Der Bitcoin schwankt zwar kurzfristig schon recht heftig – auch weil die Aktienmärkte extrem volatil sind. Auf längere Sicht wird er sich aber als Inflationsschutz erweisen. Von Gerd Weger 

Vor zwei Wochen hat Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis in einem Interview in der „Welt am Sonntag“ geäußert, dass wegen der hohen Inflation künftig bis zu 60 Prozent der deutschen Haushalte ihre gesamten Einkünfte oder sogar mehr für die reine Lebenshaltung einsetzen müssen. Damit könnte der überwiegende Teil der Bevölkerung kein Geld mehr zurücklegen und verliert seine Sparfähigkeit. Vor einem Jahr waren laut einem Sparkassen-Indikator nur 15 Prozent der Bevölkerung dazu nicht in der Lage.

Die Entwicklung in anderen Ländern sieht im besten Fall gleich schlimm aus. Dies hat auch Auswirkungen auf die Struk- tur der Vermögensanlagen. Vermeintlich unprofitable Anlagen ohne laufende Erträge wie Tech-Aktien ohne Dividenden, Gold oder auch Bitcoin werden verstärkt abgestoßen oder links liegen gelassen zugunsten von Anleihen und Aktien mit laufenden Erträgen. Bei genauerer Betrachtung entpuppen sich diese scheinbar profitablen Anlagen aber aufgrund der hohen Inflation wegen der weiterhin hohen negativen Realverzinsung als unprofitabel. Auf längere Sicht wird deshalb der Bitcoin in seiner Wertstabilität wegen der absoluten Nicht-Inflationierbarkeit von den Investoren wieder verstärkt wahrgenommen werden. 

Dann könnte der Bitcoin kräftig steigen

Im Fall eines möglichen Finanz-Crashes, dessen Wahrscheinlichkeit fast täglich steigt, würde auch der Bitcoin-Preis kurzfristig stark negativ betroffen sein. Wer in diesem Fall den Mut hat, trotzdem einzusteigen, dürfte in zwei Jahren mit der größten Rendite aller Finanzanlagen belohnt werden.

Beim Bitcoin wird es keine Gewinnwarnungen geben, und er kann auch nicht pleitegehen. Renommierte Unternehmen dagegen schon, wie sich gerade wieder bei Spekulationen um eine mögliche Pleite von Credit Suisse zeigt. Die Nachfrage ist das einzig wirklich wertbestimmende Element von Bitcoin. Das Angebot ist fest begrenzt und nicht veränderbar. Die Nachfrage wird zunächst nachlassen, wenn sich der oben beschriebene Entspareffekt fortsetzt. Das Comeback danach würde aber umso heftiger sein. Denn das Geldentwertungsproblem ist weltweit verbreitet. In der Türkei lag die offizielle Teuerung im September über 83 Prozent. Experten sehen die tatsächliche Inflation aber bereits bei über 180 Prozent.

Bitcoin kann Inflation besiegen

Der Bitcoin ist das einfachste Medium, um diesem Teufelskreis zu entkommen. Das Besondere dabei ist, dass er praktisch von allen Ländern viel problemloser und kostengünstiger zugänglich ist als eine Flucht in Gold oder in den US-Dollar, zu­ mal dieser ja ebenfalls inflationiert wird. Kapitalverkehrskontrollen, wie sie vom Währungsverfall bedrängte Staaten gern einführen, hindern die Bürger, ihr Geld etwa durch Dollarinvestitionen zu schützen. Außerdem sind die Spreads solcher Währungen in stabilere Währungen oft extrem hoch. Bitcoin ist dagegen welt­weit vergleichbar, einfach zu erwerben und kann im Gegensatz zu physischen Vermögenswerten wie Gold problemlos über Ländergrenzen mitgenommen wer­ den. Für Flüchtlinge — wie gerade in der Ukraine — ist der Vermögenstransfer nicht nur ein hypothetisches Problem. Bitcoin ist keinesfalls ein Allheilmittel gegen alle Übel dieser Welt. Ein Heilmittel gegen das Inflations­-Übel ist er schon.

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 40/2022. Hier erhalten Sie einen Blick ins Heft.

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Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin