Beim Ausfüllen der aktuellen Steuererklärung bin ich über die neue Anlage KAP-Inv gestolpert. Das Formular betrifft grundsätzlich alle Investmentfonds, auf deren Erträge im Jahr 2018 keine Abgeltungsteuer einbehalten wurde. Ich habe auch sogenannte Altfonds aus der Zeit vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 im Depot. Außerdem habe ich ETFs und andere Wertpapiere vor Ende 2017 gekauft - und entsprechend die geforderten "fiktiven Einstandskurse" zum 01.01.2018 von meiner Depotbank erhalten.

Nimmt man die Zeile 24 der Anlage KAP-Inv aber wörtlich, müsste ich alle meine Wertpapiere mit deren Einstandskurs in einer Excel-Tabelle auflisten und gegenüber dem Kurs vom 31.12.2017 vergleichen, im nächsten Schritt die Gewinne aufsummieren und in dieses Feld schreiben. Nur, damit das Finanzamt weiß, wie hoch mein verbleibender Steuerfreibetrag für realisierte Verkaufsgewinne aus Altfonds (ursprünglich 100.000 Euro) ist? Das erscheint mir reichlich suspekt. Ist das vom Gesetzgeber tatsächlich so gemeint?

€uro am sonntag

Seit 2018 gelten neue Regeln für die Besteuerung von Investmentfonds. Um die Kundendepots auf die neue Besteuerung umzustellen, wurden sämtliche Fondsanteile zum 31.12.2017 von der Finanzverwaltung als fiktiv veräußert und zum Jahresbeginn 2018 als neu angeschafft eingestuft. Der unterstellte Verkaufspreis am Jahresende 2017 wird dabei gleichzeitig als Anschaffungspreis ab 2018 behandelt.

Mit diesem Trick kann die Bank künftig technisch genau ermitteln, wie viel Kursgewinne bei Altfonds bis Ende 2017 und dann ab 2018 aufgelaufen sind. Ein eventuell fälliger Steuerabzug auf diese Kursgewinne fällt aber erst an, wenn die Fondsanteile tatsächlich verkauft werden. Diese Systematik gilt auch für im Fondsvermögen aufgelaufene Zwischengewinne, die am Stichtag 31.12.2017 noch nicht realisiert waren. Die meisten dieser Erträge wandelten sich beim Systemwechsel in ausschüttungsgleiche Erträge um und wurden von den Fondsgesellschaften und Depotverwaltern deshalb bereits 2017 als steuerpflichtiger Ertrag ausgewiesen - und bei richtiger Vorgehensweise auch schon vom Anleger in der Steuerklärung 2017 abgerechnet. Zeile 24 der Anlage KAP-Inv kann deshalb von den meisten Fondssparern getrost ignoriert werden: Die noch unversteuerten Zwischengewinne zum Stichtag 31.12.2017 werden im Regelfall "null Euro" betragen.

Wegen einer gesetzlichen Sonderregelung kann es aber in Einzelfällen einen "Restposten Zwischengewinne" geben, der bisher noch nicht versteuert wurde. Erst zum Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs der Fondsanteile - egal, ob es sich um bestandsgeschützte handelt oder nicht - muss dieser als laufender Kapitalertrag versteuert werden. Im Gegenzug sind diese Erträge bei der Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns zum 31.12.2017 abzuziehen, um eine doppelte Versteuerung der Zwischengewinne zu vermeiden.

Hat man derartige Altanteile im Jahr 2018 verkauft, muss man also prüfen, ob beim Verkauf nicht auch bisher unversteuerte Zwischengewinne realisiert wurden. Waren die Fondsanteile bei einer inländischen Bank verwahrt, kann dafür der Eintragungswert aus der Steuerbescheinigung des Jahres 2018 übernommen werden.