Die Börsen sind mit Schwung ins neue Jahr gestartet, die Prognosen der Experten lassen neue Höchststände erwarten. Doch angesichts der offenbar außer Kontrolle geratenen Corona-Krise bleibt die Unsicherheit, dass die Kurse noch einmal ähnlich scharf einbrechen könnten wie im Februar und März 2020. Daher stellt BÖRSE ONLINE in dieser und den beiden nächsten Ausgaben drei bewährte wetterfeste Strategien vor.

Den Anfang macht die Elitestrategie der Universitätsstiftungen Harvard und Yale beziehungsweise das daraus abgeleitete Ivy-Portfolio des US-Vermögensverwalters Meb Faber. Er hat eine Methode entwickelt, um die Strategien der efeuumrankten Eliteunis (daher der Name, Ivy ist das englische Wort für Efeu) mit einfachen Mitteln nachzubilden.

Im Vordergrund steht die Vermeidung von Verlusten. Zuletzt hatten wir Fabers in seinem englischsprachigen Buch "The Ivy Portfolio" beschriebene Strategie in Ausgabe 42/2018 vorgestellt. Seither hat sie sich sehr gut entwickelt. Seine Methode basiert auf zwei einfachen Regeln, die immer zum Monatswechsel auf fünf ETFs angewendet werden, die jeweils eine Marktgruppe repräsentieren: US-Aktien, Aktien Rest der Welt ohne USA, Anleihen, Immobilien und Rohstoffe.

Faber verwendet dazu amerikanische Indexfonds, man kann seine Strategie aber mit ähnlichen, in Deutschland zugelassenen ETFs auch in Europa anwenden. In der Tabelle rechts oben auf Seite 51 finden Sie sechs ETFs, da Aktien aus dem Rest der Welt (ohne USA) am besten durch eine Mischung aus dem europäischen Stoxx-600-Index und dem MSCI Emerging Markets, einem anerkannten Börsenbarometer für Schwellenländer-Investments, abgebildet werden können. Hier kann entweder der eine oder der andere ETF gekauft werden. Möglich ist auch, beide im Verhältnis 50 : 50 zu mischen. Fabers Regeln lauten - kurz zusammengefasst - etwa so:

1. Man sollte niemals in eine Anlageklasse investiert sein, die sich in einem Abwärtstrend befindet. In seinem Buch verwendet Faber den Zehnmonatsdurchschnitt zur Definition von Auf- und Abwärtstrends. Anleger können sich aber auch an der auf jeder Börsenwebsite erhältlichen 200-Tage-Linie orientieren. Beide Linien liegen so eng beieinander, dass der Unterschied nicht relevant ist.

2. Das Prinzip der schnellsten Schiffe. Wenn mehrere der fünf beleuchteten Anlageklassen oberhalb der 200-Tage-Linien notieren, wird in die drei Marktgruppen investiert, die auf Sicht von zehn Monaten am stärksten gestiegen sind.

Zur Not einfach ganz raus

Der zentrale Punkt der ersten Handelsregel ist, Verluste nicht zu groß werden zu lassen. Diese Regel verhindert, dass man in Märkten investiert bleibt, die ins Bodenlose fallen. Der Vorteil von Privatanlegern beim Umsetzen der Ivy-Strategie ist es, auch einmal ganz aus dem Markt aussteigen zu können, wenn alle Anlageklassen unter die 200-Tage-Linie gefallen sind, was Institutionellen oft verboten ist. Zudem ist gemäß Regel 2 ein Markt niemals zu 100 Prozent im Portfolio, sondern - zumindest anfangs - nur zu einem Drittel, was eine einfache Methode ist, um Klumpenrisiken einzuschränken. Im Fachjargon spricht man bei der ersten Regel von "Risikomanagement", bei der zweiten von "Money-Management".

Wendet man diese beiden Regeln Monat für Monat auf ein Universum aus den fünf bis sechs ETFs aus der Tabelle an, erhält man im Backtest eine jährliche durchschnittliche Rendite von etwa zehn Prozent bei nur geringen Rückgängen.

Das Ivy-Portfolio gilt als besonders krisensicher, was sich im Corona-Crash des vergangenen Jahres einmal mehr bestätigt hat. Ende Januar 2020, als kaum jemand mit merklichen Auswirkungen des Coronavirus auf die Finanzmärkte rechnete, war das Ivy-Portfolio zu 100 Prozent investiert, und zwar zu je einem Drittel in US-Aktien, Immobilien und Anleihen.

Mit Cash durch den Crash

Kurz darauf, im Februar, begannen die Aktienmärkte deutlich nachzugeben. Der US-Leitindex S & P 500 fiel im Lauf des Februar deutlich unter den Zehn-Monats-Durchschnitt und generierte damit ein Verkaufssignal. Das Gleiche geschah bei Immobilien - auch hier schaltete die Ampel auf Rot. Da Aktien im Universum "Rest der Welt" und Rohstoffe Ende Februar ebenfalls unter ihrem Zehn-Monats-Durchschnitt notierten, durfte auch in diese nicht investiert werden.

Demzufolge war das Portfolio ab dem 1. März nur noch zu einem Drittel gefüllt: mit Anleihen, denn nur sie befanden sich noch im Aufwärtstrend. Der Rest des Geldes, also 66,67 Prozent des Kapitals, blieb in dieser Phase "in Cash", wie die Profis sagen. Für Privatanleger heißt das: Es liegt unangetastet auf einem Tagesgeldkonto. Wegen möglicher Ausfallrisiken von Banken (Beispiel Zypern!) empfiehlt es sich, hierfür ein deutsches Institut mit erhöhter Einlagensicherung zu wählen.

Ende Mai sprang der US-Aktienmarkt bereits wieder über den Zehn-Monats-Durchschnitt und generierte am 1. Juni ein Kaufsignal. Zwei Monate später folgte das Universum "Aktien Rest der Welt". Die fast das ganze Jahr 2020 über starken Anleihen wurden mittlerweile von den Rohstoffen abgelöst, sodass sich zum 31. Dezember 2020 ein Depot aus den vier grün gekennzeichneten ETFs in der nebenstehenden Tabelle ergibt. Mit diesem Timing ist es Meb Faber gelungen, im Krisenjahr 2020 eine Rendite von 11,6 Prozent einzufahren, was anderen Vermögensverwaltern auch gelungen ist. Doch dass er es bei einem maximalen Rückgang von sieben Prozent auf Monatsbasis geschafft hat, sucht seinesgleichen.