US-Gesellschaft kombiniert die Dividendenstrategie mit der Low-Vola-Strategie. Ihr neuer PowerShares EURO STOXX High Dividend Low Volatility ETF investiert nur in die 50 Aktien des Euro Stoxx Index, die die höchste Dividenden-Rendite UND die geringste Volatilität aufweisen. "Der ETF kombiniert zwei der bewährtesten und relevantesten Faktoren", begründet Bryon Lake, Europa-Chef von Invesco PowerShares.

Um das ETF-Portfolio zusammenzustellen, macht Powershares zunächst ein Screening des Euro Stoxx Index. Dieser Index enthält die Euro-Zone-Aktien aus dem Stoxx Europe 600 Index. Im ersten Schritt des Screenings werden die 75 Aktien mit der höchsten Dividendenrendite der letzten zwölf Monate ausgewählt, bei maximal 10 Aktien pro Land. Im PowerShares EURO STOXX High Dividend Low Volatility ETF finden davon diejenigen 50 Aktien Berücksichtigung, die die geringste Volatilität aufweisen. Die Gewichtung erfolgt auf Basis der Dividendenrendite und beträgt maximal drei Prozent pro Aktie.

PowerShares EURO STOXX High Dividend Low Volatility ETF

ISIN: IE00BZ4BMM98

Gesamtkostenquote: 0,30 Prozent

Replikationsmethode: physisch

Ertragsverwendung: Ausschüttung



ETFS Lombard Odier IM Global Government Bond Fundamental GO ETF



Auch für Anleihen-Freunde gibt es inzwischen Smart-Beta-ETFs - und auch bei diesen ETFs steht das Ziel Risikominimierung im Vordergrund. Mit dem ETFS Lombard Odier IM Global Government Bond Fundamental GO ETF (ISIN: IE00BSVYHQ11) will der britische ETF-Anbieter ETF Securities ein Kernproblem der typischen Renten-ETFs angehen. Auch bei diesen ETFs bzw. bei den Indizes auf denen die ETFs basieren, werden nämlich die Anleihen ebenfalls nach Marktkapitalisierung gewichtet. Bei Anleihen-ETFs ist das aus Anlegersicht aber besonders ungeschickt. Bei Renten-ETFs kann nämlcih die Gewichtung nach Marktkapitalisierung mehr Risiko mit sich bringen.

So haben in den großen Staatsanleihen-Indizes genau die Länder das größte Gewicht, die besonders viel Geld an den Kapitalmärkten aufgenommen haben. Anleger investieren mit solchen ETFs also ausgerechnet in die Staaten mit den höchsten Schulden und kaufen sich so womöglich ein höheres Ausfallrisiko ein. Zudem stellen am globalen Rentenmarkt wenige Staaten den Großteil des Marktvolumens. Gut die Hälfte der verfügbaren Anleihen kommt aus den Vereinigten Staaten und Japan. Wer nach dem Volumen gewichtet, läuft also Gefahr, große Klumpenrisiken einzugehen.

Beim ETFS Lombard Odier IM Global Government Bond Fundamental GO ETF bestimmt deshalb ein mehrstufiger, quantitativer Bewertungsprozess die Zusammensetzung des Fondsportfolios. Ziel ist dabei, diejenigen Staaten zu identifizieren, die ihre Schulden mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zurückzahlen werden. Die Bewertung und Gewichtung erfolgt anhand von Wirtschafsdaten wie Verschuldungsgrad, Höhe der Steuereinnahmen oder soziale und politische Stabilität.

Die Methode führt zu einem Portfolio, das sich in der Regel deutlich von dem eines breiten Anleihen-Index unterscheidet. So kommen etwa japanische Anleihen im ETFS Lombard Odier IM Global Government Fundamental ETF kaum vor. Im Barclays Global Government Index belegen Papiere aus Japan dagegen rund ein Viertel des Portfolios. Anleihen der Schwellenländer haben in ETFS Lombard Odier IM Global Government Fundamental ETF dafür 30 Prozent Anteil. In typischen Anleihen-Weltindizes sind EM-Anleihen nur sehr gering vertreten.

