Die Freude an hohen Dividenden kann durch die deutsche Abgeltungsteuer und ausländische Quellensteuern getrübt werden. Wie für Anleger möglichst viel übrig bleibt. Von Stefan Rullkötter

Wer als Aktionär ein internationales Depot hat, sollte stets die steuerlichen Feinheiten bei Ausschüttungen beachten. Denn ausländische Quellensteuer kann die Dividendenrendite netto erheblich schmälern.

Die vor Ort erhobenen Pauschalabgaben auf Dividenden sind von Land zu Land unterschiedlich. Im ungünstigsten Fall wird neben der deutschen Abgeltungsteuer zusätzlich ausländische Quellensteuer ab­gezogen. So kann die Nettodividende des Aktionärs unter Umständen auf die Hälfte der Bruttoausschüttung sinken. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, gibt es zwei Auswege. Deutschland hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, die eine Anrechnung der ausländischen Quellensteuer auf die deutsche Abgeltungsteuer (25 Prozent) garantieren - maximal 15 Prozentpunkte. Die verbleibende Quellensteuer müssen sich Anleger bei ausländischen Finanzbehörden selbst zurückholen.

Gleiches gilt, wenn ausländische Pauschalabgaben nicht auf die deutsche Abgeltungsteuer angerechnet werden. Die nötigen ausländischen Steuerformulare stellt das Bundeszentralamt für Steuern (bzst.de) im Onlinebereich "Kapitalerträge" bereit. Folgende Grundregeln sind für Aktionäre und Fondsanleger wichtig:

Deutsche Dividenden. Seit 2009 zahlen Anleger auf ihre erzielten Kapitaleinkünfte grundsätzlich 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich Soli-Zuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die maximale Steuerbelastung für Kapitalerträge liegt unterm Strich bei 27,98 Prozent. Sofern weder ein Freistellungsauftrag (801 Euro Alleinstehende, 1602 Euro Zusammenveranlagte) noch eine Nichtveranlagungsbescheinigung (Personen mit weniger als 9408 Euro an steuerpflichtigen Einkünften) vorliegt, ziehen Depotbanken als "Zahlstellen des Fiskus" die bei Dividendenzahlungen anfallenden Steuern automatisch ein und leiten die Abgaben an das zuständige Finanzamt weiter.

US-Ausschüttungen. Besitzer von ­US-­Aktien müssen auf Dividendenzahlungen pauschal 30 Prozent der Ausschüttung als Quellensteuer an den amerikanischen Fiskus abführen. Bereits vor der Dividendenzahlung können deutsche Aktionäre einen Antrag auf Ermäßigung der US-Quellensteuer auf 15 Prozent stellen. Die Differenz von 15 Prozent­punkten kann man zwar einfordern, ­allerdings ist dafür eine spezielle Steu­er­erklärung für "beschränkt Steuerpflichtige" nötig, die rückwirkend nur für ein Jahr abgegeben werden kann. Hat die Depotbank dagegen bei US-Steuerbehörden den Status eines "Qualified Intermedia­ry", wird grundsätzlich nur der ermäßigte Satz (15 Prozent) einbehalten.

Britische Ausschüttungen. Die Besteuerung britischer Dividenden ist aus Sicht deutscher Aktionäre äußerst anlegerfreundlich. Großbritannien verzichtet für Dividendenzahlungen britischer Unternehmen an Anleger mit Wohnsitz in Deutschland auf jeglichen Quellensteuerabzug - und das bereits seit dem Jahr 1973. Ausschüttungen aus dem Vereinigten Königreich fließen "brutto für netto" auf das Depotverrechnungskonto, sofern ein Freistellungsauftrag oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung des deutschen Aktionärs vorliegen.

Japanische Dividenden. Erhalten hierzulande ansässige Anleger Dividendenzahlungen japanischer Unternehmen, haben sie es in puncto Steuer vergleichsweise einfach. Auf Ausschüttungen ­werden 15 Prozent Quellensteuer einbehalten, die anschließend von der Depotbank direkt auf die in Deutschland fällige Abgeltungsteuer (25 Prozent) an­ge­rechnet werden.

