Schwere Erschütterungen im Bankensektor: Credit Suisse und die Herausforderungen nach dem Silvergate, Silicon Valley Bank und Signature Bank Crash.

Ein Gastbeitrag von Professor Dr. Philipp Sandner und Rechtsanwalt Dr. Dr. Johannes Blassl

Bankenkrisen bei Silvergate, SVB,Signature Bank und der Credit Suisse

Der Bankensektor kommt nicht zur Ruhe. Die Ereignisse überschlugen sich in den letzten Tagen. Die Credit Suisse ist Geschichte. Die UBS übernimmt das 1856 gegründete Institut für drei Milliarden Franken. Für die Schweiz ein großer Einschnitt.

Ein historischer Schritt mit viel staatlicher Einmischung ebnete am Wochenende zum einen den Weg zur Vermeidung noch größerer Verwerfung am Schweizer sowie dem globalen Finanzmärkten. Nun formt sich eine Schweizer Megabank, bei der nur gehofft werden kann, dass sie nie in ähnliche Schwierigkeiten wie die Credit Suisse gerät. Solche Schwierigkeiten wären kaum beherrschbar. Auch nicht von Seiten des Staates und der Nationalbank, die am Wochenende mit drastischen Maßnahmen eingegriffen und so die Übernahme durch die UBS erst ermöglicht hat. Ohne die staatlichen Zusicherungen und Liquiditätszusagen wäre dieser Deal kaum zustande gekommen.

Durch die Finanzkrise 2008 war die Credit Suisse noch recht unbeschadet gekommen, nun hatte sie sich derart ins Abseits manövriert, dass auch erste Zusagen der Schweizer Nationalbank über 50 Milliarden Franken nicht ausreichten um die Märkte zu beruhigen und Vertrauen wieder her zu stellen. Am Sonntagabend gab SNB-Präsident Thomas Jordan dann in einer Pressekonferenz bekannt, dass es notwendig war, in dieser außergewöhnlichen und dringenden Situation zu handeln und eine Lösung zu finden. Ein Zusammenbruch der Credit Suisse hätte sowohl schwerwiegende Auswirkungen auf die nationale und internationale Finanzstabilität als auch auf die Schweizer Wirtschaft gehabt.

Die Credit Suisse hat in ihrem Portfolio Wertpapiere mit Risiken, für die der Bund mit neun Milliarden Franken haftet. Zusätzlich stellt die Nationalbank den beiden Banken Liquiditätshilfen in Höhe von insgesamt 200 Milliarden Franken zur Verfügung. Auch das Recht wird angepasst: Für die Übernahme bedarf es keiner Genehmigung der Aktionäre.

Die Angst vor einer neuen Finanzmärktekrise ist groß. Anleger sind weltweit verunsichert und nur durch die öffentliche Rückversicherung seitens der Politik und Zentralbanken zu beruhigen. Doch ob und inwieweit das ausreichen wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. Die Sorge vor einer Kettenreaktion ist weiterhin groß.

Durch die aktuelle Zinspolitik könnten auch weitere Banken in Schwierigkeiten geraten und durch die große Vernetzung innerhalb des Bankensektors ist die Gefahr groß, dass die Pleite von einer Bank andere Banken in Schwierigkeiten bringt. Dass die Europäische Zentralbank (EZB) nun angekündigt hat, um der weiterhin hohen Inflation im Euro-Währungsraum entgegenzuwirken, zum sechsten Mal in Folge den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent zu erhöhen könnte diese Entwicklung noch fördern. Mit Spannung wird zudem die Sitzung der FED in den USA erwartet. Den gebeutelten Aktienkursen der Banken wäre es zu wünschen, dass es gelingt, mit bedachten Aussagen, möglicherweise auch Zusagen, den Anlegern und somit den Märkten Vertrauen zurück zu geben. Die Auswirkungen von Zinsschritten seitens der FED sind global noch größer als die der EZB.

