Bis zu 10 % Dividende: Hochdividenden-ETFs locken mit üppigen Ausschüttungen. Doch oft steckt dahinter kein Renditewunder, sondern schleichender Substanzverlust.
Hohe Ausschüttungen sind für viele Anleger ein magischer Anziehungspunkt. Monatlicher Cashflow, planbare Erträge, das Gefühl, auch in schwankungsreichen Zeiten solide Einnahmen zu generieren – gerade in einer Welt, in der Zinsen lange Zeit kaum existierten, klingt das wie die perfekte Strategie.
Dividenden-ETFs mit Renditen zwischen fünf und zehn Prozent boomen. Doch wie schon bei Covered-Call-ETFs steckt auch hier ein Haken: Hohe Dividenden bedeuten meist nicht mehr Rendite – sondern weniger Wachstum.
Die neue Lust auf Hochdividenden
Einer der derzeit populärsten Vertreter dieser Kategorie ist der iShares World Equity High Income Active UCITS ETF (WKN: A40121). Der Fonds wurde im Frühjahr 2024 aufgelegt und investiert weltweit in dividendenstarke Unternehmen. Er ist aktiv gemanagt, soll also gezielt Titel auswählen, die hohe Ausschüttungen versprechen, ohne zu stark auf die Substanz zu gehen. Mit einer Forward-Dividendenrendite von rund neun Prozent spricht er genau jene Anleger an, die nach planbaren Erträgen suchen.
Bislang steht der ETF sogar leicht im Plus: Seit Auflage hat er rund zwei Prozent an Wert gewonnen. Doch die Geschichte ist noch jung. Der Fonds ist noch nicht durch einen echten Abschwung gelaufen – die Bewährungsprobe steht also noch aus.
Wesentlich älter ist der Global X SuperDividend UCITS ETF (WKN: A3DEKS). Er zählt zu den bekanntesten Hochdividenden-Produkten auf dem Markt. Die Strategie ist klar: ein möglichst hoher Cashflow durch Investments in besonders renditestarke Aktien. Die Ausschüttungsrendite liegt ebenfalls bei rund acht bis zehn Prozent. Doch hier zeigt sich die Kehrseite: In den vergangenen fünf Jahren hat der ETF rund 36 Prozent an Wert verloren.
Diese Entwicklung entlarvt die verlockende Rendite: Die hohen Ausschüttungen sind kein zusätzliches Geschenk, sondern sie werden aus dem Kapitalstock finanziert. Wer also Monat für Monat üppige Dividenden erhalten hat, besitzt heute einfach deutlich weniger Vermögen als zu Beginn.
Warum hohe Dividendenrenditen so trügerisch sein können
Der Mechanismus ist im Grunde simpel. Fonds mit besonders hohen Dividenden investieren meist in reife, häufig stagnierende Branchen oder in Titel, die gerade aus gutem Grund günstig bewertet sind. Eine hohe Dividendenrendite ist oft ein Symptom, nicht ein Qualitätsmerkmal. Oft handelt es sich um Unternehmen, die kaum wachsen oder deren Geschäftsmodell unter Druck steht.
Hinzu kommt: Wer hohe Dividenden vereinnahmt, verzichtet in vielen Fällen auf den Zinseszinseffekt, der langfristige Performance überhaupt erst möglich macht. Während thesaurierende ETFs Kursgewinne und Erträge reinvestieren und damit Kapital aufbauen, entnimmt der Anleger bei ausschüttungsstarken Produkten regelmäßig Mittel, die im Depot dann fehlen. Die Folge ist, dass selbst moderate Kursverluste auf Dauer schwer wieder aufzuholen sind.
Ein dritter Punkt ist die Steuer. Dividenden werden sofort mit Abgeltungssteuer belegt – in Deutschland 26 Prozent plus Solidaritätszuschlag, gegebenenfalls auch Kirchensteuer. Kursgewinne hingegen entstehen oft über Jahre und werden erst beim Verkauf besteuert. Das sorgt für einen spürbaren Steuer-Drag, der bei hohen Bruttorenditen die Nettoerträge erheblich schmälert.
