Der Wettergott meinte es in diesem Jahr nicht allzu gut mit den Karnevalhochburgen am Rhein. Sturmtief Thomas sorgte für einen ungemütlichen Auftakt ins närrische Wochenende. Immerhin blieb es bei den großen Umzügen am Rosenmontag zunächst trocken, ehe die Jecken erneut zum Regenschirm greifen mussten. Zeitgleich mit den meteorologischen Kapriolen wurde das Börsenklima etwas rauer. Am 22. Februar lugte der DAX erstmals seit knapp zwei Jahren über die Marke von 12 000 Punkten. Doch an den beiden darauffolgenden Tagen gab der Leitindex um bis zu rund 300 Punkte nach.

Nach der Trump-Rally der jüngsten Monate lassen sich die Verluste als Gewinnmitnahmen deklarieren. Gleichwohl zeigen sie einmal mehr, dass es an der Börse nicht nur eitel Sonnenschein geben kann. Zumal in Europa mit wichtigen Wahlen in mehreren Ländern eine politische Gewitterfront aufziehen könnte. Vor allem der Urnengang in Frankreich gilt als Härtetest für die Eurozone. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Front National hat Außenseiterchancen, im Mai zur Staatspräsidentin gewählt zu werden. Als erste Amtshandlung würde sie wohl ein Referendum über Frankreichs EU-Austritt in die Wege leiten.

Sehr wahrscheinlich ist ein "Frexit" zwar nicht. Doch vor zwölf Monaten hatten auch nur die wenigsten Beobachter einen Ausstieg Großbritanniens oder Donald Trumps Triumph bei den US-Präsidentschaftswahlen auf dem Zettel. "Seit dem Brexit-Votum und der US-Wahl muss man auf alles vorbereitet sein", sagt Carsten Mumm, Chefstratege bei Donner & Reuschel. Im Interview auf Seite 4 rät er daher zu einer breiten Vermögensstreuung.

In der Tat hilft eine Diversifikation über die verschiedenen Anlageklassen, mit den jeweiligen Börsenphasen besser zurechtzukommen. Viele Anleger überlassen den Bau des Allwetterportfolios den Profis. Das zeigt ein Blick in die aktuelle Investmentstatistik des deutschen Fondsverbands BVI: Ende 2016 verwalteten Mischfonds 229 Milliarden Euro. Binnen vier Jahren ist die Kategorie damit um annähernd 90 Prozent gewachsen (siehe Grafik unten). Die Auswahl ist immens: In der Datenbank von BÖRSE ONLINE sind derzeit knapp 3400 Mischfonds zu finden.



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Mischfonds mit starken Managern



Zu den Schwergewichten gehört der Multiple Opportunities Fonds. Vor knapp zehn Jahren trat das Investmenthaus Flossbach von Storch mit dem Ziel an, "nachhaltig attraktive Renditen zu erwirtschaften". Kurz vor dem Jubiläum lässt sich hinter die Vorgabe ein Haken setzen. Seit seiner Auflage verteuerte sich der Fonds um 138 Prozent. 61 Prozent des Vermögens liegen in Aktien. Mit weniger als acht Prozent positioniert sich Fondsmanager Bert Flossbach derzeit in Anleihen. 11,7 Prozent des Kapitals hält er in Edelmetallen.

Auf ein prinzipiell ausgewogenes Verhältnis der beiden wichtigsten Anlageklassen achtet der DJE - Zins & Dividende. Aktuell teilt der Fonds sein Kapital jeweils knapp hälftig in Anleihen und Aktien auf. Bisher funktioniert der Absolute-Return-Ansatz, der auf stabile Zinseinkünfte und eine nachhaltige positive Wertentwicklung bei geringen Schwankungen zielt: Auf Sicht von fünf Jahren warf das Portfolio im Schnitt eine Rendite von 8,7 Prozent jährlich ab und schwankte dabei relativ wenig. Der DJE - Zins & Dividende zählt also zu Recht zu den 38 Mischfonds, die momentan mit der Euro-FondsNote 1 ausgezeichnet sind.

