Der Gesundheitssektor steht auch 2021 ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Die Milliardeneinnahmen aus Impfstoffen gegen Covid-19 tragen einen wesentlichen Anteil dazu bei, dass die im MSCI World Healthcare enthaltenen Unternehmen in diesem Jahr Schätzungen zufolge ein Umsatzwachstum von 14,2 Prozent liefern werden. Im nächsten Jahr wird sich das Wachstum wieder im Rahmen des für den Zeitraum 2019 bis 2023 erwarteten Durchschnittswerts von 7,7 Prozent einpendeln. Für Investoren bietet die Gesundheitsbranche im Vergleich zum Gesamtmarkt weiterhin attraktive Bewertungsniveaus. Investoren sollten die Titelauswahl mit einer globalen Perspektive angehen und vor allem die Entwicklungen der Gesundheitspolitik u.a. in den USA im Auge behalten.

Die USA stehen nach dem Regierungswechsel vor der Aufgabe, das Wirtschaftswachstum in der Zeit nach der Corona-Pandemie hoch zu halten und zugleich die kontinuierlich steigenden Ausgaben im Gesundheitssystem nicht ausufern zu lassen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass der Anteil der Gesundheitsausgaben im US-Haushalt im nächsten Jahr 18 Prozent überschreiten wird. Im Zentrum der Diskussion steht vor allem die öffentliche Krankenversicherung Medicare, die im Jahr 2020 aus dem Haushalt der Bundesregierung in Washington 776 Milliarden Dollar erhielt. Sollten die zukünftigen Pläne der Biden-Regierung umgesetzt werden, fallen hier in Zukunft Billionenbeträge an.

Das von der US-Regierung eingebrachte Infrastrukturgesetz 2 sieht für Medicare vor, die kassenärztlichen Erstattungen auf Zahn-, Augen- und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte sowie auf häusliche medizinische Leistungen zu erweitern. Zugleich sieht der im März 2021 zur Behebung der durch die Corona-Pandemie entstandenen wirtschaftlichen Schäden verabschiedete American Rescue Plan in Höhe von 1,9 Billionen Dollar vor, 165 Milliarden Dollar der Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen.

Dagegen wird die mangelnde Effizienz der Gesundheitsversorgung zurzeit weniger diskutiert. Ein Blick auf die Verteilung der Ausgaben zeigt, dass die Behandlungskosten innerhalb und außerhalb der Klinik mit 62 Prozent der mit Abstand größte Kostenblock sind. Die vor allem während der Wahlkämpfe diskutierten Medikamentenpreise stellen dagegen nur 13 Prozent der Gesundheitsausgaben. Schwächt sich die wirtschaftliche Erholung in den USA ab - und die jüngsten Zahlen für 2021 deuten darauf hin -, wird die Diskussion um die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems einschließlich einer Debatte um die Deckelung von Medikamentenpreisen wieder an Schärfe gewinnen.

USA: Hohes Innovationsniveau, steigende Kosten

Ein grundsätzliches Problem liegt darin, dass für ärztliche Leistungen in den einzelnen Bundesstaaten völlig unterschiedliche Beträge abgerechnet werden. Die Entwicklung in Maryland ist ein positives Beispiel, wie sich Gesundheitskosten auf der Ebene der US-Bundesstaaten eindämmen lassen. 2019 wurden durch Kostendeckelungen 365 Millionen und über einen Zeitraum von vier Jahren mehr als eine Milliarde Dollar eingespart. Die Corona-Pandemie hat dagegen zu einem deutlichen Anstieg der Gesundheitsausgaben geführt. So hob der US-Bundesstaat die selbst gesteckte Grenze für jährliche Kostensteigerungen bis 2022 von 3,6 auf fünf Prozent an, nachdem diese Schwelle bereits 2018 überschritten worden war. Im Zeitraum 2012 bis 2019 lagen die jährlichen Kostensteigerungen bei durchschnittlich 3,6 Prozent. Eine vierköpfige Familie gab entsprechend monatlich 2242 Dollar für Gesundheitskosten aus.

Katalysator Corona-Pandemie

Zugleich erweist sich die Corona-Pandemie als Katalysator für Innovationen bei Impfstoffen und Medikamenten. Das Projekt Warp Speed für die Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 hat gezeigt, wie sich regulatorische Prozesse für die Entwicklung von verschreibungspflichtigen Medikamenten beschleunigen lassen. Die Zulassung von Covid-19-Impfstoffen auf der Basis der neuartigen mRNA-Technologie in weniger als zwölf Monaten nach dem Start der klinischen Studien zählt sicherlich zu den Sternstunden in der Medizin. Zugleich sind die US-Konzerne Merck, Pfizer und Regeneron Vorreiter bei den neu zugelassenen Arzneien zur Behandlung von Covid-19.

Die Alzheimer-Forschung hat mit der Zulassung von Adecanumab/Aduhelm von Biogen kräftige Impulse erhalten. Wissenschaft und Finanzwelt werden in den nächsten Jahren wieder verstärkt den Ausgang der klinischen Wirksamkeitsstudien beobachten, welche bei den Amyloid-Beta-Plaques wie auch den Tau-Fibrillen als Krankheitsauslöser in den Nervenzellen ansetzen. Wie stark das Interesse der Investoren gestiegen ist, verdeutlichen die 2020 erzielten Transaktionen: 115 Milliarden Dollar und damit der höchste Betrag seit 2015 wurden über Börsengänge, Secondary Listings und Follow-up-Finanzierungsrunden erzielt.

Cyrill Zimmermann
Head of Healthcare Funds, Bellevue Asset Management

Zimmerman hält einen Doktortitel für Wirtschaftswissenschaften der Universität Zürich. 2001 gründete er Adamant Biomedical Investments und leitete die Investmentboutique bis zu ihrer Übernahme durch Bellevue im Jahr 2014.

Bellevue mit Sitz in der Schweiz und 1993 gegründet, ist ein reiner, spezialisierter Asset Manager mit besonderem Fokus auf den Gesundheitssektor und weitere vielversprechende Wachstumsstrategien.