Noch im September sollen entscheidende Daten zum neuen Alzheimer-Produktkandidaten Lecanemab veröffentlicht werden. Für den Hersteller Biogen geht es dabei um alles oder nichts. Von Julia Groß

Es ist Biogens letzte Chance: Wenn die Daten der großen Phase-3-Studie eine deutliche Verlangsamung des Krankheitsfortschritts bei Alzheimer-Patienten zeigen, könnte der Kurs laut Analysten von aktuell rund 200 bis auf 300 oder sogar 350 Euro hochschießen. Fallen die Studienergebnisse unklar oder sogar negativ aus, sind heftige Kursverluste vorprogrammiert: Morgan-Stanley-Analyst Matthew Harrison rechnet dann mit einem Rückgang auf 160 bis 180 Euro. Zudem dürfte der amerikanische Biotech-Konzern dann gezwungen sein, Teile des Unternehmens zu verkaufen oder selbst eine große Übernahme einzufädeln. 

Während Biogen bereits eine Verlangsamung des kognitiven Verfalls um 25 Prozent als Erfolg ansieht, wollen Investoren eher 35 Prozent und mehr Abstand zur Placebo-Gruppe sehen. Gemessen wird das anhand eines Tests, der das Denk- und Erinnerungsvermögen der Patienten sowie ihre Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen einstuft. 

Biogen hatte in den vergangenen Jahren mit dem Alzheimer-Medikament Aduhelm für Furore und einen Achterbahnkurs an der Börse gesorgt. Aduhelm war von der US-Zulassungsbehörde FDA zugelassen worden, obwohl nie schlüssige Belege für die Wirksamkeit vorgelegt werden konnten. Biogen wurden Milliarden-Umsätze prognostiziert. Als große Versicherungsträger die Kostenübernahme aufgrund der mangelnden Evidenz verweigerten, zerschlugen sich diese Hoffnungen. Biogen musste seitdem Mitarbeiter entlassen und ein striktes Sparprogramm auflegen, der CEO Michel Vounatsos soll abgelöst werden. 

Biogen will Zulassung erreichen

Das Biotech-Unternehmen versuchte zuletzt, Investoren vom Wert seiner restlichen Pipeline zu überzeugen. Etwa mit Daten zu Tofersen, einem potenziellen Medikament gegen die unheilbare Nervenerkrankung ALS, das Biogen zusammen mit Ionis Pharmaceuticals entwickelt - ein weiteres hochriskantes Projekt. Biogen will Ende Januar die FDA-Zulassung erreichen, obwohl auch hier kein signifikanter positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf belegt werden konnte.