Dieses Gütesiegel kann sich der Allianz Strategiefonds Balance ebenfalls ans Revers heften. Von der breiten Masse hebt sich dieses Produkt durch die Tatsache ab, dass eine Frau für die Allokation zuständig ist. Seit Cordula Bauss das Ruder vor ziemlich genau vier Jahren übernahm, fuhr sie eine Performance von mehr als einem Drittel ein. Zuletzt hat die Managerin ihre Aktienquote auf 58 Prozent erhöht. Unter den größten Positionen sind namhafte US-Schwergewichte wie Apple, Microsoft oder JP Morgan Chase zu finden. Insofern überrascht es nicht, dass die Dynamik des Fonds mit der Rekordjagd an der Wall Street zugenommen hat.

Rückenwind spürt auch der UniRak. Der knapp 2,9 Milliarden Euro schwere Mischfonds ist gerade auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr geklettert. Zu knapp zwei Dritteln ist das Vermögen in Aktien investiert, während 31 Prozent auf Anleihen entfallen. Damit bewegt sich das Portfolio im Rahmen der eigenen Statuten. Was die Aktienseite anbelangt, liegt der Fokus auf Deutschland. Bei den fünf Schwergewichten im Portfolio handelt es sich ausschließlich um DAX-Mitglieder. Die offensive Anlagestrategie mit nationalem Fokus geht auf: Seit seiner Auflage Anfang 1979 warf der UniRak eine durchschnittliche Jahresrendite von 7,6 Prozent ab. Als Union Investment dieses Urgestein an den Markt brachte, zogen noch mehr als zwei Jahrzehnte ins Haus, bis Exchange Traded Funds (ETFs) in Europa Fuß fassten. Mittlerweile sind passive Indexfonds nicht mehr aus dem Anlageuniversum wegzudenken.



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Diversifikation per ETF



Einige Anbieter wagten sich mit Multi-Asset-Lösungen ins Gehege der aktiv verwalteten Mischfonds. Den Anfang machte im Herbst 2008 db X-trackers mit dem Portfolio Total Return ETF, der in passive Aktien- und Rentenfonds investiert. Die Aufteilung bestimmt regelmäßig ein Komitee. Derzeit geben Aktien mit einer Gewichtung von knapp zwei Dritteln den Ton an. Die Resultate können sich sehen lassen. Auf Sicht von fünf Jahren verteuerte sich der Fonds um knapp die Hälfte.

Den Comstage Vermögensstrategie gibt es noch keine zwölf Monate. Seit dem Start im April 2016 legte der Multi-Asset-ETF um respektable 15 Prozent zu. Die Allokation ist auf 60 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen und ein Zehntel Rohstoffe festgelegt. Comstage nimmt lediglich einmal pro Jahr eine Anpassung vor und setzt die Gewichtung auf das vorgeschriebene Niveau zurück. Zwar muss der Neuling noch zeigen, wie er mit einem raueren Börsenklima zurechtkommt. Doch wir halten die Vermögensstrategie gerade für Einsteiger interessant. Sie können hier, etwa über einen Sparplan, erste Schritte an den globalen Kapitalmärkten wagen.



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"Sorglosigkeit könnte sich rächen"





BÖRSE ONLINE: Sie haben drei Szenarien entwickelt, wie es in den nächsten drei bis fünf Jahren an den Märkten weitergehen könnte. Wie sehen diese genau aus?


Carsten Mumm: Spötter würden vielleicht sagen, drei Szenarien sind leicht entwickelt: gut, schlecht oder mittelprächtig. Aber wir sind schon ein bisschen mehr ins Detail gegangen und haben unsere Börsenwettervorhersagen mit "Sturm", "Sonnenschein" und "Grau-in-Grau" überschrieben.

Fangen wir mit dem unangenehmsten an. Was passiert bei "Sturm"?