Der Zusammenbruch amerikanischer Banken

Der Zusammenbruch der auf den Krypto-Sektor spezialisierten Krypto-Bank Silvergate Capital und der Silicon Valley Bank (SVB), bis vor kurzem quasi noch die Hausbank des Innovationszentrums Silicon Valley, sowie die Schließung der Signature Bank haben die Finanzmärkte stark erschüttert. Nach der Insolvenz der damals drittgrößten Krypto-Börse der Welt FTX Mitte November 2022 ist dies nun die vierte große Insolvenz von Unternehmen mit starkem Bezug zur Krypto-Welt innerhalb weniger Monate. Dass diese Krise nun auch nach Europa schwappt und noch dazu mit der Credit Suisse eine Bank von ganz anderer Dimension (zum Vergleich: die Silicon Valley Bank stand auf der Liste der größten US-Banken nach Vermögenswerten auf Platz 16, während die Credit Suisse zu den global systemrelevanten Banken zählt) vollends in die Knie zwingt, ist durchaus besorgniserregend.

Die Pleite der SVB ist der größte Banken-Kollaps seit der Lehman Brothers Pleite 2008. Lehman Brothers musste nach einer über 150-jährigen Unternehmensgeschichte am 15. September 2008 infolge der Finanzkrise Insolvenz beantragen. Lehman Brothers war damals neben Goldman Sachs, Morgan Stanley und Merrill Lynch die viertgrößte Investmentbank der Welt.

Die 1983 gegründete Silicon Valley Bank hatte Ende 2022 Vermögenswerte von 209 Milliarden Dollar in der Bilanz und war ein wichtiger Kreditgeber für Tech-Startups. Die Bank wurde nun vom kalifornischen Ministerium für Finanzschutz und Innovation geschlossen, welches die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) als Insolvenzverwalter ernannt hat. Zum Zeitpunkt der Schließung übertrug die FDIC als Konkursverwalter sofort alle versicherten Einlagen der Silicon Valley Bank an die DINB. Die FDCI sichert Kundengelder bis zu einem Betrag von USD 250.000 ab. Zusätzlich wurde von der US-Finanzministerin, dem Chef der US-Notenbank und der FDIC gemeinsam verkündet, dass darüber hinaus alle Einlagen bei der SVB geschützt sind. Letzten Freitag wurde die Bank also von der US-Einlagensicherung FDIC übernommen, nachdem die Aktien der auf Start-up-Finanzierung spezialisierten SVB am vorherigen Tag an der Wall Street einen historischen Tagesverlust von über 60 Prozent erlitten hatten, was einen Börsenwert Verlust von etwa 80 Milliarden Dollar zur Folge hatte. Um ihre Bilanzen zu stärken, hatte die SVB-Gruppe, zu der auch die Silicon Valley Bank gehört, eine Aktienplatzierung in Höhe von 1,75 Milliarden Dollar angekündigt.

Die SVB war aber nicht nur ein großer Darlehensgeber für Tech-Startups, sondern verwahrte auch deren Einlangen. Mit dem Ziel, ein festes Zinseinkommen zu erzielen, erwarb die Bank mit Teilen dieses Geldes US-Anleihen. Während der Pandemie, als die Technologiebranche ihren Höhepunkt erreichte, investierte die Bank etwa 91 Milliarden US-Dollar in US-Staatsanleihen und besicherte Hypothekenpapiere, die im Allgemeinen als die sichersten Wertpapiere der Welt gelten.

Das war, wie sich jetzt herausstellt, nicht ganz ohne Risiko, da die Wertpapiere durch den jüngsten Zinsanstieg an Wert einbüßten. Infolge der Corona-Pandemie und Ausbruchs des Ukraniekrieges erhöhte sich die Inflationsrate weltweit und die Zentralbanken erhöhten den Leitzins. Das bedeutete für Institute wie die SVB erhöhten Stress. Zum einen kommen Startups bei steigenden Zinsen schwerer an Geld und greifen somit häufiger auf ihre Bankeinlagen zurück, zum anderen müssen Anleihen vor Laufzeitende zu schlechteren Kursen verkauft werden. Die SVB verbuchte nach Meldung am Mittwoch, dem 8. März 2023 Verluste aus den Anleiheverkäufen in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar. Kunden hatten an einem Tag rund 42 Milliarden Dollar abgezogen.