Dividende ist nicht gleich Performance
Die vielleicht wichtigste Unterscheidung lautet: Dividendenrendite ist nicht gleich Gesamtrendite. Beim Global X SuperDividend ETF sah die Rechnung oberflächlich beeindruckend aus: Acht bis zehn Prozent Ausschüttung jährlich. Doch der ETF hat sich in fünf Jahren um mehr als ein Drittel im Kurs verringert. Wer hier investiert hat, besitzt heute trotz der üppigen Auszahlungen weniger Kapital als beim Einstieg.
Der iShares World Equity High Income Active ETF wirkt auf den ersten Blick stabiler. Aktives Management kann helfen, allzu anfällige Titel zu vermeiden. Doch dieser Fonds muss seine Stabilität erst noch unter Beweis stellen. Sollte die Konjunktur ins Wanken geraten oder die Zinsen wieder sinken, kann auch hier die vermeintlich sichere Ausschüttung unter Druck geraten.
Eine Parallele: Covered-Call-ETFs
Die Logik ähnelt den Covered-Call-Strategien, etwa beim Global X Nasdaq 100 Covered Call ETF (WKN: A2QR39). Auch dieser ETF wirbt mit zweistelligen Ausschüttungsrenditen.
Doch während der Nasdaq 100 im Laufe des Jahres 2025 um mehr als 50 Prozent gestiegen ist, fiel der Covered-Call-ETF von rund 17,50 Euro auf 14 Euro zurück – und hat sich bis heute nicht erholt. Was nach attraktiver Ertragsquelle aussieht, entpuppt sich in der Praxis als Tauschgeschäft: Sofortiger Cashflow gegen entgangene Kursgewinne.
Warum viele Anleger das Risiko unterschätzen
Der Reiz hoher Dividenden ist emotional: Regelmäßige Ausschüttungen geben Sicherheit und schaffen ein Gefühl von Stabilität, selbst wenn die Märkte schwanken. Doch gerade diese emotionale Komponente macht die Produkte gefährlich.
Viele Anleger verwechseln hohe Dividenden mit Stabilität, obwohl sie oft das Gegenteil bedeuten: eine Anlage in wenig wachstumsstarken Märkten mit hohem Substanzverbrauch. Zudem sind die Renditen oft nur in guten Zeiten haltbar. Gerät der Markt unter Druck oder kommt es zu Branchenrotationen, brechen genau diese Werte oft besonders stark ein.
Der entscheidende Punkt: Die Gesamtrendite
Letztlich zählt bei jeder Geldanlage nicht der Cashflow allein, sondern die Gesamtrendite – also Kursentwicklung plus Ausschüttung. Ein ETF, der zehn Prozent Dividende zahlt, aber 30 Prozent Kursverlust produziert, ist kein Erfolg, sondern eine Illusion.
Wer Hochdividenden-ETFs ins Depot legt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich nicht um ein einfaches Renditewunder, sondern um ein Instrument mit eingebautem Preis handelt. Sie können als Beimischung sinnvoll sein, insbesondere für Anleger, die regelmäßige Erträge priorisieren und sich des Wachstumsverzichts bewusst sind. Für den langfristigen Vermögensaufbau sind sie hingegen selten die optimale Lösung.
Verlockend, aber kein Selbstläufer
Dividenden-ETFs mit hohen Ausschüttungen wirken attraktiv – gerade in Zeiten, in denen Anleger nach kalkulierbaren Erträgen suchen. Doch hinter der schönen Fassade steckt oft ein System aus Wachstumsverzicht, Steuerbelastung und Kursrisiken.
Wer hier investiert, muss verstehen, dass hohe Dividenden keine zusätzliche Renditequelle sind, sondern eine Verteilung der bestehenden Substanz. Für einkommensorientierte Anleger können Hochdividenden-ETFs ein Baustein sein. Für alle anderen gilt: Besser zweimal hinschauen, bevor man sich blenden lässt.
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