Populismus und Protektionismus nehmen zu. In der Folge zerfällt die Eurozone und die Globalisierung wird zurückgedreht. Dies führt zu einer heftigen globalen Wachstumsabschwächung, damit zu Deflation und schließlich zu einem Crash am Aktienmarkt. Auch Rohstoffe, Zinsen und der Euro fallen. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe sinkt zumindest noch einmal auf das alte Tief bei minus 0,2 Prozent. Für Anleger bedeutet das: Es gibt so gut wie keine attraktiven Investmentchancen.

Und "Sonnenschein" wäre das Gegenteil?


Genau. US-Präsident Trump senkt die Steuern, die Wirtschaft boomt, die Inflationsrate zieht auf zwei bis vier Prozent an. Aktien, Rohstoffe, Zinsen und Euro steigen.

Fehlt noch "Grau-in-Grau".


Was im Prinzip bedeutet, alles bleibt, wie es ist - vor allem die Unsicherheit, wie es weitergeht. Die Wirtschaft in Europa stagniert, die meisten Anlageformen entwickeln sich unter starken Schwankungen seitwärts.

Welches dieser drei Szenarien ist am wahrscheinlichsten?


Wir haben darauf verzichtet, Eintrittswahrscheinlichkeiten in Prozent zu beziffern. Aber sagen wir so: Vor einem Jahr hätte ich die Wahrscheinlichkeit des "Sturm"-Szenarios wesentlich niedriger bewertet als heute. Doch seit dem Brexit-Votum und der US-Wahl muss man auf alles vorbereitet sein, zumal sich in jüngster Zeit eine gewisse Sorglosigkeit breitzumachen scheint.

Woran machen Sie das fest?


Wir haben eine Umfrage unter institutionellen Kunden durchgeführt, unter anderem, ob sie die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone in den nächsten drei Jahren sehen. Nur noch rund 30 Prozent bejahten dies - die Werte waren schon einmal deutlich höher. Außerdem denken wir, dass die positiven Aspekte der Trump-Wahl - etwa erhöhte Investitionen in die Infrastruktur - langsam in den Kursen enthalten sind. Daraus ergibt sich ein nicht zu unterschätzendes Enttäuschungspotenzial.

Das klingt aber doch so, als sei "Sturm" am wahrscheinlichsten?


Nein. Wir bleiben prognosefrei. Es heißt ja, Prognosen seien immer schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft beträfen. Aber im Ernst: Ich persönlich hätte 2016 - und auch schon in den Jahren davor - keinen Euro auf zehnjährige Bundesanleihen gesetzt. Aber genau die brachten einen Großteil der Rendite für unseren Fonds. Um sich mit einem Allwetterportfolio für jedes der genannten Szenarien zu wappnen, ist es unabdingbar, seine Anlagen breit über alle Vermögensklassen zu streuen, persönliche Präferenzen außen vor zu lassen und stringent einen systematischen Ansatz nach festen Regeln zu verfolgen.

Wie breit streuen Sie?


Unser Anlageuniversum besteht nicht nur aus Aktien und Renten. Wir beziehen auch Rohstoffe und andere Sachwerte mit ein. Was wir nicht abbilden können, sind Immobilien, dazu ist diese Anlageklasse zu illiquide. Um Katastrophen zu vermeiden, begrenzen wir Risiken systematisch, indem die Investitionsquoten bei Bedarf konsequent reduziert werden. Auch Gold sehen wir als Versicherung an, aber als strategische Halteposition, also außerhalb eines aktiv gemanagten Ansatzes.

Welche Rendite dürfen Anleger erwarten?


Da wir die Volatilität bei maximal fünf Prozent begrenzen wollen - mehr Schwankungen halten die wenigsten Anleger aus - ist die Renditeerwartung natürlich niedriger als bei reinen Aktienfonds. Realistisch sind nach Kosten drei Prozent pro Jahr. Außer das Szenario "Sonnenschein" tritt ein. In diesem Fall ginge sicher mehr.