ETFS Lombard Odier IM Global Government Bond Fundamental GO ETF

ISIN: IE00BSVYHQ11

Gesamtkostenquote: 0,25 Prozent

Replikationsmethode: physisch

Ertragsverwendung: Ausschüttung



iShares Edge MSCI World Multifactor ETF



Wer systematisch auf Value-Aktien, Small Caps oder Aktien mit niedriger Volatilität setzt, kann oft überdurchschnittliche Renditen einfahren. Um solche Aktien zu finden, mußten Anleger oder Fondsmanager früher mehr oder weniger aufwändige Analysen fahren. Heute geht es einfacher: Wer von der Ertragskraft eines bestimmten Faktors überzeugt ist, braucht nur den entsprechenden Faktor-ETF.

Der Indexanbieter MSCI berechnet inzwischen mehrere Indizes für verschiedene Risikofaktoren. Sie dienen bereits als Basis einiger iShares-Faktor-ETFs. Wer sich nicht für einen Faktor entscheiden kann, oder sich nicht das richtige Timing zutraut, greift zum Multi-Faktor-ETF. Dort sind stets vier verschiedene Faktoren vertreten.

Der iShares Edge MSCI World Multifactor UCITS ETF (ISIN: IE00BZ0PKT83) enthält rund 380 Aktien aus zwölf Ländern. Selektiert werden sie nach vier Anlagestilen, die laut iShares "historisch betrachtet langfristig Mehrwert erwirtschaftet haben". Im einzelnen sind das die Faktoren: niedrige Bewertung (Value), Unternehmensqualität (Quality), Kursdynamik (Momentum) und Unternehmensgröße (Size).

Leider bringen die einzelnen Aktienfaktoren nicht immer und zu aller Zeit die höhsten Renditen. In manchen Marktphasen laufen etwa Value-Aktien oder Small Caps dem Gesamtmarkt hinterher. Deshalb wird beim iShares Edge MSCI World Multifactor UCITS ETF immer gleichzeitig in die vier genannten Faktoren investiert. Über das Timing brauchen sich Anleger deshalb nicht mehr den Kopf zerbrechen.

iShares Edge MSCI World Multifactor UCITS ETF

ISIN: IE00BZ0PKT83

Gesamtkostenquote: 0,50 %

Replikationsmethode: physisch

Ertragsverwendung: Thesaurierung



First Trust Germany AlphaDEX UCITS ETF



Multi-Faktor-ETFs sind der neueste Trend in der ETF-Branche. Multi-Faktor-ETFs selektieren die Aktien für das Fondsportfolio nach mehreren Risikofaktoren, aufgrund derer Anleger eine höhere Rendite erwarten. Vor allem in den Vereinigten Staaten erfreuen sich solche ETFs zunehmender Beliebtheit.

Jetzt kommen die Multi-Faktor-ETFs auch nach Deutschland, beispielsweise der First Trust Germany AlphaDEX UCITS ETF (ISIN: DE000A2AEM85). Für diesen ETF werden die Aktien des MSCI Germany Index einmal im Quartal nach drei Value- und drei Growth-Kriterien bewertet. Grundlage für die Bewertung der einzelnen Aktien sind die Value-Faktoren Kurs-Buch-Verhältnis, Kurs-Cashflow-Verhältnis und Vermögensrenditen sowie die Growth-Faktoren Momentum, Umsatzwachstum und Kurs-Umsatz-Verhältnis.

Sowohl die Bewertungsfaktoren Value und Growth als auch die Sub-Bewertungsfaktoren haben im Prozess immer die gleiche Wertigkeit. Auf Basis der Ergebnisse wird dann eine Rangfolge gebildet. Die ersten 75 Prozent der Aktien kommen dann in den ETF, auf die restlichen 25 Prozent wird verzichtet. Am Ende des AlphaDEX-Prozesses steht dann ein Portfolio mit wachstumsstarken Aktien, die allerdings deutlich niedriger bewertet sind als die Titel im Dax oder MSCI Deutschland.

First Trust Germany AlphaDEX UCITS ETF

ISIN: DE000A2AEM85

Gesamtkostenquote (TER): 0,65%

Replikation: vollständig physisch