Die ersten Produkte geraten wegen Corona ins Trudeln. Was auf Anleger nun zukommt und worauf sie bei neuen Fonds achten sollten. Von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag

Nach einem Jahr Pandemie gibt es nun auch unter Geschlossenen Publikumsfonds die ersten Opfer. Ein vor 14 Jahren aufgelegter Flugzeugfonds des Offenbacher Anbieters Doric steht offenbar kurz vor der Pleite. Zudem kündigte Lothar Estein, einer der Gründer der US Treuhand, an, die Anleger des 2008 aufgelegten US-Immobilienfonds UST XIX würden wohl 63 Prozent ihres eingesetzten Kapitals verlieren. Experten wie der Rosenheimer Analyst Stefan Loipfinger gehen davon aus, dass wegen Corona noch weitere Geschlossene Fonds ins Trudeln geraten werden.

Der Grund für das drohende Ende mit Schrecken bei dem US-Beteiligungsangebot: Die Belegung der Fondsimmobilie, einem Marriott-Luxushotel in Chicago, brach wegen der Pandemie von zuvor 77 Prozent auf unter zehn Prozent ein. Ein Weiterführen des Fonds sei mit Blick auf 288 Millionen US-Dollar an Krediten aussichtslos, erklärte Estein. Seit März 2020 sei das Hotel nahezu zahlungsunfähig.

Während der in Orlando, Florida, lebende Geschäftsmann offen über den, wie er sagt, "Super-GAU" für den Chicago-Fonds spricht, hüllt sich Doric über das vermutlich unerfreuliche Ende von Flugzeugfonds II in Schweigen. "Wir äußern uns nicht dazu", beschied eine Sprecherin der Südhessen Nachfragen von €uro am Sonntag.

Laut Fonds Professionell Online (FPO) kündigte Doric gegenüber Anlegern an, einen Insolvenzantrag für den Fonds zu stellen. Der Anlass für diesen Schritt: Das von der Fluggesellschaft Air Mauritius geleaste Fondsobjekt vom Typ Airbus A330 zahlte seit April 2020 keine Leasingraten mehr. Zudem befinde sich die Air Mauritius in der Umstrukturierung. In der Zeit könne der Fonds nicht über das von ihm gehaltene Flugzeug verfügen. Nun reiche die Liquidität des Fonds nicht mehr dazu, den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Laut FPO haben die Anleger im Zuge jährlicher Ausschüttungen in Summe 77 Prozent ihrer Einlagen zurückbekommen. Ob sie von ihren ursprünglich eingezahlten 32,8 Millionen Euro noch etwas mehr wiedersehen, erscheint höchst ungewiss.

Problemfall Hotelimmobilien

Beim Chicago-Fonds der US Treuhand verlieren die gut 1.500 Anleger voraussichtlich etwa 65 Millionen ihrer eingebrachten 105,5 Millionen US-Dollar. Es ist der erste Fonds des Anbieters, der seinen Anlegern Verluste beschert. Er habe das Investment zwar noch nicht vollends aufgegeben, erklärt Estein, doch selbst dann, wenn er mit 30 Millionen US-Dollar eigenem Kapital helfen würde, reiche das nicht, um die Bankfinanzierung weiter stemmen und die Chance auf weitere Rückflüsse an die Anleger aufrechterhalten zu können.

Infolge der diversen Lockdowns sind insbesondere viele Hotelimmobilien von massiven Einnahmeausfällen betroffen. Das wirkt sich entsprechend auf zahlreiche Geschlossene Hotelimmobilienfonds aus. Dr. Peters, ein Anbieter aus Dortmund mit viel Hotelexpertise, reagierte etwa mit Stundungsvereinbarungen, die finanziellen Druck von den Betreibern der Häuser nehmen sollten. Ein Sprecher nennt Pachtstundungen einen Beitrag dazu, "die betroffenen Unternehmen und damit die Investments unserer Kunden zu stabilisieren".

Die Deutsche Fondsvermögen (DFV), die über diverse Fonds rund 250 Millionen Euro in Hotelimmobilien gesteckt hat, setzt seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr auf immer wieder neu angepasste Rezepte, die Hotels und somit die Fonds am Leben zu halten. Dazu gehören neben Stundungsvereinbarungen mit den Betreibern ein vorläufiger Stopp von Ausschüttungen, verlängerte Pachtverträge und für die Zeit nach der Pandemie etwas erhöhte Pachten. Dabei geht es nach den Worten von DFV-Prokurist Markus Gretenkord um überschaubare Dimensionen. Ein Beispiel: Wenn die Monatspacht pro Zimmer bislang 520 Euro betrage, könne sie nach Corona vielleicht bei 528 Euro liegen. "Das ist verkraftbar", ist Gretenkord überzeugt.

