Value-Aktien schneiden auf lange Sicht besser ab als Growth-Aktien. Das belegen viele empirische Studien sowie die vergangenen 15 Jahre. Seit Anfang 2000 war der MSCI-World-Value-Index erfolgreicher als der entsprechende Growth-Index (siehe Chart). Gerade in den Jahren 2001 bis 2007 liefen Value-Fonds außergewöhnlich gut. Wer im Jahr 2008 in Value-Aktien einstieg, hatte seither aber das Nachsehen. Growth-Aktien waren in den vergangenen acht Jahren renditestärker. "Die Underperformance von Value gegenüber Growth hält weiter an", bestätigt Norbert Keimling, Leiter der Kapitalmarktforschung bei StarCapital in Oberursel.

Keimling ist jedoch überzeugt, dass niedrig bewertete Aktien früher oder später wieder outperformen werden. "Auf Basis von historischen Markterfahrungen erscheint ein Comeback des Value-Investing mehr als überfällig", erklärt er. Keimling hat dazu Börsendaten der vergangenen 84 Jahre ausgewertet. Demnach folgte auf eine erfolgreiche Growth-Phase immer eine stabile Value-Outperformance. Keimling ist selbst Value-Investor und managt den globalen Aktienfonds StarCapital Priamos.

Zu seinen bevorzugten Auswahlkriterien zählt das KGV10 beziehungsweise das Shiller- CAPE. Entwickelt hat diese Bewertungskennziffer der US-Ökonom Robert Shiller, der im Jahr 2013 den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt. Seine Idee dahinter ist einfach. Man bewertet einen Markt nicht auf Basis seiner aktuellen Gewinne sondern auf Basis eines zehnjährigen Gewinndurchschnitts um die Ertragskraft eines Marktes über den Wirtschaftszyklus zu glätten. Keimling hält viel vom Shiller-KGV, weil es eine hohe Prognosekraft besitzt. Das heißt: Länder und Sektoren mit einem niedrigen Shiller-KGV schneiden auf längere Sicht fast immer besser ab als hoch bewertete Länder und Sektoren. Ein KGV auf Basis von Einjahresgewinnen hält Keimling dagegen für nutzlos. "Die Prognosekraft dieser Kennziffer tendiert gegen null", sagt er.

Beim StarCapital Priamos investiert Keimling bevorzugt in Aktien, die gemessen am KGV10 und anderen Value-Kennziffern aus günstig bewerteten Ländern und Sektoren stammen. Im Schnitt ist sein Portfolio auf diese Weise um 30 bis 40 Prozent günstiger bewertet als der MSCI-World- Index. Derzeit mag Keimling Titel aus Italien (13 %), Deutschland (6 %), Frankreich (6 %) und Spanien (6 %). Zudem hat er Aktien aus Südkorea (10 %), China (7 %) und weiteren Schwellenländern (15 %) vergleichsweise hoch gewichtet. "Emerging-Markets-Aktien sind momentan spottbillig", sagt er.

In US-Aktien hält Keimling dagegen nur vier Prozent. Das ist seine Untergrenze für einen Markt dieser Größe. "US-Aktien sind extrem hoch bewertet", begründet er. Zwar müssen sie aufgrund ihres "Safe-Haven"-Status nicht zwangsläufig fallen, aber womöglich stagnieren, glaubt er. Gemessen am Shiller- KGV rechnet Keimling damit, dass US-Aktien in den nächsten 15 Jahren einen jährlichen Ertrag von 3,6 Prozent abwerfen werden. Die untere und obere Rendite-Erwartung setzt er dabei zwischen 2,8 und 5,7 Prozent an. Zum Vergleich: Bei deutschen Aktien rechnet der Experte mit einem jährlichen Ertrag von 5,9 Prozent (4,3 bis 7,6 Prozent), bei italienischen Aktien mit 8,5 Prozent (5,9 bis 9,7 Prozent).

Seit Mitte 2013 kombiniert Keimling seinen Deep-Value-Stil mit einem Momentum- Ansatz. "Wir kaufen Value-Aktien nicht mehr sofort, sondern erst nach einer Bodenbildung", sagt Keimling. Auf diese Weise möchte er Value-Fallen vermeiden.