Tim Albrecht bleibt. Eigentlich wollte der Star der Vermögensverwaltung DWS Group zum Jahreswechsel zur Privatbank Berenberg gehen. Dass der Ex-Chefanlagestratege Asoka Wöhrmann den glücklosen Nicolas Moreau Ende Oktober an der Spitze des Fondshauses abgelöst hat, hat Albrecht umgestimmt. "Tim ist seit 20 Jahren bei der DWS tätig. Er ist in der Branche und bei unseren Kunden global hoch angesehen", freut sich Wöhrmann. Das unterstreiche die Qualität der DWS Group. Auch für Anleger ist die Personalrochade ein Lichtblick. Zuvor notierte der Aktienkurs des Frankfurter Fondshauses rund 30 Prozent unter dem Ausgabepreis des Börsengangs im März.

Der erst vor knapp zwei Jahren berufene Moreau hatte keinen Draht zu den Kunden - und konnte nicht verhindern, dass diese Milliarden abzogen. Allein im dritten Quartal entschwanden 2,7 Milliarden Euro aus den Fonds, seit Jahresbeginn insgesamt 15,4 Milliarden. Nur dank Währungseffekten und geschickter Positionierung wuchs das verwaltete Vermögen ab dem zweiten Quartal wieder. Weil die Kunden vor allem margenschwachen Fonds den Rücken gekehrt haben und die DWS Group - dank Börsengang vom Mutterkonzern Deutsche Bank unabhängig - einen Sparkurs eingeleitet hat, blieben die Erträge einigermaßen stabil. Albrechts Sinneswandel könnte verhindern, dass künftig weitere Milliarden aus profitablen Aktienfonds der DWS abfließen. Zwei neue Kooperationen mit dem Versicherer Generali und Tikehau Capital, einem Spezialisten für alternative Investmentmöglichkeiten, sind ebenfalls vielversprechend.

Noch ist die Krise aber nicht ausgestanden. Dass die DWS Group auch in den Strudel der Skandale des Mutterkonzerns geschlittert ist, ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn veränderte Marktbedingungen treffen die gesamte Branche der Vermögensverwalter. Jahrelang eilten sie im Windschatten boomender Aktienmärkte und des hohen Investitionsbedarfs in Niedrigzinszeiten von Rekord zu Rekord. Doch Marktkorrekturen und steigende US-Zinsen haben das Szenario verändert. Die Börsenentwicklung zeigt, dass der Gegenwind zunimmt. Die Aktien globaler Anbieter wie Franklin Templeton, Invesco und Blackrock aus den USA sowie die des französischen Anbieters Amundi oder der schottischen Standard Life Aberdeen sind seit Jahresanfang um zweistellige Prozentsätze gesunken, weit stärker als ihr Vergleichsindex. 45 Prozent Börsenwert hat Amundi eingebüßt. Glimpflich ist der weltweite Branchenprimus Blackrock mit minus 18 Prozent davongekommen.



Sinkende Gebühren



Hohe Bewertungen und enttäuschte Hoffnungen auf weiter steigende Margen vertrieben die Anleger. Sogar der Primus Blackrock hat Einbußen hinnehmen müssen. Ende 2017 lag die Kennziffer für profitables Geschäft noch bei mehr als 42 Prozent. Mittlerweile ist sie knapp unter 40 Prozent gerutscht. Die Unternehmensberater von PwC gehen davon aus, dass sich der Abwärtstrend fortsetzt, bis 2025 könnten die Margen der Amerikaner demnach um 20 Prozentpunkte sinken.

Dahinter steht unter anderem eine Verlagerung im Produktmix", sagt Thorsten Gommel, Leiter des Bereichs Asset & Wealth Management bei PwC. Kapital fließe zunehmend in passive Produkte, deren Profitabilität um das Zehnfache unter der aktiver Fonds liege. Die zuletzt aufgelegten neuen und aktiv verwalteten Immobilien-, Infrastruktur- oder Unternehmensbeteiligungsfonds bedienen zwar eine hohe Nachfrage, aber die Zuflüsse können jene in die passive Konkurrenz nicht übertrumpfen. Darüber hinaus gibt es besonders in Europa zu viele Fonds, denen das gleiche Anlageuniversum zugrunde liegt.

Die Hälfte der Fonds in Europa dürfte unprofitabel sein, weil es ihnen an Masse fehlt", meint Gommel. Nicht nur diese Fonds stehen unter Preisdruck. Viele institutionelle Kunden, die oft gigantische Summen an Versicherungs- und Pensionsgeldern verwalten, haben Preise nachverhandelt, als es schwierig wurde, im Niedrigzinsumfeld attraktive Renditen zu erwirtschaften. Der Preisdruck führt zu Fusionen: Amundi hat die italienische Pioneer übernommen, Aberdeen die britische Standard Life - von weiteren Zusammenschlüssen ist vor allem in Europa auszugehen.

Dass die Mittelzuflüsse insgesamt schwächeln, geht auch an der Nummer 1, Blackrock, nicht spurlos vorbei. Das verwaltete Vermögen hat sich beim Finanzdienstleister aus New York unterm Strich kaum bewegt. 2017 wuchsen die "Assets under Management" von 5,1 auf 6,3 Billionen US-Dollar. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres steigerte sich der Betrag vergleichsweise gering auf 6,4 Billionen Dollar.

People’s Business



Zeit zu handeln. "Das Thema Kosten kommt wieder auf die Agenda", sagt Philipp Koch, Experte für Vermögensverwaltungen bei der Beratungsgesellschaft McKinsey. Die erfolgsverwöhnte Branche hat sich bislang nur wenig um die Automatisierung interner Abläufe gekümmert. Vom Geschäft mit Robo-Advisoren, also automatisierten Online- Vermögensverwaltern, erwarten weder Koch noch Gommel in näherer Zukunft so viel Dynamik, dass sie die Branchen grundlegend verändern.

Es reicht nicht, auf eine einfache Handhabung zu setzen", meint Gommel, auch die Performance müsse stimmen. Das deutsche Fintech Scalable -Capital etwa, das sowohl mit Blackrock als auch mit der Direktbank ING-DiBa kooperiert, wartete 2017 mit einer Rendite von 1,7 Prozent nach Gebühren auf, während der MSCI World um sechs Prozent zulegte. Das erklärt dann auch die überaus positive Reaktion der Börsianer auf die jüngste Personalie bei der DWS. Köpfe wie Tim Albrecht bleiben einstweilen äußerst wertvoll.