Die amerikanische Krypto-Bank Silvergate stellte am 1. März 2023 ihren Betrieb ein. Die Silvergate Bank hatte sich vornehmlich auf das Krypto-Segment spezialisiert. Im Zuge mehrerer Skandale im Krypto-Bereich, vor allem der FTX-Pleite, zogen Silvergate-Kunden ebenfalls im großen Stil ihre Einlagen ab. Dies führte dazu, dass auch die Silvergate Bank Anleihen verkaufen musste und einen milliardenschweren Kredit bei einer Bausparkasse aufnahm. Kunden hatten 68 % ihrer Einlagen abgezogen. Die Probleme der Silvergate Bank sind genauso, wenn nicht sogar mehr, auf traditionelle Bankrisiken zurückzuführen, wie beispielsweise mangelnde Diversifikation und zu lange Laufzeiten.

Die Bank konnte ihre Vermögenswerte nicht bis zur Fälligkeit halten, da sie plötzlich einen enormen Bargeldbedarf hatte, um diese Anleger auszahlen zu können. Deshalb musste sie die Vermögenswerte verkaufen, was zum einen zu Verlusten und zum anderen dazu führte, dass die Bank nur noch schwach kapitalisiert war. Daraufhin verließen noch mehr Anleger die Bank, weshalb weitere Vermögenswerte verkauft werden mussten was letztendlich das Ende von Silvergate bedeutete.

Das schnelle Abziehen der Einlagen sowie der dadurch notwendige verlustreiche Verkaufen von Anleihen vor Laufzeitende in einer Phase der stetig steigenden Leitzinsen traf die Banken hart.

Die Signature Bank war ein wichtiger Infrastrukturanbieter mit ihrem Zahlungsnetzwerk Signet, das es gewerblichen Kryptowährungskunden ermöglicht, rund um die Uhr Echtzeit Zahlungen vorzunehmen.

Folgen der Pleiten für die Krypto- und Start-Up Branche

Die Auswirkungen der großen Insolvenzen im Krypto-Bereich, sowie der Schließung der Signature Bank haben deutliche Auswirkungen auf den weltweiten Kryptomarkt und darüber hinaus. Der Bitcoin-Kurs gab kurzfristig um über 10% nach, hat sich mittlerweile aber wieder erholt. Viel schlimmer wiegt jedoch der voranschreitende Vertrauensverlust am Krypto-Markt. Durch den Ausfall von mehreren großen Unternehmen aus dem Krypto-Umfeld verstärkt sich die Kritik am Krypto-Bereich. Ebenso besteht die Gefahr, dass das Signet-System nun ausfallen könnte, was ein weiterer Schlag für die Krypto-Börsen wäre. Dies hätte drastische Auswirkungen auf die Liquidität des Krypto-Marktes. Nun sind die drei Pleiten jedoch nicht ohne Weiteres miteinander zu vergleichen und haben unterschiedliche Gründe.

Das Geschäftsmodell der SVB setzte hauptsächlich auf Start-Up-Finanzierungen. Ein solches, wenig diversifiziertes Geschäftsmodell weist wenig Ähnlichkeiten zu den Geschäftsmodellen anderer Banken auf, sodass die Ansteckungsgefahren eher gering sind.

Die Silvergate Bank, ebenso wie die Signature Bank, stellten das SEN-Netzwerk und das Signet-Netzwerk für Echtzeit-Zahlungen zur Verfügung. Sie hatten eine Vermittlerrolle zwischen Anlegern und Börsen inne, die insofern nicht vergleichbar ist mit dem Geschäft anderer Banken, als dass es sich hierbei um eine Vermittlerrolle in einem “anderen” Markt handelt.