Von einem Sonderfall berichtet Andreas Heibrock, Geschäftsführer des Augsburger Fondsanbieters Patrizia Grundinvest. Zu den Investments der zwölf Geschlossenen Bestandsfonds seines Hauses gehören drei Hotels. Bei den zwei Häusern in Mülheim/Ruhr und Stuttgart verfährt Heibrock ähnlich wie DFV-Hotelexperte Gretenkord. Beim dritten Haus ist es anders. Heibrock: "Wir haben ein Hostel in Berlin, das seine Miete trotz Corona regulär weiterzahlt." Die Erklärung: Dort seien Mitarbeiter von Baufirmen einquartiert, die zuvor in Sammelunterkünften logierten. Die seien wegen der Pandemie geschlossen. Gut für den Patrizia-Fonds.

Generell kommen die Fonds der Augsburger bislang nahezu ungeschoren durch die Corona-Krise. "Bei all unseren zwölf Publikumsfonds haben wir 2020 für 2019 Ausschüttungen gezahlt", so der Geschäftsführer. "Neun Fonds liegen kumuliert über Plan, zwei im Plan und einer zahlte Corona-bedingt bislang weniger aus als prognostiziert." Heibrock geht davon aus, dass seine Fonds "auch in Corona-Zeiten weiterhin ihre jährlichen Auszahlungen leisten".

Fondsanalyst Loipfinger rät Anlegern Geschlossener Fonds, die derzeit nicht ausschütten, weil sie zum Beispiel in Hotels investiert sind, von Aktionismus ab. Es ergebe im Moment keinen Sinn, seine Anteile auf dem Zweitmarkt zu verkaufen. Dort seien für solche Fonds aktuell nur schlechte Preise zu erzielen. "Ich rate zum Durchhalten", so Loipfinger. Auf längere Sicht müssten die meisten Hotels wieder gut laufen, insbesondere die in Ferienregionen. Bei Businesshotels in Städten brauchten die Anleger voraussichtlich noch etwas mehr Geduld.

Was tun bei neuen Fonds?

Unterdessen gibt es auch in Corona- Zeiten zahlreiche neue Geschlossene Immobilienfonds, an denen sich Anleger beteiligen können (siehe Tabelle unten). Darunter ist auch einer der US Treuhand. Sie versucht mit ihrem UST XXV, Corona-bedingt gefallene Kaufpreise zu nutzen.

Und es gibt auch Anbieter, die erstmals Produkte dieser Art vertreiben, mit denen Anleger eine unternehmerische Beteiligung eingehen. Zu den Neulingen gehören die Wiesbadener d.i.i. Investment sowie die Düsseldorfer Silberlake Real Estate Group. Beide probieren es zunächst mit einem eher überschaubaren Vertriebsvolumen von 15 Millionen Euro Eigenkapital.

Stefan Loipfinger rät Anlegern aktuell dazu, nur Anteile an Fonds zu zeichnen, wenn deren Objekte nicht schon vor längerer Zeit und entsprechend teuer eingekauft wurden. Er geht bei vielen Immobilien von bereits gefallenen oder noch fallenden Preisen aus. Heißt für Anleger: Besser in einen Fonds investieren, der gerade erst eingekauft hat oder seine Objekte erst noch erwirbt. Und noch ein Tipp: "Anleger sollten darauf achten, dass das Management eines Fonds wirklich kompetent ist." Also vorm Zeichnen checken, was die Fondsmanager bislang so auf die Reihe gekriegt haben.


 


Markus Gretenkord, Prokurist der Deutschen Fondsvermögen

"Ausschüttung ausgesetzt"

Deutsche Fondsvermögen (DFV): » 250 Millionen Euro haben Fonds der Hamburger in Hotels investiert. Wie es um die Produkte steht

€uro am Sonntag: Herr Gretenkord, wie sind Ihre sieben Hotelfonds bislang durch die Corona-Krise gekommen?

Markus Gretenkord: Für 2019 haben wir bei allen Fonds noch ganz normal mindestens fünf Prozent ausgeschüttet. Im April 2020 haben wir unseren rund 1.000 Hotelfonds- Anlegern mitgeteilt, dass wir von weiteren Ausschüttungen vorerst absehen müssen und zunächst versuchen, alle Hotelbetriebe stabil zu halten.

Die meisten Beherbergungsbetriebe sind nach wie vor geschlossen. Wie halten Sie Ihre Hotels am Leben?

In verschiedenen Schritten. Zu Beginn der Pandemie haben wir den Betreibern für die Dauer von bis zu sechs Monaten im Schnitt 90 Prozent der Pacht gestundet. Im Herbst 2020 vereinbarten wir dann in einer zweiten Stufe mit den meisten Betrieben dreierlei: Sofortzahlungen aus geflossenen Hilfsmitteln der Förderbank KfW, eine Verlängerung der Pachtverträge um mehrere Jahre und eine Erhöhung der Pachtzahlungen an die Fonds ab 2023.

Das reicht, um Hotels durch die Pandemie zu bringen?

Um Pleiten zu verhindern, haben wir alle Pachtverträge so umgestellt, dass als Basis zunächst etwa 60 oder 65 Prozent der vollen Pacht bis Ende 2021 fällig sind. Die Differenz zur vollen Pacht müssen die Betreiber erst nach der Krise zahlen, wenn die Hotels wieder rundlaufen.