Ausschüttende Dividendenfonds. Auch auf Ausschüttungen von Dividendenfonds müssen grundsätzlich Abgeltungsteuer plus Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer (maximal 27,98 Prozent) gezahlt werden. Bei Investmentfonds werden seit 2018 auf Fondsebene 15 Prozent Körperschaftsteuer abgezogen, wenn sie deutsche Dividenden ­kassieren. Um diese Doppelbesteuerung auszugleichen, werden Ausschüttungen auf Anlegerebene teilweise frei­gestellt. Bei reinen Aktienportfolios, wie bei Dividendenfonds üblich, bleiben 30 Prozent der Ausschüttungssumme steuerfrei.

Thesaurierende Dividendenfonds I. Seit 2019 werden Anleger von thesaurierenden Dividendenfonds, die im Vorjahr keine oder kaum Erträge ausgeschüttet haben, zu Jahresanfang besteuert. Die sogenannte Vorabpauschale ist ein fiktiver Mindestbetrag, der von der Finanzverwaltung anhand des geltenden Zinsniveaus jährlich neu festgelegt wird. Die Abgabe fällt nur an, wenn der Fonds eine positive Wertentwicklung aufweist. Bei einem späteren Verkauf der Fonds­anteile verrechnet die Depotbank Vor­abpauschalen automatisch mit dem echten Veräußerungsgewinn. Im Jahr des Fondsanteilskaufs vermindert sich die Vorabpauschale um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat des ­Erwerbs vorangeht.

Thesaurierende Dividendenfonds II. Die Höhe der Vorabpauschale errechnet sich aus dem Wert des Fondsanteils zu Jahresbeginn multipliziert mit 70 Prozent des Basiszinses. Dieser Zinssatz auf den ersten Börsentag 2019 wurde mit 0,52 Prozent ermittelt. Damit beträgt die Vorabpauschale für 2019 exakt 0,364 Prozent (0,52 Prozent mal 0,7). Sie gilt zum ersten Werktag des Jahres 2020 als zugeflossen. Die fällige Abgabe führt die Depotbank direkt an den Fiskus ab.

Thesaurierende Dividendenfonds III. Die Vorabpauschale dürfen depotführende Stellen direkt vom Verrechnungskonto des Kunden abbuchen. Besteht das Depot bei einer Fondsgesellschaft, ist zum Abführen der Steuern auch ein Anteilsverkauf möglich. Das ist ­ärgerlich, wenn die Anteile zuvor mit Ausgabeaufschlag gekauft wurden. Die abgezogenen Beträge können bei einigen Gesellschaften, etwa Union Investment, kostenlos wieder angelegt werden. Eine Möglichkeit für Fondsanleger, den Steuerabzug zu verhindern, ist ein Freistellungsauftrag in ausreichender Höhe. Er sollte frühzeitig im Jahr gestellt oder angepasst werden. Auch mit einer Nichtveranlagungsbescheinigung kann der Abzug der Vorabpauschale vermieden werden.

Günstigerprüfung. Wer als Aktionär oder Dividendenfonds-Anleger Zweifel hat, ob für ihn die 25-prozentige Pauschalabgabe oder die Veranlagung nach dem persönlichen Grenzsteuersatz auf Basis des Gesamteinkommens vorteilhafter ist, kann im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung (Anlage KAP) die "Günstigerprüfung" beantragen. Das Finanzamt muss dann die für den Steuerpflichtigen vorteilhaftere Konstellation berücksichtigen. Die Frist für die Abgabe der Steuererklärung wurde vergangenes Jahr um zwei Monate verlängert: Wer sie selbst anfertigt, muss erst bis 31. Juli des Folgejahres abgeben. Wird ein Steuerberater eingeschaltet, ist nun für die Pflichtaufgabe sogar bis Ende Februar des übernächsten Jahres Zeit.