Obwohl die SVB, Silvergate Bank und Signature Bank vollständig regulierte Banken in den USA waren, wird der Ruf nach einer stärkeren Regulierung des Krypto-Marktes lauter.

Bereits im Januar hat die Federal Reserve, weiterhin eine wichtige Bankenregulierungsbehörde in den USA, gemeinsam mit zwei weiteren Behörden eine Warnung an Finanzinstitute herausgegeben. Banken, die mit Kryptofirmen zusammenarbeiten, müssten sich bewusst sein, dass sie hohen Risiken ausgesetzt sind.

Auswirkungen auf die deutsche Start-Up Szene

Die Insolvenz der SVB könnte sich auch auf die deutsche Start-up-Szene auswirken und die ohnehin schon schlechte Stimmung weiter trüben. Die Silicon Valley Bank ist schon seit Jahren nicht mehr nur in den USA tätig, sondern unter anderem auch in Großbritannien und Deutschland. Sie besitzt die Erlaubnis zum Erbringen des Kreditgeschäfts in Deutschland. Einlagen der vermutlich rund 360 deutschen Startup-Kunden der SVB liegen zum Teil in den USA oder der britischen SVB-Tochter, welche ebenfalls am Freitag den Betrieb einstellte.

Durch den Ausfall einer Bank, die auf Startup-Finanzierungen spezialisiert war, ändert sich für deutsche Startups zunächst nicht viel. Zu allem “Glück im Unglück” scheint es, dass recht wenige junge Unternehmen ihr Geld bei der SVB deponiert haben. In Deutschland nutzten 2022 lediglich 2,2 % der Startups “Venture Debt”, also Wagnis-Fremdkapital und 13,1 % klassische Bankdarlehen. Die Finanzierung deutscher Startups lief 2022 zu 74,9 % aus eigenen Ersparnissen. Jedoch werden sich vermutlich die ohnehin schon schwierigen Finanzierungsbedingungen weiter erschweren. Als logische Konsequenz müssen Startups noch mehr als zuvor alles daran setzen, früher in neue Gespräche über Finanzierungsrunden zu gehen und gleichzeitig möglichst schnell profitabel zu werden.

Hohe Risiken durch Krypto-Geschäftsmodelle?

Sowohl die Ausfallgründe von FTX, Silvergate, SVB und Signature, als auch die Folgen der Ausfälle sind sehr unterschiedlich. Die alleinige Ursache für den Crash dieser Unternehmen bei ihrem Engagement im Krypto-Sektor zu suchen, würde zu kurz greifen. Es scheint eher, dass verschiedene unglückliche Umstände zusammen kamen. Die allgemeine Meinung, dass mehr Regulierung notwendig ist, ist nur teilweise korrekt, da Silvergate, SVB und Signature Bank alle vollständig regulierte Banken in den USA waren. Alleine eine Verschärfung der Regulierung wird solche Ausfälle nicht vermeiden können. Es ist viel wichtiger, ein klares Verständnis für die Geschäftsmodelle der Unternehmen und die damit verbundenen Risiken sowie die wirtschaftliche Situation der jeweiligen Volkswirtschaften zu haben. Obwohl die Risiken bei Geschäftsmodellen mit Krypto-Bezug höher sein können, ist es fraglich, ob sie grundsätzlich höher sind als in anderen Geschäftsbereichen oder in anderen Unternehmen.

Über die Autoren

Philipp Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management. Er gehört dem Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums an und ist für das Blockchain Observatory der Europäischen Union tätig. Zudem war er Mitgründer des Blockchain Bundesverband der International Token Standardization Association (ITSA), der Digital Euro Association (DEA) und der Multichain Asset Managers Association.

Johannes Blassl ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in einer großen Wirtschaftskanzlei in Frankfurt am Main. Dort berät er Banken und Unternehmen in rechtlichen Fragestellungen rund um den Einsatz der Blockchain-Technologie im Finanzmarkt. Daneben ist er Lehrbeauftragter an der EBS Law School in Wiesbaden und an der Frankfurt School für Finance & Management jeweils für Krypto-Assets.