Es passiert immer wieder: Girocard- oder Kreditkartenbesitzer werden bestohlen oder ihrer Daten beraubt. Was Betroffene dann am besten tun und wann sie für den Schaden haften. Von Ulrich Lohrer

Langfinger sind schnell. Am 18. Juni 2017 um 15.30 Uhr wurde einer Seniorin die Handtasche gestohlen. Um 16 Uhr wählte sie die Nummer 116 116, um ihre Kreditkarte sperren zu lassen. Zu spät: Die Täter hatten fünf Minuten nach dem Diebstahl mit der Visa-Karte 1000 Euro vom Geldautomaten abgehoben.

Das Opfer tröstete sich. Schließlich war die Haftung auf 150 Euro begrenzt, wenn zwischen Diebstahl und Kartensperrung ein Schaden entsteht. Seit 2018 liegt die Grenze bei 50 Euro. Viele Anbieter von Kreditkarten verzichten sogar auf diesen Eigenanteil.

Umso überraschter war die Dame, als die Bank sie beschuldigte, sie müsse grob fahrlässig Kreditkarte und PIN-Nummer zusammen in ihrer Handtasche aufbewahrt haben, und sich deshalb weigerte, für den Schaden aufzukommen. Auch über die Ombudsstelle des Bankenverbandes hatte sie kein Glück. "Ich kann der Antragstellerin nicht helfen, weil kein Ersatzanspruch gegen die Bank besteht", wird der zuständige Ombudsmann im Tätigkeitsbericht 2018 zitiert.

"Es geht dabei immer um den sogenannten Anscheinsbeweis", erklärt Frank-Christian Pauli, Kreditexperte vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Laut Rechtsprechung müssen Bestohlene für den finanziellen Schaden selbst aufkommen, wenn sie "dem Anschein nach" dafür selbst verantwortlich sind. Als Anscheinsbeweis, dass die gestohlene Karte und die PIN-Nummer zusammen aufbewahrt wurden, gelten Abhebungen ohne eine größere Anzahl von Fehlversuchen.

Seit 2018 hat sich die rechtliche Stellung der Kunden verbessert, da das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 675w BGB) ergänzt wurde: "Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen."

Von der Haftung sieht die Rechtsprechung allerdings ab, wenn die Diebe an die PIN durch "Skimming" gelangt sind. Dazu installieren sie an einem Geldautomaten ein Kartenlesegerät oder eine Frontplatte. Mit einem Kartenleser werden die Magnetstreifendaten ausgelesen und gespeichert, ohne dass der Kunde einen Verdacht schöpft. Die Eingabe der PIN wird entweder mit einer versteckten Minikamera gefilmt oder einer manipulierten Tastatur per Tastendruck aufgezeichnet. Im Besitz der Daten können die Täter so Kartendubletten anfertigen und von einem Geldautomaten außerhalb des SEPA-Raums Geld abheben.

Vorsicht vor Datenklau im Netz

Eine zunehmende Bedeutung kommt dem Ausspähen von Kreditkartendaten bei Internetkäufen zu. Kriminelle versuchen über infizierte Anhänge in E-Mails Schadsoftware auf den Computern der Verbraucher zu installieren, die Eingaben protokollieren können. Eine andere Methode ist die Umleitung auf präparierte Internetseiten, wo die Nutzer zur Eingabe ihrer Daten aufgefordert werden.

Seit dem 14. September 2019 gelten mit der EU-Richtlinie PSD2 beim Onlineshopping aber ähnliche zusätzliche Sicherheits-Checks wie beim Onlinebanking. Für den Karteninhaber reichen zum sicheren Kauf nicht mehr die Daten der Kreditkarte aus. Nun wird eine gesonderte Transaktionsnummer (TAN) benötigt, die übers Mobiltelefon mit dem SMS-Verfahren, übers Smartphone mit einem App-Verfahren oder über ein von der Bank zugesandtes Bestsign-Gerät erzeugt wird. Kunden müssen sich vor dem Onlineshopping einmalig registrieren. Nach der Kaufentscheidung werden sie auf die Internetseite nach dem neuen (3-D-Secure-)Verfahren weitergeleitet, die Zahlung wird nach Eingabe der TAN freigegeben.

Sollte beim Onlineshopping die Kartenzahlung nicht über das 3-D-Secure-Verfahren abgesichert sein und es zum Missbrauch kommen, haftet aber nicht der Kunde, sondern der Händler. Der Kunde muss nicht nur den Verlust der Kreditkarte, sondern auch den Verlust des TAN-Generators (Handy, Bestsign-Gerät) melden und klären, ob eine Anzeige bei der Polizei notwendig ist. Das sichere System bedeutet mehr Aufwand, auch bei Verlust.

 


Was tun bei einem Kartendiebstahl?

Lassen Sie Ihre Karte im Inland sofort unter der Telefonnummer 116 116, im Ausland unter der Nummer 0049/116 116 sperren, wenn Sie einen Diebstahl bemerken. Wem seine American-Express-Kreditkarte gestohlen wurde, veranlasst dies unter 0049/699 79 72 00-0. Auch wenn die Karte vom Geldautomaten einbehalten wird, empfiehlt sich eine Sperrung. Der Grund: Das Gerät könnte von Straftätern manipuliert worden sein. Informieren Sie in diesem Fall auch den Geldautomatenaufsteller beziehungsweise Ihr kontoführendes Institut. Für die Kontosperrung darf die Bank keine Gebühr erheben. Damit Ihre Debitkarte auch für das elektronische SEPA-Lastschriftverfahren gesperrt werden kann, für das nur eine Unterschrift benötigt wird, müssen Sie den Verlust der Polizei melden. Nur diese kann eine sogenannte freiwillige KUNO-Sperrung bei den Handelsunternehmen veranlassen.

Die Polizei rät, beim Geldautomaten zu bleiben, auch wenn kein Geld ausgegeben wird. Lassen Sie sich nicht von vermeintlich hilfsbereiten Fremden weglocken. Es könnte sich um einen Fall von "Cash-Trapping" handeln. Da- bei wird der Geldausgabeschacht mit aufgeklebten Vorsatzgeräten so manipuliert, dass beim Abheben die Geldscheine im Schacht zurückgehalten werden.

Nach der Sperrung beantragen Sie bei Ihrer Bank eine neue Karte, die Sie laut Rechtsprechung (BGH vom 20. April 2015: Az. XI ZR 166/14) kostenfrei erhalten müssen. Bis zur Zusendung können die Kontoinhaber in der Regel auch mit Ihrem Personalausweis Geld bei Ihrer Bankfiliale am Schalter abheben.